Einen kleineren Aufruhr gab es am Freitag (5.3.) in der Unterkunft der Stadt in Merklinde an der Harkortstraße. Ein Bewohner rief aus dem Fenster, er wolle endlich raus. Um Mitternacht wurde nach zwei Wochen die allgemeine Corona-Quarantäne aufgehoben.

© Tobias Weckenbrock

Großquarantäne endete um Mitternacht – trotz neuer Corona-Infizierter

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Exakt zwei Wochen nach Verhängung einer hausweiten Massen-Quarantäne für rund 100 Bewohner einer städtischen Unterkunft in Castrop-Rauxel endete sie jetzt. Obwohl es neue Positiv-Fälle gibt.

Merklinde

, 06.03.2021, 04:30 Uhr / Lesedauer: 2 min

Um Mitternacht endete in der Nacht von Freitag auf Samstag in Castrop-Rauxel eine Massen-Quarantäne für Menschen, die in einem Obdachlosen- und Flüchtlings-Wohnheim leben. Nach zwei Wochen dürfen ab sofort rund 80 der 96 Bewohner wieder heraus. Nur für etwa ein Dutzend Personen in den Häusern wurde eine Verlängerung angeordnet. Der Grund: Neun von ihnen sind auch am Dienstag (2.3.) positiv auf das Coronavirus getestet worden.

Das haben die Labor-Ergebnisse ergeben, die der Gesundheitsbehörde im Kreis Recklinghausen seit Freitagvormittag (5.3.) vorliegen. In acht dieser Fälle sei bei einer Sequenzierung der Proben die gefährliche Virus-Mutation B.1.1.7 nachgewiesen worden, sagte Sprecherin Lena Heimers am Mittag auf Anfrage unserer Redaktion. Im neunten Fall sei das Ergebnis der Sequenzierung noch unklar, aber die Mutante trotzdem ziemlich sicher.

Der Kreis Recklinghausen entschied am Mittag in Absprache mit der Stadtverwaltung in Castrop-Rauxel, die Gesamt-Quarantäne aufzuheben. „Es ist eine Maßnahme, die freiheitsberaubend ist“, sagt Kreis-Sprecherin Heimers. „Wir prüfen genau, wen wir in Quarantäne schicken und wen nicht. Wir versuchen in der Nachverfolgung, Kontakte zu erfragen und zu rekonstruieren.

Mit Blick auf die Mutation wurde die Quarantäne verhängt. Aber natürlich ist immer unser Ziel, nicht Leute willkürlich in Quarantäne zu schicken. Gerade in Einrichtungen, wo viele Menschen leben, ist die Bewertung nicht immer leicht.“

Ali Al Shuhaid will raus aus der Corona-Quarantäne. Er sagt, er sei lange nicht in den Häusern gewesen, sondern wohne eher in Herne bei seiner Freundin.

Ali Al Shuhaid will raus aus der Corona-Quarantäne. Er sagt, er sei lange nicht in den Häusern gewesen, sondern wohne eher in Herne bei seiner Freundin. © Ali Al Shuhaid

Das zeigte sich am Vormittag: Die Stimmung drohte phasenweise zu eskalieren. Ali al Shuhaid (30) meldete sich in unserer Redaktion. Er habe Angst, sich selbst anzustecken und forderte eine Aufhebung der Quarantäne. Er habe Diabetes und müsse eigentlich täglich raus, brauche die Bewegung – und sei nun schon seit 16 Tagen in dieser Isolation.

„Dann war verboten, wieder raus zu gehen“

Besonders verärgert sei er, weil er zwar offiziell hier in einem Zimmer lebe, aber eigentlich seit drei Monaten bei seiner Freundin in Herne wohne. So habe er vor zwei Wochen einen Anruf von der Stadt bekommen, er solle schnell in die Unterkunft kommen, sonst drohe ihm ein Bußgeld von 5000 Euro. „Ich bin dann ins Zimmer gegangen, und dann war es verboten, wieder raus zu gehen“, sagt er.

Er rief am Vormittag aus dem geöffneten Fenster, wie ein Video aus dem Haus gegenüber belegt. Auch deswegen waren am Mittag mehr als ein Dutzend Mitarbeiter auf der Straße: Neben der Zaunwache, einem privaten Sicherheitsdienst, waren einige städtische Mitarbeiter des Bereichs Obdachlosenhilfe und Migration vor Ort. Zudem schaute der Kommunale Ordnungsdienst vorbei.

In zwei der vier Häuser bleibt es bei einer Quarantäne für 12 Personen. Der Zaun wird aber am Wochenende für die anderen Bewohner geöffnet und soll nächste Woche abgebaut werden.

In zwei der vier Häuser bleibt es bei einer Quarantäne für 12 Personen. Der Zaun wird aber am Wochenende für die anderen Bewohner geöffnet und soll nächste Woche abgebaut werden. © Tobias Weckenbrock

Nach Informationen unserer Redaktion war der Mann aber nicht seit drei Monaten nicht mehr in der Unterkunft, wie er behauptet. Es gibt zwar Bewohner, die außerhalb übernachten, aber die Unterkunft als Wohnanschrift brauchen. Aber sie werden immer wieder Anwesenheitskontrollen unterzogen.

Bei einer dieser Kontrollen im Infektions-Zeitraum war Ali al Shuhaid laut Liste anwesend, sagt Stadtsprecherin Nicole Fulgenzi. Der sagte aber: „Ich habe mich beschwert, wollte, dass die Polizei kommt. Aber die Polizei ist nicht gekommen. Ich wollte wissen, warum ich seit 16 Tagen eingesperrt bin.“

Zwei Häuser sind nun wieder ganz Corona-frei

Nun darf er wieder raus. Die Stadt ließ einige per Negativtest bestätigte Bewohner von einem Haus in eines der anderen Gebäude umziehen, der Kreis spricht von „separieren“ der Positivfälle und ihrer drei Kontakte. Zwei Häuser sind nun ganz Corona-frei, in zwei anderen sind Bewohner auf einzelnen Etagen infiziert gemeldet. Und zwei Personen sollen mit leichten Symptomen eigenständig ins Krankenhaus gegangen sein. Dort mussten sie nun trotz recht schneller Genesung verbleiben, denn sie werden nicht in ein Quarantäne-Haus zurück entlassen.

Die Zäune um die Häuser sollen in den nächsten Tagen abgebaut werden.

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