Erzbischof greift in Castrop-Rauxel durch Vorstände abgesetzt - sechs Pfarrgemeinden aufgelöst

Erzbischof greift durch: Gemeinden im Süden aufgelöst – Das steckt dahinter
Lesezeit

Was der Pastoralverbund Castrop-Rauxel-Süd nicht allein schafft, übernimmt nun das Erzbistum Paderborn: Die sechs Pfarrgemeinden, die seit fast zwei Jahrzehnten den PV bilden, werden aufgehoben und gehen im kommenden Jahr in einer neu errichteten Pfarrei auf. Auch die bisherigen gewählten Gremien hören damit auf zu bestehen. Die Arbeit der Kirchenvorstände übernimmt vorerst ein Vermögensverwaltungsrat.

Zu April 2025 errichtet das Erzbistum Paderborn dann eine neue Pfarrei. Der Name der Pfarrei soll nicht per Dekret vorgegeben, sondern vor Ort bestimmt werden.* Die Pfarrvikarie Heiliger Schutzengel / Frohlinde, die Pfarrei St. Marien / Merklinde, die Pfarrei St. Franziskus / Schwerin, die Pfarrei St. Elisabeth / Obercastrop, und die Pfarrei Heilig Kreuz / Dorf Rauxel werden dafür per Dekret des Paderborner Erzbischofs Udo Markus Bentz aufgehoben.

Er selbst habe festgelegt, dass die notwendigen Prozesse zur Bildung der Gesamtpfarrei durch das Erzbischöfliche Generalvikariat realisiert werden. Generalvikar Dr. Michael Bredeck habe alle Mitglieder der Kirchenvorstände und des Fusionsausschusses des Pastoralverbundes Süd per Brief informiert. Hintergrund sei ein „für alle Beteiligten unbefriedigender und bedauerlicher Sachverhalt“: Den beteiligen Kirchenvorständen sei dieser Schritt aus eigener Kraft nicht gelungen. Konkret heißt es, „die von allen Personen zugesicherte Bereitschaft zur Fusion“ sei nicht „in einer von allen getragenen gemeinsamen Entscheidung umzusetzen“ gewesen.

Generalvikar Bredeck erinnert in seinem Schreiben, dass bereits vor 15 Jahren bei der Planung zur Errichtung Pastoraler Räume im Erzbistum die Gründung einer Gesamtpfarrei für 2017 avisiert war. Die wurde aber nie umgesetzt. Seitdem seien in den sechs Pfarrgemeinden des Pastoralverbundes viele verschiedene Aktivitäten und Projekte angestoßen oder umgesetzt worden, wofür er allen Beteiligten danke. Doch hätten unterschiedliche Sichtweisen der Mitglieder der Kirchenvorstände auf einzelne Projekte dazu geführt, dass eine von allen getragene Entscheidung zur Fusion der Pfarrgemeinden nicht möglich war, beschreibt Bredeck seine Wahrnehmung in einer Mitteilung des Erzbistums vom Wochenende.

Christoph Gundermann (r.) feierte am 24. Oktober 2021 die offizielle Einführung in seine neue Pfarrei, den Pastoralverbund Castrop-Rauxel-Süd. Jetzt wird daraus die Gesamtpfarrei St. Lambertus.
Christoph Gundermann (r.) feierte am 24. Oktober 2021 die offizielle Einführung in seine neue Pfarrei, den Pastoralverbund Castrop-Rauxel-Süd. Jetzt wird daraus die Gesamtpfarrei St. Lambertus. © Rainer Zurmühlen (2021)

Die unterschiedlichen Sichtweisen stünden „im größeren Zusammenhang einer noch wenig ausgeprägten wechselseitigen Vertrauensbasis und eines geringen vertrauensvollen Miteinanders“. Eine gemeinsam getragene Entscheidung sei in der derzeitigen Konstellation nicht möglich.

Konkret geht es nach Informationen unserer Redaktion um das Neubauprojekt am Widumer Tor. Die Aktiven von St. Lambertus im Kirchenvorstand wollten seit Jahren das Gelände neu entwickeln. Zwei von vier Bausteinen davon sind realisiert: ein neuer Rochus-Kindergarten an der Widumer Straße und ein neues Jugendzentrum Marcel-Callo-Haus an der Schillerstraße. Millionen-Bauten, die alte Baracken ablösten.

Streitobjekt Widumer-Tor-Projekt

Zum geplanten Ensemble gehört nun noch ein neuer Spielplatz für die Kita und ein weiterer Bau, in dem zum Beispiel die Volkshochschule, Gemeinde-Räume, das Pfarrbüro und eine Pfarrerswohnung aufgehen sollten. Projekte im Umfang von insgesamt über 10 Millionen Euro, die Pfarrer Winfried Grohsmann stets wohlwollend begleitete. Aber nicht alle Gemeinden im Pastoralverbund sollen diesen Plan befürworten. Der Kirchenvorstand St. Lambertus soll ihn aber zur Bedingung gemacht haben. Bestätigt sind diese Details aber nicht.

Fest steht: Die Pfarrgemeinden werden nun nicht aus sich heraus, sondern von oben aufgehoben. Gemeinsame Rechtsnachfolgerin ist eine neue Pfarrei. Der Priesterrat wird dazu noch angehört. Die Kirchenpatronate bleiben erhalten. St. Lambertus wird zur Pfarrkirche bestimmt, die anderen Kirchen werden Filialkirchen. Da mit der Aufhebung der Pfarrgemeinden auch deren Kirchenvorstände nicht mehr bestehen, wird bis zur Neuwahl des Pfarrgemeinderates und des Kirchenvorstandes ein Vermögensverwaltungsrat einberufen. Pfarrer Christoph Gundermann leitet die neue Pfarrei.

Die Castroper Altstadt am 20.3.2024 aus der Luft: Rund um die Kirche St. Lambertus gibt es aktuell Querelen. Eine Frage ist die nach der Bildung einer Großpfarrei mit insgesamt sechs Gemeinden.
Die Castroper Altstadt am 20.3.2024 aus der Luft: Rund um die Kirche St. Lambertus gibt es aktuell Querelen. Eine Frage ist die nach der Bildung einer Großpfarrei mit insgesamt sechs Gemeinden. © Tobias Weckenbrock

Das Generalvikariat werde das Zusammenwachsen und -wirken der beteiligten Gremien bis zur Fusion begleiten und sicherstellen. In seinem Schreiben wirbt Bredeck um Verständnis für das Vorgehen „nach reiflicher Überlegung und intensiver Abwägung“. Er bittet darum, über Gemeindegrenzen hinweg miteinander ins Gespräch zu kommen. „Es ist unser gemeinsames Anliegen, dass die katholische Kirche in Castrop-Rauxel-Süd auch weiterhin lebendig und handlungsfähig bleibt. Es ist zugleich meine feste Überzeugung, dass dies in Zukunft nur gemeinsam und mit vereinten Kräften und in einem gemeinsamen Rahmen möglich sein wird“, so Bredeck.

Im Norden von Castrop-Rauxel schaffte die Gemeinde Corpus Christi schon vor rund zehn Jahren ohne größere Geräusche, woran der Pastoralverbund Süd bis heute scheiterte. Das hängt mit einem gewissen Kirchturmdenken in manchen Gemeinden zusammen, die vor zehn Jahren noch gern allein weitermachen wollten. Inzwischen wird aber ziemlich deutlich, wie leer es bisweilen in den Kirchen an den Wochenenden geworden ist. Eine Zukunft der Einzelgemeinden ist heute vakanter denn je.

* Anmerkung der Redaktion: Bei der Namensgebung der Gemeinde änderte sich das Vorgehen leicht. Bisher war man davon ausgegangen, dass die neue Pfarrei St. Lambertus heißen werde, also wie die historische Mutter-Gemeinde. Nun heißt es, man werde den Namen vor Ort bestimmen.

Dieser Artikel erschien ursprünglich am 26. November 2024.