Mehrere tausend Menschen demonstrierten am Mittwoch (28.10.) in Berlin für den Erhalt der Eventbranche. Mit dabei war auch Sandra Beckmann aus Castrop-Rauxel.

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Eventbranche steht vor dem Kollaps: „Staat muss weitsichtiger agieren“

rnCorona-Maßnahmen

Keine Konzerte, keine Veranstaltungen - die Eventbranche ächzt unter dem neuerlichen Corona-Lockdown. Trotz finanzieller Hilfen vom Bund stehen immer mehr Betriebe vor der Insolvenz.

Castrop-Rauxel

, 30.10.2020, 08:55 Uhr / Lesedauer: 2 min

Zu Tausenden zogen sie am Mittwoch (28.10.) durch die Straßen Berlins. „Alarmstufe Rot“ heißt das Bündnis, das zu der Demonstration zum Erhalt der Veranstaltungsbranche in der Hauptstadt aufgerufen hatte. Auch für Betriebe in Castrop-Rauxel wird die Lage immer bedrohlicher.

Deutliche Versäumnisse im Sommer

Egal ob Bastel-Workshop, Konzert oder Weinprobe - Vanessa Schulz aus Castrop-Rauxel organisiert normalerweise die unterschiedlichsten Freizeitaktivitäten. Der nahende Corona-Lockdown ist für die Eventplanerin ein „Manöver des letzten Augenblicks“.

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„Die Maßnahmen sind die Hoffnung, dass sich in 14 Tagen erste Früchte zeigen. Die organisierten Veranstaltungen sind aber nicht der Treiber der Infektionen“, erklärt Schulz. Die Regierung habe versäumt, im Sommer trotz rückläufiger Fallzahlen eine „Verschärfung bei privaten Veranstaltungen und eine striktere Reglementierung der Maskenpflicht“ vorzunehmen.

Es sei ein grundsätzliches Problem, dass der Anstieg der Inzidenzwerte nicht durch geregelte Events oder die Gastronomie hervorgerufen werde, „sondern durch das unverantwortliche Verhalten vieler Mitbürger“, so Schulz.

Vanessa Schulz organisiert das Netzwerk "Menschen verbinden".

Vanessa Schulz organisiert das Netzwerk "Menschen verbinden". © privat

Von der Politik fordert die Unternehmerin daher mehr Feingefühl: „Die Sorglosigkeit hat deutlich zugenommen. Viele halten den Virus nach wie vor für harmlos. Da muss der Staat weitsichtiger agieren“.

Sandra Beckmann, die das „Event-Kombinat“ in der Bochumer Straße betreibt, gehört zum Organisationsteam der Protestaktion „Alarmstufe Rot“. Für sie ist das Problem eindeutig: „Wir laufen der Krise hinterher. Dass die Zahlen im Herbst wieder steigen würden, sollte eigentlich niemanden überraschen.“

Veranstaltern wird Arbeitsgrundlage entzogen

In der Eventbranche brenne laut Beckmann die Luft und ein erneutes Herunterfahren aller Veranstaltungen führe dazu, dass noch mehr Betriebe in die Insolvenz rutschen würden.

„Dieser Lockdown ist doch nicht langfristig gedacht. Die Betriebe in der Eventbranche können sich ein Fahren auf Sicht aber nicht mehr leisten“, betont Beckmann, die zuletzt in der ZDF-Talkshow „Maybrit Illner“ unter anderem mit Finanzminister Olaf Scholz über die Thematik diskutierte.

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Wie am Donnerstag bekannt wurde, will der Bund deshalb nun auch der Veranstaltungsbranche finanzielle Hilfsmittel zur Verfügung stellen. 75 Prozent des Umsatzes aus dem vergangenen November sollen die betroffenen Betriebe erhalten. Grundsätzlich eine sinnvolle Maßnahme, findet Beckmann, allerdings hapere es an der Umsetzung.

Partyservice leidet ebenfalls unter Absagen

„Bis die Gelder tatsächlich ankommen, werden wieder mehrere Wochen vergehen. Diese Zeit haben wir jetzt nicht. Da muss zügig nachjustiert werden“, so die Unternehmerin. Man müsse einen Weg finden, um den Betrieben umgehend finanzielle, nicht zurückzuzahlende Mittel zu ermöglichen.

Was der Ausfall von Veranstaltungen für kleine Betriebe bedeutet, zeigt der Fall von Fleischermeister Wilhelm Bols. Während die eigene Metzgerei zwar weiter öffnen darf, steht der angegliederte Partyservice gänzlich still. „Die Einnahmen laufen gegen null. Zuletzt gab es noch kleinere Veranstaltungen. Da kann von Gewinn aber auch keine Rede sein“, so Bols.

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In den vergangenen Jahren sei zumindest das Weihnachtsgeschäft immer noch profitabel gewesen, doch davon ist man weit entfernt. „Wenn überhaupt etwas stattfinden sollte, wird uns das Weihnachtsfest in dieser Hinsicht auch nicht mehr retten“, betont der Fleischermeister.

Derweil wird die Demonstration von „Alarmstufe Rot“ am Mittwoch vermutlich nicht die letzte dieser Art gewesen sein. Das Bündnis erfährt seither zunehmend Unterstützung von Prominenten wie Komikerin Carolin Kebekus oder Campino von den „Toten Hosen“. Mit dabei ist beim nächsten Mal wahrscheinlich dann auch wieder Sandra Beckmann aus Castrop-Rauxel.