
© Marian von Hatzfeld
Gemischte Gefühle bei Supermarkt-Kunden über neue „Corona-Maßnahmen“
Supermärkte
Im Netz beschweren sich Kunden, dass man vielerorts nur noch mit einem Einkaufswagen den Supermarkt betreten darf - vor den Märkten selbst herrschen in Castrop-Rauxel gemischte Gefühle.
Viele Supermärkte in Nordrhein-Westfalen haben in der Corona-Krise eine Einkaufswagen-Pflicht eingeführt. Sie hilft den Supermärkten beim Zählen der Kunden und den Kunden, im Laden Abstand zu halten. In Castrop-Rauxel gibt es die Pflicht nur in einigen Supermarkt-Filialen.
Unter anderem im Lidl an der Siemensstraße. Ein Mitarbeiter kontrolliert am Eingang, ob alle Kunden einen Einkaufswagen haben. Alle anderen kommen nicht rein. Damit seien nicht alle Kunden glücklich. Es gebe auch des Öfteren Leute, die sich weigern würden, mit Wagen einkaufen zu gehen. „Die gehen dann wieder“, sagt der Mitarbeiter.
„Kann kein Mensch von mir verlangen“
Er versuche, die Wägen nach jedem Einkauf eines Kunden zu desinfizieren. Aber das könne nicht bei allen Wagen klappen. Tatsächlich ist der Andrang an der Filiale bei unserem Besuch am Donnerstag (2.4.) ziemlich groß. Die Kunden stehen Schlange.

Ein Lidl-Angestellter versucht, möglichst alle Einkaufswagen nach Benutzung zu desinfizieren. © Marian von Hatzfeld
Auch ein paar Hundert Meter weiter am Aldi an der Wartburgstraße herrscht Einkaufswagen-Pflicht. Ein älterer Herr möchte ohne Einkaufswagen herein, um kurz Margarine zu kaufen, wird aber von dem Personal am Eingang weggeschickt.
Der Herr akzeptiert das. Er findet die Maßnahme gut und fühlt sich dadurch sicherer. „Hoffentlich ist das Ganze bald vorbei“, fügt er hinzu.
Aldi verteilt Handschuhe - aber erst, nachdem der Wagen geholt wurde
Eine junge Kundin sieht das anders: „Hier sind überall Bakterien dran und jeder muss den Wagen haben, lächerlich“, sagt die Dame, die darauf verweist, beruflich als Pflegekraft tätig zu sein. Desinfiziert werden die Wagen der Filiale nicht, es werden jedoch Einweghandschuhe verteilt – allerdings an diesem Donnerstagnachmittag erst am Eingang, wenn alle Kunden den Einkaufswagen bereits geholt und berührt haben.
Einige Kunden denken jedoch mit und bringen ihre eigenen Handschuhe mit oder desinfizieren die Griffe selbst. So auch Alice Cudzilo, die mit ihrer kleinen Tochter einkaufen geht. „Ich finde die Maßnahmen gar nicht schlimm, die Sicherheit geht vor“, sagt Cudzilo. Trotzdem wolle Cudzilo die „Einkäufe lieber schnell“ hinter sich bringen, weil „die Kleine natürlich alles antatschen muss“, sagt die Mutter und lacht.
Maßnahmen „völlig angebracht“
Eine Castroperin geht am Donnerstag sogar in beiden Filialen (Aldi, Lidl) einkaufen. „Das ist meine wöchentliche Tour“, erzählt Regina Ziemek, auf dem Parkplatz vom Lidl. Sie findet, die Maßnahmen „geben eine gewisse Sicherheit und sind völlig angebracht“.
Die Regelung, dass Handschuhe beim Aldi erst nach Holen des Wagens verteilt werden, kann sie auch nicht komplett nachvollziehen. „Da müsste eigentlich jemand an den Wagen stehen“, findet Ziemek. Trotz manch kritischer Stimmen können viele Castrop-Rauxeler die Pflicht aber nachvollziehen.
Auch Aldi reagiert auf Anfrage unserer Redaktion auf die Kritik: „Selbstverständlich werden die Handschuhe vorab ausgegeben. Sollte es in einem Fall nicht so abgelaufen sein, ist das ein bedauerlicher Irrtum, für den wir uns entschuldigen.“ Um den Prozess für die Kunden zu vereinfachen, haben man beschlossen, künftig Einweghandschuhe direkt am Stellplatz für die Einkaufswagen zu platzieren, sodass sich dort jeder bedienen könne.
Der Hauptübertragungsweg ist der direkte Kontakt mit Infizierten
Prof. Dr. Jörg Timm, Leiter des Instituts für Virologie an der Universität Düsseldorf, kann die Angst, die Griffe anzufassen, ein wenig entschärfen: „Die bisherigen Erkenntnisse zeigen, dass der Hauptübertragungsweg der direkte Kontakt mit infizierten Personen ist.“
Grundsätzlich seien die Griffe von Einkaufswagen aber eine Kontaktfläche, auf der Viren haften blieben, wenn sich etwa jemand in die Hand huste und danach den Griff anfasse. „Die Griffe regelmäßig zu reinigen ist deshalb sinnvoll und kann das Infektionsrisiko minimieren“, sagt Timm.
Das Coronavirus wird vor allem per Tröpfcheninfektion von Mensch zu Mensch übertragen. Es gibt noch keine gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnisse, wie lange sich das Virus auf bestimmten Oberflächen hält und infektiös bleibt. Grundsätzlich gilt deshalb: Wer draußen unterwegs ist und etwa öffentliche Verkehrsmittel nutzt oder einkaufen geht, sollte sich nicht ins Gesicht fassen und nachher zu Hause gründlich die Hände waschen.