Wenn von Clubsesseln geredet oder geschrieben wird, entstehen bei den meisten Menschen Bilder im Kopf von Räumen in einem uralten Londoner Herrenclub, in dem genauso uralte Gentlemen im dicksten Zigarrenrauch in tiefen, weichen Ledersesseln beieinander hocken und mit gedämpften Stimmen Unterhaltungen führen über die gute alte Zeit, als Britannien noch die Welt regierte.
Aus diesen Clubs stammt denn auch tatsächlich der Name der bequemen Möbelstücke, in denen man auch heute noch die derzeit dunkle und zutiefst triste Wirklichkeit vergessen kann, wenn man sich nur tief genug einkuschelt in das Sitzmöbel, das Weltruhm erlangte.

Zu einer Zeit übrigens, als das britische Weltreich in großen Teilen schon längst Geschichte war, auch wenn es manch Club-Veteran jenseits des Kanals nicht wahrhaben wollte. Der Clubsessel ist nämlich ein typischer Vertreter der Zwischenkriegszeit, wurde gerade vom in den 1930er-Jahren gefeierten französische Art-Déco-Designer Jean-Michel Frank populär gemacht und etablierte sich bis zum Zweiten Weltkrieg in den vornehmeren Clubs und dann auch in den Wohnräumen der Besserverdienenden.
Der Sessel war dabei fast immer geprägt durch seine streng geometrischen oder üppig runden Formen, mit hohen Armlehnen und bezogen mit dicken, weichen und zumeist in satten Brauntönen gehaltenen Ledervarianten. Nur vereinzelt wagten Designer in der Zeit, aus diesem Muster auszubrechen.
Dann aber richtig. Etwa der Bauhaus-Architekt und -Designer Marcel Breuer, der in den 20er-Jahren mit dem Sessel „S 35 R“ und „B3“ Gegenentwürfe wagte. Statt dicker Polster zeichnen diesen Sessel ein für Breuer typisches feines Stahlrohrgestell und ein Korbgeflecht aus. Wobei der B3 erst weit nach dem nächsten Krieg als „Wassily“ zum Ruhm kam, den er nie einbüßte.
Nach dem Zweiten Weltkrieg entwarfen dann die amerikanischen Star-Designer Ray und Charles Eames 1956 eine weitere moderne Variante des klassischen Clubsessels. Der „Lounge Chair“ ist bis in unsere Tages unglaublich zeitgemäß geblieben mit seiner Sitzschale aus edlem Holz und den in vielen Varianten erhältlichen Lederbezügen auf einem verchromten Drehgestell. Einer der Design-Klassiker der Möbelwelt schlechthin.
Rund um die Jahrtausendwende feierten die Clubsessel generell ein viel beachtetes Comeback in der Möbelbranche. Und werden längst nicht mehr nur mit Lederbezügen angeboten, sondern auch mit vielerlei modischen Flachgeweben, mit Hightech-Materialien oder satten Plüsch-Samt-Polsterungen. Hauptsache bequem.
In den „Wohn(t)räumen“ befasst sich Thomas Schroeter regelmäßig auf sehr persönliche Art mit dem Wohnen. Da kann es um neue Trends gehen, um Wohnphilosophien, um Bauärger oder Küchendeko. Einfach um alles, was das Wohnen im Alltag ausmacht.
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