Baustelle in Castrop-Rauxel setzt Einzelhandel zu „Es geht um meine Existenz“

Von Maurice Prior, Von Jona Pasquale
„Es geht um die Existenz“: Baustelle bringt Einzelhändler in Bedrängnis
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Der Ärger war programmiert: Die Sperrung der Straße Am Markt stellt den Einzelhandel weiter vor Probleme. Mit der Baumaßnahme will die Stadt das Kopfsteinpflaster auf dem Weg in die Altstadt mit Fördermitteln des Bundes barrierefrei und altersgerecht machen. Der Inhaberin des Bettenstudios Rega Prestige machen die Folgen dieser Baustelle zu schaffen.

Sie fasst die Lage im Gespräch mit unserer Redaktion konsterniert zusammen: „Es geht um meine Existenz.“ Sie habe seit dem Start der Baumaßnahmen enorme finanzielle Einbußen hinnehmen müssen. „Im November habe ich bisher 30.000 Euro Verlust gemacht“, sagt die Geschäftsfrau.

Zurzeit beschäftigt sie sieben Mitarbeiter, einige davon in Teilzeit. Besonders ihre Fahrer könne sie aktuell kaum beschäftigen: Denn das Bettenstudio könnte seit dem Start der Baustelle weder An- noch Ausliefern. Das liegt vor allem an der Fußgängerampel, die am Biesenkamp eingerichtet wurde.

Das Foto zeigt die vorübergehend eingerichtete Fußgängerampel in der Straße Am Biesenkamp.
Die Fußgängerampel steht genau dort, wo Gabriela Reffelmann sonst ihren Transporter parken konnte, um schwere und größere Waren ein- und auszuladen. © Luca Füllgraf

Die provisorisch eingerichtete Ampel steht seit Anfang November direkt in der Mitte einer etwa vier Meter langen Parkbucht. Dort ist ein Halteverbot eingerichtet worden, um die Überquerung der Fußgängerampel zu erleichtern. Diesen Parkplatz hatte Gabriela Reffelmann zuvor immer genutzt, um von dort Waren aus dem Geschäft heraus oder ins Geschäft hinein zu verladen. „Wie soll ich das jetzt machen, wenn ich Betten oder andere Waren an die Kunden liefern will? Es ist einfach unmöglich“, sagt Reffelmann.

Gabriela Reffelmann steht neben einem der Transporter des Bettenstudios "Rega Prestige".
Gabriela Reffelmann ist darauf angewiesen, ihren Transporter vom Bettenstudio „Rega Prestige“ in der Nähe des Geschäfts am Biesenkamp zu parken. © Patricia Böcking

Alleingelassen von der Stadt

Besonders enttäuscht zeigt sie sich von der Stadt. Sie fühlte sich weder einbezogen noch vorgewarnt. Nach ihrer Erzählung seien zwei Männer, die sich als Baustellenarbeiter vorstellten, circa zwei Wochen vor Baustellenbeginn in ihren Laden gekommen und hätten einem ihrer Beschäftigten gesagt, dass hier „demnächst eine Baustelle entstehen würde“. Wann oder wie genau der Umbau beginnen sollte, habe die Stadt ihr zu keinem Zeitpunkt mitgeteilt.

So glaubte Reffelmann noch am Tag vor der Baustelle daran, morgen wie gewohnt ihre Lieferungen annehmen zu können. Ein Irrtum, wie sich herausstellte. Die Lieferung konnte nicht zugestellt werden, weil der Lieferwagen nirgends halten konnte. Die Ware ging zurück, fehlte im Geschäft und die Fahrer fuhren und verluden umsonst.

Auf Anfrage unserer Redaktion erkennt die Stadt Handlungsbedarf. EUV Stadtbetrieb und Ordnungsamt hätten sich am Freitag (17.11.2023) nochmal abgestimmt und vereinbart, „dass dem Bettenstudio für die Dauer der Baustelle der Seitenstreifen hinter der Ampel als Ladezone zur Verfügung gestellt wird“. Dort gelte zwar absolutes Halteverbot, doch „die Politessen wissen Bescheid, dass nur das Bettenstudio dort Ladegeschäfte erledigen darf“, schreibt die Stadt auf unsere Anfrage.

Gabriela Reffelmann vor der Baustelle Am Markt.
Durch die Baumaßnahmen soll der Weg in die Altstadt barrierearm und altersgerecht umgebaut werden. Der falsche Zeitpunkt, findet Gabriela Reffelmann. © Maurice Prior

Auch der Zeitpunkt der Baumaßnahmen stört die Inhaberin gewaltig: Die Monate vor und um Weihnachten sind für den Einzelhandel und auch in ihrem Bettenstudio die ertragreichste Zeit des Jahres. Durch die Sperrung würden die Einzelhändler am verletzlichsten Punkt getroffen. Auch Vera Kopitetzki, die den Laden „Bääähm – Die Kinderschuhprofis“ direkt gegenüber betreibt, hält den Zeitpunkt der Arbeiten für fatal. Sie spricht von einem „Schlag ins Gesicht der Gewerbetreibenden“.

Verheerende Parkplatzsituation

Ist der Schlag für Gabriela Reffelmann sogar so schwer, dass ihr Geschäft sich davon nicht erholt? „Ich sage ganz klar: Wenn für das Problem mit der Ampel keine Lösung gefunden wird, kann ich meinen Laden hier Ende des Jahres dicht machen.“

Ob die Änderungen der Stadt weiterhelfen: abwarten. Auch die Beratung vor Ort müsse immer öfter ausfallen, da die Parkplatz-Situation auch ohne Baustelle schon katastrophal sei. „Die Leute fahren hier zwei bis drei Mal um den Block, während es regnet, und finden keinen Parkplatz in der Nähe“, erklärt die aufgebrachte Inhaberin.

Dabei sei Beratung vor Ort eine der Hauptdienstleistungen, die das Bettenstudio anbietet, und die wichtigste – gerade im Vergleich zum sonst für viele entspannteren Online-Kauf. „Dann ist es auch kein Wunder, dass die Kunden lieber im Internet bestellen“, so Reffelmann.

Zu sehen ist die Baustelle in der Straße Am Markt in Castrop-Rauxel.
Die Baustelle Am Markt wurde am 9. November 2023 eingerichtet. Bis Weihnachten wollen sie fertig sein. © Tobias Weckenbrock

Die Stadt gibt an, am Freitag auch die Halteverbotsbeschilderung geändert zu haben, wie eine Sprecherin auf unsere Anfrage hin mitteilt: „Da die ausführende Tiefbaufirma den Bereich nicht mehr zum Rangieren benötigt, kann nun komplett auf das Haltverbot auf dem Seitenstreifen am Biesenkamp 6 verzichtet werden.“ Ein weiterer gesperrter Parkplatz in Fahrtrichtung links hinter der Ampel werde ebenfalls wieder freigegeben. Damit seien an der Stelle vier von sechs für Haltverbote in Anspruch genommene Parkplätze wieder frei zum Parken.

Hinweis der Redaktion: Dieser Artikel erschien ursprünglich am 20. November 2023.

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