Eine Mitarbeiterin auf dem Weg zum Haus in der Langen Straße, in dem alle Bewohner auf das Coronavirus getestet werden sollen. In ihrer Hand hält sie eine Tüte mit den für den Test notwendigen Röhrchen.

© Lukas Wittland

Dem Coronavirus auf der Spur: 200 Castrop-Rauxeler an einem Tag getestet

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Rund 200 Menschen in Castrop-Rauxeler Wohnkomplexen sind am Donnerstag auf Corona getestet worden. Am Ende eines langen Test-Tages überwiegt die Zufriedenheit. Das kann sich am Freitag ändern.

Castrop-Rauxel

, 01.05.2020, 04:30 Uhr / Lesedauer: 3 min

In zwei Wohnkomplexen an der Wittener Straße in Merklinde und der Langen Straße in Habinghorst leben um die 200 Menschen auf engem Raum. Schon in „normalen“ Zeiten ist das häufig keine einfache Situation, in Corona-Zeiten kann die räumliche Nähe dramatische Folgen haben.

Vor einigen Tagen wurden zwei Bewohner der Häuser an der Wittener Straße positiv auf Corona getestet. Wie die Stadt mitteilte, konnten Kontaktpersonen dieser Bewohner schnell ermittelt werden. Weitere Tests folgten und ergaben 13 weitere Corona-Infizierte.

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Das war der Moment, in dem Stadt und Kreis entschieden, auch alle übrigen Bewohner des Hauses auf Corona zu testen. Am Mittwochabend wurde das Haus unter Quarantäne gestellt.

Tester gehen in voller Schutzausrüstung in die Häuser

Am Donnerstag um 9 Uhr rücken die Tester des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) an – in voller Schutzausrüstung. Sie werden von einem Dolmetscher begleitet. Er ist vor Ort, weil die meisten Bewohner Rumänen und Bulgaren sind. Auch der Dolmetscher trägt einen weißen Ganzkörperanzug.

Auf dem Grundstück warten ein Sicherheitsdienst und Mitarbeiter der Stadtverwaltung. Auch Polizei ist vor Ort, die Beamten halten sich aber im Hintergrund.

Das Deutsche Rote Kreuz testete am Morgen die Bewohner eines Hauses an der Wittener Straße in Merklinde auf Corona.

Das Deutsche Rote Kreuz testete am Morgen die Bewohner eines Hauses an der Wittener Straße in Merklinde auf Corona. © Matthias Langrock

Wie Christoph Behrenspöhler, Leiter des DRK Castrop-Rauxel, erklärt, hat die Stadt dem DRK eine Liste mit den Namen der Bewohner der beiden Wohnkomplexe zur Verfügung gestellt. Alle 200 Teströhrchen seien vorbereitet und mit Namen versehen worden, um die Tests möglichst schnell über die Bühne zu bringen.

Das soll so ablaufen: Die beiden Mitarbeiter und der Dolmetscher gehen von Wohnungstür zu Wohnungstür, klingeln an und nehmen die Abstriche. Das dauere pro Person nur rund eine Minute, erläutert Behrenspöhler. Da ein Abstrich aus dem Rachenbereich genommen werde, sei der Test „unangenehm, aber nicht schmerzhaft“.

Zigaretten für die Menschen in Quarantäne

Wegen der positiven Corona-Fälle sind alle Bewohner verpflichtet, sich testen zu lassen. Wenn sich Menschen weigern, können die DRK-Mitarbeiter den Test aber nicht erzwingen. „Wir sind eine Hilfsorganisation und keine Ordnungsbehörde“, sagt Behrenspöhler. Die Stadt oder das Kreisgesundheitsamt müssten entscheiden, wie es mit denjenigen weitergehe, von denen kein Abstrich genommen werden kann.

Ob sich ein Bewohner weigert, weiß Behrenspöhler zu diesem Zeitpunkt am Donnerstagmorgen nicht. Der DRK-Chef ist selbst nicht vor Ort. Als seine Mitarbeiter nach knapp 100 Minuten abrücken, wirken alle entspannt. Der Dolmetscher flitzt im Auftrag eines Hausbewohners noch eben zum Kiosk, Zigaretten kaufen.

Die Abstriche in den Röhrchen werden nun per Kurier zu einem Labor nach Bad Salzuflen gefahren, das die Tests auswertet. Bereits am Freitagmittag sollen die Ergebnisse vorliegen.

Eine Familie könnte das Virus in ein zweites Haus geschleppt haben

Für die DRK-Leute und den Dolmetscher geht es derweil weiter zum zweiten Test-Ort. Die Bewohner der Häuser an der Langen Straße müssen getestet werden, weil eine sechsköpfige Familie aus dem Haus an der Wittener Straße dorthin gezogen ist, nachdem sich die ersten Bewohner in Merklinde mit dem Virus infiziert hatten. Es besteht deshalb das Risiko, dass die Familie das Virus nach Habinghorst geschleppt hat. Bis jetzt soll es aber in der Familie keine Corona-Erkrankung geben.

Ein Einsatzfahrzeug des Deutschen Roten Kreuzes und Mitarbeiter der Stadt stehen vor dem Gebäude in der Langen Straße.

Ein Einsatzfahrzeug des Deutschen Roten Kreuzes und Mitarbeiter der Stadt stehen vor dem Gebäude in der Langen Straße. © Lukas Wittland

An der Langen Straße läuft der Einsatz nach dem gleichen Muster. Da die Bewohner aber nicht unter Quarantäne stehen, können sie sich freier bewegen als in Merklinde. Einige wenige Bewohner stehen noch am Eingang des Hauses, andere schauen aus den Fenstern und von den Balkonen herunter.

Sechs Mitarbeiter des Ordnungsamtes stehen vor der Tür. Sie wirken ebenso entspannt wie die Polizisten im Streifenwagen. Gegen 11.30 Uhr betreten die Tester des DRK gemeinsam mit dem Dolmetscher das Haus. Mit einer Namensliste gehen sie durch die einzelnen Stockwerke und streichen jeden ab, den sie getestet haben. Da aber mehr Leute im Haus sind, als auf der Liste stehen, reichen die Teströhrchen nicht.

DRK-Mitarbeiter müssen Test-Nachschub holen

Nach zwei Stunden und drei von fünf Stockwerken müssen die Tester vom DRK Nachschub aus Recklinghausen holen. Die DRK-Mitarbeiter sind deshalb erst gegen 15.30 Uhr mit den Tests fertig. Zu diesem Zeitpunkt steht auch nur noch ein Mitarbeiter der Stadt vor der Tür.

Mit Schutzkleidung betraten zwei Mitarbeiter des DRK und ein Dolmetscher das Haus an der Langen Straße, um mit den Tests zu beginnen.

Mit Schutzkleidung betreten zwei Mitarbeiter des DRK und ein Dolmetscher das Haus an der Langen Straße, um mit den Tests zu beginnen. © Lukas Wittland

Circa 150 Tests hätten sie an der Langen Straßen durchgeführt, den Tests habe sich niemand verweigert, sagt Gerrit Niemhues, einer der beiden Tester des DRK. „Im Haus hat eine entspannte Atmosphäre geherrscht. Alle haben gut mitgemacht, waren offen und nett“, sagt er.

Auch Behrenspöhler und die Stadt teilen diesen Eindruck, lassen sie nach der Aktion wissen. Von der Stadt heißt es: „Die Bewohner waren kooperativ und entgegenkommend.“ Bürgermeister Rajko Kravanja sagt in der Ratssitzung am Abend: „Fast alle haben sich testen lassen. Auch die, die zu Besuch waren.“

Test-Ergebnisse werden am Freitag erwartet

Niemhues und seine Kollegin Chiara Bischoff haben ihren Dienst an diesem Morgen um 8 Uhr begonnen. Niemhues desinfiziert gründlich Hände und Arme, nachdem die beiden mit den Tests an der Langen Straße durch sind. Bischoff zieht den weißen Overall aus. „Es ist schon ätzend warm, zwei Stunden unter diesen Dingern zu stecken“, sagt sie.

Die Arbeit ist für die beiden mit dem reinen Testen aber noch nicht erledigt. In großen blauen Müllbeutel liegen die Tests im Einsatzfahrzeug. Die müssen sie jetzt noch codieren, damit das Labor damit arbeiten kann. Das dauere noch mal etwa zwei oder drei Stunden, schätzt Niemhues. Dennoch: Auch die Tests aus der Langen Straße sollen bereits am Freitag in Bad Salzuflen ausgewertet werden. Wie es dann weitergeht, wird der Krisenstab aus Kreis und Stadt erst dann beschließen können.