Die Stadt Castrop-Rauxel behält die Hebesätze für die Grundsteuer A und B im Jahr 2025 trotz der dann wirksam werdenden Grundsteuerreform bei. Die Sätze werden nicht für Wohnen, Gewerbe- und Mischnutzungen differenziert. Das hat der Haupt- und Finanzausschuss am Mittwochabend (27.11.2024) mit nur einer Gegenstimme beschlossen. Nur die Freie Wählerinitiative (FWI) in Person von Ratsmitglied Annette Korte stimmte dagegen.
Das bedeutet nun: Durch die seit 2022 vom Finanzamt angepassten Einheitswerte kommen auf die Bürger von Castrop-Rauxel zum Teil höhere, zum Teil geringere Grundbesitzabgaben zu. Das hängt von den Grundstücken ab, auf denen sie leben. Auch Mieter werden über die Nebenkosten am Ende wohl zusätzlich belangt, vermutlich aber je nach Eigentumsverhältnissen erst ein Jahr später. Vor allem aber wird die Neubewertung Ein- und Zweifamilienhaus-Besitzer betreffen, die künftig womöglich einen zwei- oder dreistelligen Betrag im Jahr draufzahlen müssen.

Bürgermeister Rajko Kravanja sagte am Mittwoch, die Kommunalpolitik habe selten eine Entscheidung mit so einer Tragweite für die Bürger treffen müssen. „Auferlegt bekommen“, so seine Aussage. „Es ist eine große Verantwortung, die wir als Stadtratsmitglieder haben – vor allem, weil es eine rechtliche gegen eine inhaltliche Abwägung war.“ Man wolle das Thema nun gemeinsam breit und erklärend in die Öffentlichkeit tragen.
Der Erzählsatz, nach dem die Stadt und der EUV dabei vorgehen wird, lautet: Wir haben an den Hebesätzen nichts verändert, darum sollten sich Bürger auch nicht bei uns beschweren, sondern wahlweise beim Land, beim Bund oder gar beim Bundesverwaltungsgericht, das mit seinem Urteil 2018 erst den Anstoß zur Grundsteuerreform gegeben hat.
Letztlich hatte die Politik die Option, auf differenzierte Hebesätze für Wohngrundstücke und Nichtwohngrundstücke umzustellen. „Wir schlagen einen Einheitssatz für 2025 vor und wollen dann beobachten, was geschieht, und für 2026 neu überlegen, wo und ob wir differenzieren“, sagte der Beigeordnete für Finanzen, Michael Eckhardt, gegenüber dem Ausschuss. Die Hebesätze, die jede Kommune selbst bestimmen kann, werden einfach beibehalten: bei der Grundsteuer B bei 825 von Hundert, bei der Grundsteuer A bei 600 v.H. Diese Hebesätze werden in der Abrechnung multipliziert mit dem Einheitswert und der Grundsteuermesszahl. Heraus kommt der jährlich über den EUV eingezogene neue Betrag.
Dieses Vorgehen habe den Vorteil für die Stadt, dass man rechtssicher handle, so Eckhardt. Es gebe nur sehr überschaubaure Verluste bei der Einziehung der Grundsteuer A, die für land- und forstwirtschaftliche Betriebe fällig wird. „Viele andere Städte setzen sich Finanzrisiken aus, weil sie ihren Hebesatz deutlich anheben müssen, um aufkommensneutral zu bleiben“, so Eckhardt. Gladbeck und vielleicht auch Recklinghausen wollen nach Angaben von Kämmerer Stefan Brenk auf differenzierte Hebesätze gehen. „Sie könnten da also auch für uns vorangehen“, meint Beigeordneter Michael Eckhardt.
Denn das Jahr 2025, in dem ab Mitte Januar die Grundsteuern eingezogen werden, wolle man nutzen, um zu beobachten. Wird es Klagen gegen Kommunen aus der Bürgerschaft geben? Wird es soziale Verwerfungen geben? Das kann man in Castrop-Rauxel beobachten und daraus Schlüsse für 2026 ziehen.
Die Politik stimmte weit über die Koalitionsgrenze hinaus zu. Die Gefahr der Rechtsunsicherheit überwiege. Man könne so auch in der Kommunikation mit den Bürgern die Verantwortung auf Land, Bund oder das Gericht abwälzen. Die CDU gab in den Beschlussvorschlag noch mit ein, dass man eine umfangreiche Informationsveranstaltung für Bürger im Jahr 2025 plane.
Und Annette Korte von der FWI? Die sagte im Nachgang der Sitzung als die einzige der 30 Vertreter im Hauptausschuss, die gegen den Beschluss stimmte: „Wie sollen wir das Thema im Wahljahr 2025 angemessen begleiten und neu entscheiden?“ Das könnte in der Tat schwierig werden. Im September wird gewählt. Im Oktober gibt es eine konstituierende, aber keine inhaltliche Ratssitzung. Die erste findet im Dezember 2025 statt. Erst dann kann Politik entscheiden, wie man für 2026 vorgehen will. Das könnte wiederum viel zu kurzfristig sein, wenn schon im Januar die nächsten Gebührenbescheide verschickt werden müssen.
Aber abwarten. Der Vorentscheid ist gefallen und geht so nun in die nächste Sitzung des Stadtrats. Am 12.12.2024 (ab 17 Uhr im Ratssaal) stimmt die Politik erneut ab. Das aber ist reine Formsache.