Grundsteuer-Debatte könnte neu entfachen Warum entscheidet Castrop-Rauxel anders als viele andere?

Grundsteuer: FWI fragt, warum Castrop-Rauxel anders als andere entscheidet
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Der Hebesatz der Grundsteuer B für Castrop-Rauxel wird sich im Jahr 2025 nicht verändern. Das ist der Beschluss aus dem Haupt- und Finanzausschuss von voriger Woche, der am 12.12.204 ziemlich sicher genauso durch den Stadtrat bestätigt wird. Sicher?

Wenn es nach der Freien Wählerinitiative mit ihren zwei Ratsmandaten geht, dann dreht sich an den Abstimmungsverhältnissen noch etwas. Die FWI-Vertreterin im HFA war die einzige, die dagegen stimmte. Mit neuen Erkenntnissen aus Dortmund, Recklinghausen und anderen Städten erklärt die kleine Fraktion nun, warum.

„Wir sind für differenzierte Hebesätze“, sagen FWI-Mitglied Wolfgang Limberg und die Vorsitzende Angelika Postel beim Gesprächstermin in unserer Redaktion, wo Limberg auch Interviewgast im PottCAS-Spezial vom 5.12.2024 war. Schon sei nach dem Urteil des Bundesverfassungsgericht klar geworden, dass man „erhebliche Verwerfungen bei den Grundsteuer-Messbeträgen“ erhalten werde, so Limberg.

Er, der in Ickern-End wohnt, habe sich nach der Neubemessung von Januar 2022 15 Messebetrags-Briefe des Finanzamtes aus seinem Bekanntenkreis geben lassen. Ergebnis: „Bei den 15 gab es im Durchschnitt eine Steigerung um 40 Prozent im Vergleich zu den Werten von 1964.“ Die beiden höchsten Abweichungen seien aber 400 Prozent und 330 Prozent gewesen.

Sein Haus: 338 Prozent teurer

Beispiel sein Haus in Ickern-End, eine Doppelhaus-Hälfte aus den 60er-Jahren. Klassisch. Er kaufte sie vor zehn Jahren, als sie schon erheblich erweitert und angebaut worden war. Der Grundsteuermessbetrag von alt 17,5 stieg auf jetzt 70. Limberg rechnete eine Steigerung um 338 Prozent aus. „Wir haben also statt bisher 144,50 Euro für die Grundsteuer B nun mit 577,50 Euro zu rechnen“, so der FWI-Mann.

Das sei für ihn, der früher das Jobcenter in Castrop-Rauxel leitete, nicht existenziell. Und man könnte auch sagen: Hausbesitzer wie er waren über Jahre und Jahrzehnte auf der Gewinnerseite, weil sich ihre Grundsteuern, bemessen auf Basis von einer seither nie aktualisierten Basis von 1964, nie mit den realen Werten für die Grundstücke und Gebäude angepasst hätten.

Aber er halte es dennoch für falsch, nun einfach bei den alten Hebesätzen zu bleiben. Die Stadtverwaltung hatte der Politik ihren Entscheidungs-Vorschlag mit Rechtsunsicherheiten begründet, und die übergroße Mehrheit der Politiker folgte im HFA. Alle, außer die FWI. „Viele Kleineigentümer müssen erheblich mehr zahlen. Das würde auch bei differenzierten Hebesätzen noch so bleiben“, so Limberg, „aber man würde das zumindest etwas abschwächen.“ Dann nämlich, wenn die Stadt Castrop-Rauxel es machen würde wie Dortmund, Gladbeck, Essen, Recklinghausen und andere Städte.

Limberg, der selbst aus einer Behörde, also dem öffentlichen Dienst kommt, würde eigentlich dem Rechtsgutachten, das das Land NRW für sein Vorgehen in Auftrag gegeben hatte, Glauben schenken wollen: „Wem, wenn nicht dem Land NRW, soll man denn sonst noch Glauben schenken?“, so Limberg in Bezug auf die Rechtssicherheit.

So werde die Stadt Gladbeck künftig zwei Hebesätze in der Grundsteuer B veranschlagen: 929 von Hundert für Wohngrundstücke, 1673 von Hundert für Nichtwohngrundstücke. Dazwischen liege Faktor 1,8. Diese Schere sei offenbar unschädlich, meint Limberg. Für Castrop-Rauxel hatte das Land NRW bei den differenzierten Hebesätzen einen ähnlichen Faktor bemessen. „Wieso sollte der nicht rechtssicher sein?“, fragt sich Limberg. Es gebe auch Städte in Deutschland, die weit über 2 lägen. „Warum sollte man seine Bürger mehr belasten, ohne Not?“

Andere Länder nahmen Städten die Entscheidung ab

Hier habe das Land NRW zwar ein Gesetz gemacht, nach dem die Kommunen handeln könnten. Anders als andere Bundesländer, die selbst am Faktor Steuermesszahl Hand angelegt und so die Kommunen aus der Pflicht genommen hätten. „Am Ende ist aber ja entscheidend, was dabei rauskommt“, meint Limberg. Was in Castrop-Rauxel herausgekommen sei, stellt ihn und die FWI nicht zufrieden.

Und die Entscheidungen aus den Nachbarstädten: Sie gäben ihm und seiner Fraktion Recht. Jetzt hoffe er, dass dadurch auch die Ratspolitiker in Castrop-Rauxel nochmal ins Nachdenken kommen. Zu erwarten ist das nach dem HFA-Votum allerdings nicht.

Im Interview: Wolfgang Limberg über die Grundsteuer-Entscheidung auf rn.de/pottcas

Entscheidung in Castrop-Rauxel steht: Hebesätze für Grundsteuerreform von Politik festgezurrt