Feuerwehrmann Josef „Jupp“ Pieper starb an Krebs 44 Jahre Feuerwehr – ein Leben für den Trupp

Feuerwehrmann Josef Pieper gestorben – Ein Leben für den Trupp
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Es ist anders, alles ist ganz anders ohne ihn. Da sind sich die Kameradinnen und Kameraden der Feuerwehrwache in Henrichenburg einig. Seit dem 16. Dezember 2023 müssen sie ohne ihren langjährigen Kameraden Josef Pieper auskommen. Denn an diesem Tag hat der Castrop-Rauxeler Feuerwehrmann den Kampf gegen seine schwere Krankheit endgültig verloren. Im Alter von nur 61 Jahren verstarb Jupp, wie Josef Pieper von vielen Kameraden gerufen wurde, an Bauchspeicheldrüsenkrebs.

Er hinterlässt seine Ehefrau, eine 19-jährige Tochter und einen Sohn, der schon über 30 Jahre alt ist. Die Henrichenburger Kameraden verlieren einen ihrer erfahrensten Kollegen, einen Ratgeber und Freund, ein echtes Urgestein. „Er war die gute Seele der Feuerwehr Henrichenburg“, fasst der dortige Löschzugführer Gustav Gösta Titzmann zusammen. „Er war einfach immer da. Wenn er konnte, dann ist er vorbeigekommen.“

Dass Josef Pieper schwer krank ist, haben seine Kameraden erst Anfang November erfahren. „Er hatte vorher auch über Rückenschmerzen geklagt, aber dass es Krebs ist, wussten wir zunächst nicht.“ Und auch als die Diagnose bekannt war, dachten sie, dass der Feuerwehrmann noch ein paar Jahre zu leben hätte. Die Prognosen wurden dann immer düsterer. „Er war aber bis zuletzt für uns ansprechbar, viele haben ihm geschrieben oder ihn besucht. Sogar an seinen letzten Tagen im Krankenhaus hat er noch Tipps gegeben und geholfen, wo er konnte“, erinnert sich Titzmann.

Zu sehen ist ein Porträtfoto des Feuerwehrmanns Josef Pieper vom Löschzug Henrichenburg.
Mit diesem Foto, das eingerahmt in der Henrichenburger Wache steht, gedenken die Kameraden ihrem Kollegen und Freund Josef Pieper. © Löschzug Henrichenburg

Ein Leben für die Feuerwehr

Dass Josef Pieper fehlt, das ist in der Henrichenburger Wache ganz konkret spürbar. „Wenn wir von Einsätzen zurückkamen, dann stand Josef hier eigentlich immer bereit und hat uns erstmal mit Kaffee und einer kleinen Süßigkeit versorgt“, erzählt Titzmann. Das ist jetzt anders. So ganz realisiert hätten es viele noch nicht, dass er wirklich nie wieder durch die Wache laufen, nie wieder mit den Kameraden Grünkohl kochen wird – so wie sie es immer gemacht haben. „Josef war der Papa dieser Wache, der Versorger.“

Mitte November war er zum letzten Mal auf der Wache. „Den Grünkohl haben dieses Mal wir gekocht, aber er hat noch alles beaufsichtigt.“ Denn Josef Pieper war zu diesem Zeitpunkt schon gezeichnet von seiner Krankheit, hatte deutlich abgenommen. „Das hat ihn aber nicht abgehalten, am nächsten Tag zum Aufräumen wiederkommen zu wollen“, erinnert sich Gustav Gösta Titzmann. Ein Leben ohne Feuerwehr – das war für Josef Pieper unvorstellbar. 1979 wurde der Castrop-Rauxeler Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr Henrichenburg. Er blieb es bis zu seinem Tod 2023 – ganze 44 Jahre. „Es gibt hier aktuell niemanden, der länger als er Mitglied unserer Freiwilligen Feuerwehr ist“, so Titzmann.

Zu sehen ist Josef Pieper im Wachhaus des Feuerwehr-Löschzuges Henrichenburg in Castrop-Rauxel. Er steht vor einem Rettungsfahrzeug. Neben ihm auf dem Tisch stehen Brötchen und Ketschup bereit
Im Gerätehaus an der Hedwig-Kiesekamp-Straße erwartete Josef Pieper seine Kameraden nach deren Einsätzen mit einer Stärkung – so auch hier, im Februar 2022, als unsere Redaktion beim Henrichenburger Löschzug zu Gast war. © Ronny von Wangenheim

Pieper, gelernter Einzelhandelskaufmann, hatte zunächst bei der Stadt gearbeitet, bevor er 1996 hauptamtlicher Feuerwehrmann wurde. In dieser Zeit als Löschzugführer hat er die Freiwillige Feuerwehr umgekrempelt: „Er hat den alten Zustand – wenig Einsätze, viel Verein – so weit professionalisiert, wie es für Ehrenamtliche möglich ist, zusammen mit Benno Böker.“ Der war lange sein Stellvertreter als Löschzugführer. „Die beiden waren ein echtes Dream-Team“, findet Gustav Gösta Titzmann.

Feuerwehrhaus war sein „Baby“

Die Sanierung und der Neubezug der Wache an der Hedwig-Kiesekamp-Straße war ein Herzensprojekt. Das Feuerwehrhaus war sein „Baby“, so Piepers Kameraden. Er hegte und pflegte es, als wäre es sein Zuhause. „Er hat hier alles in Schuss gehalten. Das Spülbecken glänzte immer noch wie am ersten Tag“, sagt Titzmann. „Er hat vieles, was so anfällt, einfach erledigt. Dieses Engagement kann eine einzelne Person gar nicht auffangen. Vieles muss sich da in der Aufgabenverteilung jetzt erst einmal neu finden.“ Das Gerätehaus in Henrichenburg war sein Werk, in das er unglaublich viel Arbeit und Fürsorge investierte. „Der menschliche Verlust ist schrecklich. Die Leistung, die er hier hineingesteckt hat, ist schlicht nicht zu ermessen“, fasst Titzmann zusammen.

Als Josef Pieper 2022 die Altersgrenze von 60 Jahren erreichte und in Pension ging, blieb er der Freiwilligen Feuerwehr Henrichenburg weiterhin erhalten. „Das war einfach sein Ding, er hatte da auch nach so vielen Jahren noch Bock drauf“, sagt ein Kamerad Piepers. Normalerweise steht auch bei der Freiwilligen Feuerwehr ab 60 der Wechsel in die Ehrenabteilung an. Aber Josef Pieper fuhr bis zuletzt bei Einsätzen mit raus. Gustav Gösta Titzmann wirft einen Blick auf die Statistik für 2023: „Josef ist bei 63 Prozent der Einsätze mit rausgefahren, das heißt, er war bei 72 von insgesamt 114 Einsätzen dabei, später im Jahr auch trotz seiner Krankheit.“

Auch als Ausbilder hat der Castrop-Rauxeler sein Wissen an den Nachwuchs weitergegeben. Für seine Kollegen war Josef Pieper ein echter Glücksfall. „Er hatte einfach unfassbar viel Erfahrung. Er kannte die Beladung der Einsatzfahrzeuge in- und auswendig“, sagt Gustav Gösta Titzmann. Fragen wie „Wo ist nochmal Gerät XY?“ habe er immer wie aus der Pistole geschossen beantworten können. „Guck mal unter dem linken hinteren Sitz in entgegengesetzter Fahrtrichtung, da müsste so eine blaue Tasche liegen. Da ist das bestimmt drin“, sei eine typische Antwort des Routiniers gewesen, so Titzmann.

Auch abseits des Dienstlichen habe er immer geholfen. „Wenn jemand eine Wohnung gesucht hat, kannte er über drei Ecken eigentlich immer jemanden, der eine besorgen konnte.“ Ein anderer Kamerad erinnert sich an Übungsfahrten mit Josef Pieper während der Corona-Pandemie. „Er hat uns mit dem Feuerwehrwagen natürlich durch die engsten Straßen geschickt. Aber so habe ich viel gelernt.“

Pieper sei ein einnehmender Typ im besten Sinne gewesen: „Er war einer, der Leute für sich und für die Feuerwehr gewinnen konnte.“ Das ist ihm auch mit Titzmann selbst gelungen. Denn der hat es unter anderem dem Urgestein zu verdanken, dass er bei der Feuerwehr gelandet ist. „Josef kannte ja einfach jeden in der Stadt. Als ich 2001 mal zufällig hier war, hat er zu mir gesagt: ‚Deinen Papa kenn’ ich schon, du kannst doch auch mal zum Übungsabend kommen!‘ Und zack, war ich dabei.“ Etwas mehr als 15 Jahre später wurde Titzmann dann sogar sein Nachfolger als Löschzugführer.

Bratwurst und Bier bei Beerdigung

Wenig verwunderlich ist es daher, dass viele Kameraden dem Feuerwehrmann nach seinem überraschenden Tod die letzte Ehre erweisen wollten. Zur Beerdigung am 29. Dezember seien über 300 Menschen gekommen, um sich von Josef Pieper zu verabschieden. „Da waren neben der Familie viele ehemalige Kollegen aus Castrop-Rauxel dabei und auch Leute, die Josef aus dem Schützenverein kannte“, so Gustav Gösta Titzmann. Er selbst ist aus dem Urlaub zurückgekommen, um an der Trauerfeier teilzunehmen.

Feuerwehrleute und ein Feuerwehrauto in einer Trauerprozession durch Castrop-Rauxel-Henrichenburg.
Der Trauerzug führte von der St. Lambertus Kirche aus in Richtung Friedhof auch an Josef Piepers Feuerwehrwache vorbei. © Löschzug Henrichenburg

Dort sollte es – das hatte sich Pieper vor seinem Tod noch überlegt – Bratwurst und Bier geben. „Wir haben dann hier an der Wache gut 200 Würstchen gegrillt und 100 Flaschen Bier geöffnet.“ Nach dem Trauergottesdienst um 10.30 Uhr seien einige Gäste, bei trockenem Wetter, sogar bis halb sechs abends geblieben. „Das spricht absolut für ihn“, findet Löschzugführer Titzmann. „Es war eine schöne Trauerfeier, besonders weil die gesamte Gesellschaft hier an der Wache zusammengekommen ist.“

Viele Feuerwehrleute kamen zur Beerdigung ihres Kameraden Josef Pieper in Castrop-Rauxel. Sie stehen vor der St. Lambertus Kirche in Henrichenburg. Zwei Feuerwehrleute tragen die Urne aus der Kirche.
Viele Feuerwehrleute und andere Weggefährten kamen zur Beerdigung ihres Kameraden Josef Pieper. © Löschzug Henrichenburg

Josef Pieper wurde außerdem eine ganz besondere Ehre zuteil. Seine Urne trugen zunächst zwei Feuerwehrleute aus der Kirche. Dann stiegen sie damit auf ein Feuerwehrfahrzeug mit Drehleiter. Der Wagen fuhr die Asche des Feuerwehrmanns in Richtung des Friedhofs, vorbei an „seiner“ Feuerwehrwache in der Hedwig-Kiesekamp-Straße. „Das hat es noch nie gegeben, das war ein echtes Novum“, so Gustav Gösta Titzmann. Eine Ehre, die zeigt, wie sehr Josef Pieper von seinen Kameraden geschätzt wurde – und wird.

Wie Josef Pieper im Februar 2022 seine Wache in Henrichenburg geführt hat, sehen Sie im Video auf rn.de/castrop.

An einem Spind im Umkleideraum der Herren beim Löschzug Henrichenburg hängt noch der Helm und die Feuerwehruniform Josef Piepers.
Seine Dienstkleidung hängt noch im Umkleideraum der Herren. Dass Josef Pieper tot ist, hat die Kameraden des Löschzugs Henrichenburg erschüttert. © Maurice Prior

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