
© Klaus Michael Lehmann
Die Wiederbelebung des Rennbahnvereins von 1874 ist verschoben
Rennbahnverein
Bürgermeister Rajko Kravanja will den Rennverein von 1874 neu beleben. Startschuss für die Wiederbegründung des nie aufgelösten Vereins sollte der 26. März sein. Doch daraus wird nichts.
Der Rennverein von 1874 lebt. Doch die Wiederbelebung muss noch etwas warten: „Die Einladung für nächsten Dienstag ist gestrichen“, sagte Bürgermeister Rajko Kravanja in der vergangenen Woche gegenüber unserer Redaktion. Er rudere damit zwar ein bisschen zurück, aber nach dem Motto aufgeschoben, nicht aufgehoben: Das erst für den 26. März geplante Treffen soll nach den Sommerferien stattfinden.
Mehr Zeit für die Vorbereitung
Was ist der Grund? „Es gab so viele tolle Anregungen und Nachfragen, wir brauchen einfach noch mehr Zeit in der Vorbereitung“, sagte Kravanja. Die Fragen danach, was man genau machen wolle und wie man die Pläne umsetzen könne, seien noch nicht weit genug beantwortet. Dabei geht es nicht nur um das genaue Verfahren Wiedergründung des eingeschlafenen Vereins aus den 1870er-Jahren, sondern auch um die Frage, wer in welcher Art mitwirken kann und was der Verein dann genau plant.
Erinnerungen haben viele Castrop-Rauxeler an die Rennbahn. So wie der Schweriner Gerhard Gönnewicht. Vieles hat er von seinen Eltern übernommen, wie die Eintrittskarte für den Sattelplatz zum Rennen 1961. 2,50 D-Mark hat die gekostet. Nicht wenig für die 60er-Jahre. „Wenn Rennen waren, sind meine Eltern hingegangen“, sagt Gönnewicht. Vom Kiefernweg aus hatten sie es nicht weit, quasi nur einmal den Berg hinunter. Die Eintrittskarte ist noch gut erhalten. Jahrzehntelang wurde sie in einem Album aufbewahrt. Erst von Gönnewichts Eltern, jetzt von Gerhard Gönnewicht selbst.

Die Eintrittskarte zur Rennbahn 1961 hat Gerhard Gönnewicht von seinen Eltern. © Ann-Kathrin Gumpert
Gerhard Gönnewicht hat auch eine persönliche Beziehung zur Rennbahn. Zehn Jahre lang hat er mit seiner Familie direkt an der Rennbahn gewohnt. Von der Wohnung an der Dortmunder Straße hatte er aus dem zweiten Stock einen wunderbaren Blick. „Wenn es geschneit hat, war dort Hochbetrieb. Die Kinder sind dort Schlittengefahren.“ Auch sein Sohn sei dabei gewesen - im Sommer wie im Winter. „Er hat viel Zeit auf der Rennbahn verbracht. Er musste ja nur einmal über die Straße“, sagt Gönnewicht.

Gerhard Gönnewicht hat eine Rennbahn-Eintrittskarte von 1961 in seinem Album. © Ann-Kathrin Gumpert
Und auch an die Pferderenn-Kneipe von Fritz Brill erinnert er sich noch. „Der war ein Pferdenarr. Da hingen überall Fotos von Pferden“, so Gönnewicht. Vor allem seine Chefs bei der Post seien dort damals regelmäßig zu Besuch gewesen. Die Kneipe sei aber in der ganzen Stadt bekannt gewesen.
Gönnewicht selbst hatte mit Pferdesport nicht viel am Hut. „Ich habe lieber Fußball gespielt“, sagt der 73-Jährige, der lange für Arminia Ickern auflief. Nach dem Ende der Rennbahn seien viele Castrop-Rauxeler nach Recklinghausen-Süd gefahren. Die Trabrennbahn dort sei aber vor allem bei „Zockern“ zum Wetten beliebt gewesen.
Sparkasse als Sponsor?
Die Stadt hat mittlerweile auch die Sparkasse als Geldgeber ins Gespräch gebracht. Auch die Aussage, dass es keine Pferderennen mehr geben werde, sei vielleicht in dieser Absolutheit nicht zu halten, so Kravanja.
Einer, der viele Rennen auf der Hindernislaufbahn gesehen hat, ist Klaus-Michael Lehmann. Der Industriefotograf hat in seiner Freizeit in den 60er-Jahren viele Rennen fotografiert und damit ein Stück Stadtgeschichte dokumentiert. „Wenn die Pferde kamen, waren viele meiner Kollegen weg“, sagt Lehmann. „Da bebte die Erde. Ich fand das aber interessanter als Trabrennen.“

Franz Dondrup schickte uns das Bild von der Rennbahn um 1963. Er war dort beruflich vor Ort. © Franz Dondrup
Und nicht immer hätten die Pferde sich an den vorgegebenen Naturhindernis-Parcours gehalten. „Ich kann mich an ein Rennen erinnern, bei dem der Letzte gewonnen hat, weil er der einzige war, der im Parcours geblieben ist“, sagt Lehmann. Wenn ein Pferd falsch lief, liefen die anderen hinterher.
Vor dem Zweiten Weltkrieg seien die Castroper Rennen ein Zuschauermagnet gewesen. Bis zu 20.000 Menschen hätten daran teilgenommen. Dafür wurden sogar Sonderzüge aus den umliegenden Städten eingesetzt. Denn nicht nur Castrop-Rauxeler wollten die spektakulären Rennen sehen. Zum Vergleich: Zum 97. und letzten Rennen am 28. Juni 1970 kamen nur noch 421 zahlende Zuschauer.

Schon 1885 gab es Sonderzüge zu den Castroper Pferderennen, wie dieses Schild zeigt. © Klaus-Michael Lehmann
Auch noch nach dem Krieg waren die Rennen beliebt. „Die Leute waren froh, wenn etwas los war und sie hingehen konnten“, sagt Klaus-Michael Lehmann. Erst der Fernseher habe vieles kaputt gemacht. „Der Mensch neigt halt zur Bequemlichkeit.“ Und so waren es auch die sinkenden Zuschauerzahlen, die für den Untergang der Castroper Rennen gesorgt haben.
Die Einladungen zur Wiederbelebung des Vereins, die noch in der Woche an einige Teilnehmer herausgingen, werden zurückgezogen. „Wir laden nach den Sommerferien neu ein“, so Rajko Kravanja.
Geschichtskreis beteiligt sich
Fest steht, dass der Geschichtskreis, der sich jeden Mittwoch als Zusammenkunft ehrenamtlicher Freunde der Stadtgeschichte im Rathaus trifft, schon an einer historischen Aufarbeitung des Renngeschehens von einst arbeitet.
Gehört zur Generation „Ich mach was mit Medien“. War schon als Kind Fan von der rasenden Reporterin Karla Kolumna. Nach der Ausbildung zur Medienkauffrau und dem Journalistik-Studium im Ruhrgebiet „hängen geblieben“. Vorher in Düsseldorf zu Hause, jetzt schon fast echte Bochumerin.

Gebürtiger Münsterländer, Jahrgang 1979. Redakteur bei Lensing Media seit 2007. Fußballfreund und fasziniert von den Entwicklungen in der Medienwelt seit dem Jahrtausendwechsel.
