Tagelang waren Vereine in Aufruhr: Vor allem die Schließung des Hallenbades in Castrop-Rauxel zur Einsparung von Heizenergie löste Protest bei Schwimmvereinen und auch viele Fragen in Schulen aus. Aus Beratungen der Politik mit der Verwaltungsspitze am Montagabend drangen Dienstagfrüh neue Details, die mittags von der Stadt öffentlich gemacht wurden. Ratsfraktionen und Stadtverwaltung hätten das Vorgehen ausführlich diskutiert und Kompromisse vereinbart, heißt es.
Demnach ist eine Schließung das Hallenbades nur über die Weihnachtsfeiertage mit Verlängerung bis Mitte Januar geplant. Vier Wochen, in denen das Bad komplett zu ist. Man gehe nun nach dem Energiespar-Szenario IX vor, nachdem in der Vorwoche das Szenario VIII diskutiert wurde. Darin war von einer Schließung bis Ende März die Rede.
DLRG und andere Verein kündigten daraufhin Proteste an. Vor der Sitzung des Stadtrates am Donnerstag (24.11., 17 Uhr, Ratssaal) sollten Kinder und Eltern auf die Straße gehen. Vor allem Schwimmvereine, aber auch Schulen und Sportvereine befürchteten, dass wie schon in der Corona-Pandemie wieder die Kinder und Jugendlichen die Haupt-Leidtragenden der Energiekrise würden.
In der Beschlussvorlage für die Ratssitzung sind nun folgende Maßnahmen konkret vorgeschlagen:
- Im Rathaus wird eine Etage oder ein Block geschlossen. Die Raumtemperatur in den anderen Bereichen ist um 1 Grad gesenkt. Einsparung im Vergleich zum Normalbetrieb: 28 Prozent
- Die Raumtemperatur im Hallenbad ist um 2 Grad gesenkt. Das hat die Stadt laut Kravanja bereits getan. Es bleibt nach Weihnachten vier Wochen geschlossen. Einsparung: 25 Prozent
- Die Raumtemperatur in Stadthalle und Europahalle ist bei Veranstaltungen um 1 Grad im Vergleich zum Standard gesenkt. Einsparung: 10 Prozent
- 1 Grad gilt auch für Schulen, Jugendzentren und Feuerwehrhäuser. Einsparung: 8 bis 10 Prozent.
- Die Temperatur in (städtischen) Kitas um 1 Grad zu senken, brächte 6 Prozent Einsparung. Das ist laut Bürgermeister Kravanja aber aktuell nicht geplant.

Hinzu kommen Einsparungen in den 25 Sport- und Turnhallen. Dazu gibt es einen komplexen Plan. Ziel ist es, allein hier von 2 Millionen kWh Erdgas im Jahr 775.000 kWh einzusparen.
Die Mehrfach-Hallen der Gesamtschulen und des Adalbert-Stifter-Gymnasiums werden auf 17 Grad beheizt, was einer Absenkung um 2 Grad entspricht. Das sei DIN-gerecht, schreibt die Stadt. Man trage der Mehrfachbelegung durch Schul-, Vereins- und Meisterschaftsbetrieb Rechnung. Dauerhaft 17 Grad gelten auch für die Hallen Am Busch, an der Wilhelmschule, die Sporthalle 2 der Fridtjof-Nansen Realschule und die Halle der Grundschule Am Hügel.
Die anderen 18 Hallen werden je eine Woche auf 17 Grad, in der anderen Woche nur noch auf 10 Grad beheizt. Die Stadt stellt den Vereinen frei, sie auch in der Kältewoche zu nutzen. „Mit dieser Regelung kann sowohl der Schul- und der Vereinssportbetrieb mindestens in einem 14-tägigen Rhythmus stattfinden“, heißt es in der Vorlage.
So viel Energie wird gespart
Das führt laut städtischen Berechnungen zu 17,83 Prozent Einsparungen. Die Maßnahmen im Rathaus und bei den Hallen seien sofort umzusetzen. Das Hallenbad wäre von Weihnachten bis zum 23.1.2023 geschlossen. Die Turnhallen wechseln am 19.12. in den Spar-Betrieb, sofern sie nicht ohnehin in den Ferien geschlossen sind.
Gleichzeitig lobt der Rat einen Energiepreis für Schulen und Kindergärten aus, um Einsparmaßnahmen zu prämieren und bei der Umsetzung zu unterstützen. Die Verwaltung informiere dann die Kommunalpolitik in monatlichen Abständen, bis sich die Gasmangellage entspannt habe bzw. aufhebt. Sollten sich Einsparungen unter 15 Prozent ergeben oder die allgemeine bundespolitische Gaslage Maßnahmen erfordern, werde die Politik weitere Schritte beraten. Spätestens zur Ratssitzung am 16.02.2023 soll eine Evaluation der Maßnahmen erfolgen.
„Wir wissen um die Situation“
„Wir machen das nicht, um irgendwem wehzutun“, sagte Bürgermeister Rajko Kravanja am Dienstag in einem Interview mit unserer Redaktion. „Im Gegenteil, wir wissen um die Situation nach Corona, dass Sport und Schwimmen wichtig sind. Gleichzeitig haben wir aber die Energiekrise, die uns dazu zwingt, Maßnahmen vorzuschlagen.“
20 Prozent gehe nur mit einschneidenden Maßnahmen. Man habe sich alle Verbraucher angeschaut: Rathaus, Schulen, Hallenbad und Sporthallen. Dann habe man nun dieses Paket auf den Tisch gelegt. Der Rat werde entscheiden.
Die DLRG-Kreisgruppe Castrop-Rauxel, die schon Eltern und Kinder zu einer Demonstration aktivieren wollte, sagt nun: „Eine dreiwöchige Schließung wäre vollkommen akzeptabel. Wäre das so im Vorfeld kommuniziert worden, hätten wir ganz sicher nicht unsere gesamten Mitglieder mobilisiert und zur Teilnahme an der Ratssitzung aufgerufen. Da hätten wir uns nicht einmal bei der Stadt beschwert.“
Geschäftsführer Michael Trösken am Dienstag: „Wenn das unser Beitrag zum Energiesparen ist, dann sind wir gerne dabei, passen unsere Kursplanung für 2023 an und sind zufrieden, dass wir weiter Schwimm- und Rettungsschwimmausbildung machen können.“
Am Donnerstag (24.11., 17 Uhr, Ratssaal) berät und beschließt der Stadtrat. Nach der interfraktionellen Runde am Montagabend ist eine Zustimmung wahrscheinlich.
Im großen RN-Interview: Kravanja über die Energiespar-Maßnahmen auf rn.de/castrop
Widerstand gegen Hallenbadschließung in Castrop-Rauxel: Vereine rufen auf zu Protest im Ratssaal
Reaktionen auf Einsparmaßnahmen in Castrop-Rauxel: „Für Kinder ist das eine Katastrophe“
Stadt schlägt einschneidende Maßnahmen vor: Hallenbad soll zum Energiesparen zu bleiben