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Detail-Analyse: AfD verliert, aber schlägt die CDU gleich mehrfach
Bundestagswahl 2021
Einer der Verlierer der Bundestagswahl ist die AfD. In Castrop-Rauxel kam sie auf 2,5 Prozentpunkte weniger als vor vier Jahren. Und doch schlug sie mancherorts die Grünen – und sogar die CDU.
Ob Steffen Christ im Jahr 2017 oder Lutz Wagner im Jahr 2021: Die Direktkandidaten der AfD haben in Castrop-Rauxel ein Wählerpotenzial von rund 10 Prozent. Nach den 11 Prozent, die Christ 2017 holte, erreichte Wagner nun 9,3 Prozent. Bei den Zweitstimmen verlor die „Alternative für Deutschland“, die 2017 11,8 Prozent der Stimmen eingefahren hatte, um 2,5 Prozentpunkte auf nun 9,3 Prozent.
In Castrop-Rauxel reicht das hinter SPD, CDU, Grünen und FDP nur zu Platz fünf: 3755 Stimmen sind genau vier weniger als die Zahl der Stimmen für die FDP. Grüne (4591 Stimmen), CDU (8990) und SPD (15.034) liegen deutlich weiter vorn. Die Linkspartei mit 1356 Stimmen deutlich dahinter.
Hier kam die AfD auf über 20 Prozent
Und doch gibt es Wahlbezirke, in denen die AfD auffiel. Mehr sogar noch als es Wahlbezirke gab, in denen die Grünen besonders stark waren. In zwei Wahllokalen fuhr der AfD-Direktkandidat Lutz Wagner Ergebnisse über 20 Prozent ein, an einer Stelle kam die AfD auch bei den Zweitstimmen über 20 Prozent.

Die Ergebnisse der einzelnen Wahllokale. © Lensing Media
Und da hat sich im Vergleich zu den vergangenen Wahlen bei der Detail-Analyse auf Wahllokal-Ebene nichts getan: Relativ gesehen hatte die AfD in der Erich-Kästner-Grundschule in Habinghorst die meisten Wähler. Fast jeder Vierte der etwas über 400 Menschen, die im Wahlbezirk 9.2 ihre Stimme am Sonntag im Wahllokal abgaben, machte das Kreuzchen bei der Partei (23,1 Prozent), weit mehr als bei der CDU (15,1 Prozent).
Fast genauso hoch lag der Zweitstimmen-Anteil im Jugendzentrum Trafo in Ickern (Wahlkreis 5.2 / 19,9 Prozent), in der Martin-Luther-King-Schule in Rauxel (Wahlkreis 1.1 / 19,2 Prozent) und in der Marktschule in Ickern (Wahlkreis 2.2 / 18,9 Prozent). Lutz Wagner als Direktkandidat schaffte es auch in Rauxel (5.2 / 20,0 Prozent) noch auf die 20 vor dem Komma.
Briefwähler wählen deutlich weniger AfD
Interessantes Detail: Bei der Briefwahl schnitt die AfD deutlich schlechter ab. Hier erreichte sie kaum zweistellige Werte. Das könnte daran liegen, dass es unter AfD-Wählern verhältnismäßig viele Zweifler an der Glaubhaftigkeit dieser Stimmen gibt, da sie sie nicht eigenhändig in die Urnen werfen.

Im Wahllokal Martin-Luther-King-Schule schnitt die AfD stark ab. © Schroeter
Interessant auch: Weder den Grünen, die insgesamt deutlich vor der AfD lagen, noch der FDP gelang es, in einem der Wahlbezirke auf über 20 Prozent zu kommen. Das beste Grünen-Ergebnis waren 18,2 Prozent unter den Briefwählern, die zum Wahlbezirk rund um die Waldschule Rauxel zählen, und 16,7 Prozent in der Lindenschule Frohlinde.
Nur wenige CDU-Hochburgen
Nur dort, in Henrichenburg und in zwei großen Briefwahlbezirken kam die CDU über die 30-Prozent-Marke: 32,3 Prozent in Henrichenburg (Kolbe-Haus), 30,6 Prozent in Becklem (Kindergarten Kinderburg). 30,4 Prozent in der Lindenschule (23.2) und 30,3 Prozent in der Sekundarschule Süd (20.1) waren die besten Präsenzwahl-Werte für die Union, in Becklem lag Direktkandidat Michael Breilmann mit 36,9 Prozent sogar knapp vor Frank Schwabe (SPD).
Die größte Überraschung ist ein Wahlergebnis des Briefwahlbezirks 19.3, der zum Wahllokal Cottenburgschule (Schwerin) zählt: Unter den 1130 abgegebenen Stimmen kam die CDU auf 37,3 Prozent, Breilmann sogar auf 40,7 Prozent. Möglicherweise haben hier viele ältere Menschen aus Pflegeheimen per Briefwahl abgestimmt.
Gebürtiger Münsterländer, Jahrgang 1979. Redakteur bei Lensing Media seit 2007. Fußballfreund und fasziniert von den Entwicklungen in der Medienwelt seit dem Jahrtausendwechsel.
