Gemeinschaftsenergie Castrop-Rauxel startet durch Genossenschaft ist jetzt eingetragen

Gemeinschaftsenergie startet durch: Genossenschaft ist jetzt eingetragen
Lesezeit

Die Gemeinschaftsenergie Castrop-Rauxel hat die letzten formalen Hürden genommen und ist jetzt eine eingetragene Genossenschaft (eG). Über 300 Menschen sind als Genossen zusammengeschlossen, um die Energiewende in Castrop-Rauxel zu unterstützen. Die ersten Projekte nähern sich der Realisierung, sagt Vorstandsmitglied Sebastian Land.

„Im Prinzip weiß man ja, dass so etwas kompliziert ist“, sagt er im Rückblick auf die vergangenen Monate. „Trotzdem hofft man schneller durchzukommen.“ Dass es nicht so war, lag daran, dass die Genossenschaft die Gesellschaftsform ist, die am umfangreichsten geprüft wird. Von einem Prüfungsverband wird zum Beispiel mindestens alle zwei Jahre geprüft, ob im Sinne der Mitglieder gewirtschaftet wird. „Das dauert, aber dafür können zukünftige Mitglieder jetzt auch sicher sein, dass wir keine Luftschlösser bauen und das Geld gut genutzt wird.“

In einer Genossenschaft hat jedes Mitglied eine Stimme, unabhängig von der Menge der Anteile. Mitglieder haften zudem nur mit dem eingezahlten Geld, können also auch nicht mehr als das verlieren, wenn es ganz schlimm kommt.

Mit den Geschäftsanteilen sollen Photovoltaikanlagen im Stadtgebiet errichtet werden. Vorstand, Aufsichtsrat und Arbeitsgruppen sind ehrenamtlich engagiert. „Da bringen sich viele Leute ein“, berichtet Vorstandsvorsitzender Ulrich Werkle. „Allein 30 Menschen haben sich gemeldet, um bei der Montage unserer Photovoltaikanlagen mit anpacken zu wollen“, so Karsten Zygowski, im Vorstand zuständig für Projekte.

Genossenschaft auch zur Selbsthilfe

„Das ist ein großartiges Gefühl, wenn man hinterher völlig erledigt auf dem Boden steht und oben auf dem Dach die fertige Anlage sieht“, sagt Land, der sich um die Mitgliederbetreuung kümmert und schon mal bei einer Montage dabei war. „Aber wir wollen auch Menschen helfen, die sich nicht einbringen können.“

So etabliert sich eine Selbsthilfegruppe für Menschen, die eine eigene Solaranlage auf dem Dach oder am Balkon betreiben wollen. „Viele wollen das, fühlen sich aber nicht sicher. Da uns viele Anfragen erreicht haben, wollen wir zukünftig ein Forum bieten.“ Die Auslegung einer Solaranlage sei eine Gratwanderung zwischen aktueller Wirtschaftlichkeit, zukünftigen Entwicklungen wie Wärmepumpen und E-Autos, finanziellen Möglichkeiten und Umweltschutz. Ein Austausch mit anderen kann helfen.

Ulrich Werkle ist im Vorstand der neuen Bürgerenergie-Genossenschaft. Hier begrüßt er die über 100 Interessierten, die 2022 zur Gründungsversammlung ins Dieze kamen.
Ulrich Werkle ist im Vorstand der neuen Bürgerenergie-Genossenschaft. Hier begrüßt er die über 100 Interessierten, die 2022 zur Gründungsversammlung ins Dieze kamen. © Gemeinschaftsenergie

Ziel für 2023 ist die Errichtung von Anlagen mit insgesamt 800 kWp, die rechnerisch 200 Vier-Personen-Haushalte versorgen können. „Einige Projekte werden wir mit regionalen Solarteuren entwickeln, aber nach Möglichkeit auf Eigenbau unter professioneller Anleitung setzen“, erklärt Karsten Zygowski. Dieses Jahr wolle man nutzen, Prozesse aufzubauen und zu lernen, wie man sie optimieren kann. Dann soll „skaliert“ werden, wie es in der Fachsprache heißt, damit in Castrop-Rauxel bis 2030 80 Prozent des verbrauchten Stroms vor Ort erneuerbar erzeugt wird.

Suche nach Immobilienbesitzern

Die Genossenschaft sucht Immobilienbesitzer, um Projekte zu entwickeln. Besitzer schützen nicht nur das Klima, sondern profitieren zusätzlich von Dachmiete oder den Bezug von günstigem Strom. Interessierte melden sich unter gemeinschaftsenergie.org/#dach.

Eine Mitgliedschaft ist eine Geldanlage. Jeder Gewinn wird entweder in weitere Anlagen reinvestiert oder als Dividende ausgeschüttet. Die Entscheidung treffen die Mitglieder auf der Generalversammlung. „Uns ist wichtig, dass möglichst viele Menschen von der Energiewende profitieren können. Man kann schon mit 50 Euro beitreten“, sagt Ulrich Werkle.

Zur Zeit sind die Geschäftsanteile auf 500 Euro pro Mitglied begrenzt, damit die Genossenschaft nicht zu viel Kapital aufnehmen muss. „Aber sobald wir mit mehreren Projekten starten, werden wir eine Erhöhung der Anteile anbieten“, so Werkle. Neben natürlichen Personen allen Alters können auch Firmen und Sportvereine Mitglied werden.

Stefan Hiltawsky von der Gemeinschaftsenergie begutachtet mit Immobilienbesitzer Nils Lehnert eine Dachfläche im Norden von Castrop-Rauxel.
Über den Dächern von Castrop-Rauxel: Was noch graue Wüste ist, erzeugt bald schon grünen Strom. Stefan Hiltawsky von der Gemeinschaftsenergie begutachtet mit Immobilienbesitzer Nils Lehnert eine Dachfläche im Norden von Castrop-Rauxel. © Gemeinschaftsenergie

Immer mehr Solaranlagen in Castrop-Rauxel: „Aber wir müssen noch ordentlich zulegen“

Castrop-Rauxeler Energiegenossenschaft legt Raketenstart hin

Sebastian Land gründet Bürger-Energiegenossenschaft für seine Tochter