Der Pastoralverbund Castrop-Rauxel-Süd der katholischen Kirche besteht seit vielen Jahren sechs bislang noch eigenständigen Pfarreien. Auch wenn schon jetzt ein Pfarrer, nämlich Christoph Gundermann, und seit einiger Zeit auch eine Verwaltungsfachkraft gemeinsam das Gesamtkonstrukt leiten: Eine Pfarrei ist das noch nicht. Das wird sich aber recht bald ändern. Schon bis Jahresende soll der PV Süd Geschichte sein.
Der Pastoralverbund gruppiert sich um die zentrale Gemeinde St. Lambertus in der Castroper Altstadt. Dazu gehören Heiliger Schutzengel Frohlinde, St. Marien Merklinde, St. Franziskus Schwerin, St. Elisabeth Obercastrop und Heilig-Kreuz Dorf Rauxel. Zum Teil mehr, zum Teil weniger aktive Gemeinden mit eigenen Kirchen, Pfarrheimen und Gemeindehäusern und Ehrenamtlern, die sich für das Gemeindeleben auch heute noch starkmachen. In Zeiten wohlgemerkt, in denen die kirchliche Verbundenheit in der Gesellschaft so stark zurückgeht wie schon lange nicht mehr.

Das Erzbistum Paderborn sagt nun auf Anfrage unserer Redaktion: „Es gibt tatsächlich Überlegungen, dass durch Rück- und Einpfarrung der einzelnen bestehenden Kirchengemeinden eine (neue) Gesamt-Pfarrei St. Lambertus entsteht. Doch ist dies aktuell noch nicht final beschlossen und damit auch noch nicht terminiert. Die Entscheidung wird derzeit vor Ort in den entsprechenden Gremien Kirchenvorstand und Pfarrgemeinderat beraten.“
Da fragen wir nach und hören unter der Hand: Es gibt Querelen um diese Frage. Der Kirchenvorstand aus St. Lambertus weigere sich, heißt es aus Insider-Kreisen, seinen Beschluss dazu zu erteilen. Vorsitzender ist qua Amt der Pfarrer. Als Gemeindemitglied ist ihm Elke Breilmann, Juristin aus der Castroper Altstadt, zur Seite gestellt als 1. stellvertretende Vorsitzende. Auf eine erste Anfrage unserer Redaktion sagte sie, sie müsse erst mit dem Kirchenvorstand sprechen, der am 7. November wieder tagt, ehe sie uns gegenüber Stellung beziehe.
Und was sagt Pfarrer Christoph Gundermann? Der gibt sich unserer Redaktion gegenüber relativ entspannt und erklärt Hintergründe. Seit Anfang des Jahres laufe der Prozess zur Fusion. Bistumsweit sei 2010 im Zukunftsgesetz festgelegt worden, wie die Gemeinden aussehen werden. „Da war diese Fusion schon vorgesehen“, so Gundermann. Bis 2017 sollte demnach eine Fusionspfarrei gebildet werden. Da stand die Gemeinde und der PV noch unter der Leitung von Winfried Grohsmann. Gundermann übernahm erst im Oktober 2021, als Grohsmann sich nach Werl in die JVA verabschiedete.
„Das ist leider nicht geschehen“, sagt Gundermann heute. „Wir haben aber vor zwei Jahren eine Pastoralvereinbarung erarbeitet und festgelegt. Nachdem sie vom Erzbistum genehmigt war, sind wir in den Prozess mit den Kirchenvorständen der einzelnen Gemeinden eingestiegen, um die Gesamtpfarrei zu errichten.“
Fusionsprozess „auf der Zielgeraden“
Der Prozess sei nun auf der Zielgeraden. „Wir brauchen da nur noch die letzte Zustimmung. Jeder Kirchenvorstand muss seine Zustimmung geben“, sagt Gundermann. Einstimmigkeit ist dabei eigentlich immer sein Ziel, aber nicht immer möglich. Die letzte Zustimmung aus St. Lambertus steht noch aus. Die anderen Kirchenvorstände, sagt er, hätten schon zugestimmt.
Der Gemeindename wäre St. Lambertus Castrop-Rauxel. Die Patronate der Kirchen blieben aber erhalten: Also heißt es weiter St. Marien, St. Elisabeth, Heilig-Kreuz, Heiliger Schutzengel, St. Franziskus und St. Lambertus, wenn man auf die Kirchen und Gemeindehäuser schaut. Die Gesamtpfarrei würde dann aus dem Pastoralverbund Süd hervorgehen.

Die Kirchorte bleiben erhalten, auch wenn die Gemeinde mit einer Immobilienstrategie bald schon vor dem nächsten Schritt steht. Denn auch diese Frage ist zu klären: Welche Gebäude erhält man? Welche stößt man ab? Der Schrumpfungsprozess ist offensichtlich, die Mitglieder- und Kirchenbesucherzahlen gehen rapide zurück. Ein Teil der Strategie sind die geplanten Franziskushöfe auf Schwerin, wo aus dem Kirchengebäude und dem Vikariat etwas Neues entsteht. „Die Immobilienstrategie kann man aber erst angehen, wenn wir eine Gesamtpfarrei haben“, so Christoph Gundermann.
Im Umkreis, meint der Lüner, der aus einer Großpfarrei im sauerländischen Lennestadt nach Castrop-Rauxel kam, sei man da schon entschieden weiter. Beispiel Castrop-Rauxel-Nord: Corpus Christi ist schon seit 2015 eine neu gegründete Pfarrei aus St. Antonius und St. Barbara Ickern, Herz-Jesu Rauxel und St. Josef Habinghorst. „Warum man hier noch nicht so weit ist, dazu kann ich nichts sagen“, so Gundermann.
Pfarrer und Kirchenvorstand uneins
Am Ende stehe ein Gesamt-Kirchenvorstand. „Zunächst wird es 2025 einen Vermögensverwaltungsrat geben, der paritätisch aus allen Einzel-Gemeinden besetzt ist“, erklärt der Pfarrer. Für November 2025 wäre dann eine Kirchenvorstandswahl pfarrei-weit angesetzt, bei der es keine „geografische“ Besetzung mehr geben würde. Ob dieser Zeitplan einzuhalten ist, ist nicht klar.
Gundermann betont: „Dieser Prozess ist kein Rückzug aus der Fläche, sondern ein Aufstellen in den Gegebenheiten der neuen Zeit, eine Anpassung also. Die Orte verbleiben, die Aktivitäten für die Orte ebenso. Und ich glaube nicht, dass da etwas verloren geht.“ Man könne dann vielleicht auf einzelne Schwerpunkte an unterschiedlichen Standorten fokussieren, Kräfte bündeln und sogar besser arbeiten.
Hintergrund der noch offenen Unstimmigkeiten sollen Immobilienfragen sein. Sowohl das Widumer-Tor-Projekt (Rochus-Kindergarten, Marcel-Callo-Haus) mit den weiteren Plänen auf dem Areal als auch die gemeinde-eigenen Gebäude am Lambertusplatz mit Caritas, Pfarrhaus, Welt-Laden und Co. sind wohl noch Teil des Problems.
