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Corona-Impfung in der Kirche: Modellprojekt startet in Castrop-Rauxel
Coronavirus
Dieses Modellprojekt ist bundesweit einmalig: Kommende Woche sollen sich Castrop-Rauxeler in einer Kirche gegen Corona impfen lassen können. Das hat ganz praktische Gründe.
Können wir die St.-Antonius-Kirche als Impfzentrum nutzen? Im ersten Moment sei die Anfrage der Praxis von Dr. Holger Knapp und Dr. Matthias Jasper schon ungewöhnlich gewesen, erzählt Bernhard Dlugosch, Pastor* in der Pfarrei Corpus Christi. „Einen kurzen Moment haben wir dann überlegt, dass die Idee nicht schlecht ist, und zugesagt.“
Die Kirche sei ideal, um darin viele Menschen zu impfen: „Es ist ein großes Gebäude, da ist viel Luft und die Menschen können in den Bänken gut warten. Die Plätze sind sowieso schon mit Corona-Abstand ausgewiesen.“
Das Kirchengebäude nicht nur für Gottesdienste zu nutzen, ist für Pastor Dlugosch völlig in Ordnung: „Auch Jesus hat sich für Kranke eingesetzt und am Sabbat jemanden geheilt.“ In solchen Momenten müsse es Priorität haben, sich um Kranke oder Ältere zu kümmern.
Initiator der „Impfkirche“ ist der Castrop-Rauxeler Hausarzt Holger Knapp: „Wir sind hier bei uns in der Praxis einfach an Kapazitätsgrenzen gestoßen. Die Leute müssen nach der Impfung ja immer 15 Minuten warten. Dafür muss man erst mal Platz haben. Den haben wir in der Praxis einfach nicht.“ Auf der Suche nach Räumlichkeiten, in denen geimpft werden kann, seien er und sein Kollege Matthias Jasper dann auf die St.-Antonius-Kirche in Ickern am Marktplatz direkt gegenüber gekommen.
Impfkirche startet am 19. Mai
Holger Knapp: „Es soll zwei Impfstraßen geben und in den Bänken können die Menschen warten. Die Kirche stellt praktisch das ideale Impfzentrum dar und momentan ist da ja auch nicht so viel los.“ Erst mal werde man nur mittwochs in der Kirche impfen. Am 19. Mai hat das ungewöhnliche Impfzentrum Premiere.
Der Impfbetrieb startet schon vormittags parallel zu den Sprechstunden der Praxis. Das Castrop-Rauxeler Modellprojekt der Impfkirche ist das erste seiner Art in ganz Deutschland. In anderen Teilen der Welt ist das Impfen in der Kirche nichts Ungewöhnliches mehr. In amerikanischen Kirchen oder auch in der Westminster Abbey in London können sich Menschen schon länger impfen lassen.
Einfach so vorbeikommen und eine Impfung abholen kann man allerdings nicht. Holger Knapp betont: „Es handelt sich nicht um eine öffentliche Impfaktion. Man benötigt ganz normal einen Termin zur Impfung, wie in der Praxis auch.“ Zu Beginn werde man wahrscheinlich vorwiegend den Impfstoff von Astrazeneca verimpfen. „Das ist einfach der, der aktuell besser zu haben ist. Biontech ist ja immer noch sehr eingeschränkt verfügbar und darf nur nach der Priorisierung vergeben werden.“
Nachdem der Impfstoff von Astrazeneca am Freitag für alle Altersgruppen freigegeben wurde, war der Andrang in den Arztpraxen groß. Auch jetzt melden sich in der Praxis von Holger Knapp und Matthias Jasper viele, die sich nach der Freigabe impfen lassen wollen: „Das Telefon steht bei uns nicht still.“
Mögliches Vorbild für andere Ärzte
Sollte das Konzept der Impfung in der Kirche gut funktionieren, hätte Pastor Bernhard Dlugosch kein Problem damit, andere Kirchengebäude der Pfarrei Corpus Christi wie in Habinghorst (St. Josef) oder Rauxel (Herz Jesu) für Ärzte zu öffnen. „Es sollte nichts dagegen sprechen, auch andere Kirchen bereitzustellen, besonders da wir überall ein paar Gottesdienste weniger haben.“ Um den Aufenthalt im ungewöhnlichen Impfzentrum annehmlicher zu gestalten, soll es während der Impfzeiten übrigens Orgelmusik geben.
*In der ursprünglichen Version des Textes haben wir Bernhard Dlugosch als Gemeindepfarrer bezeichnet. Er ist jedoch Pastor. Pfarrer der Gemeinde ist seit 2015 Zbigniew Szarata.
Jahrgang 2000. Ist freiwillig nach Castrop-Rauxel gezogen und verteidigt ihre Wahlheimat gegen jeden, der Witze über den Stadtnamen macht. Überzeugte Europäerin mit einem Faible für Barockmusik, Politik und spannende Geschichten.
