Der Castrop-Rauxeler Fleischermeister Christoph Grabowski gibt Tipps für einen bewussteren Einkauf. © Grabowski
Lebensmittelindustrie
Vier Tipps für einen bewussten Einkauf von Fleischermeister Grabowski
Christoph Grabowski ist Fleischermeister aus Castrop-Rauxel. Er ist Buchautor und Kenner der Lebensmittelbranche. Angesichts der aktuellen Skandale findet er klare Worte und gibt Einkaufs-Tipps.
Das Interview mit Christoph Grabowski haben wir zuerst am 9.7.2020 anlässlich der Fleisch-Skandale bei Tönnies veröffentlicht. Nachdem in Werne Fälle brutalste Tierquälerei in einer Tiersammelstelle bekannt wurden, haben wir uns entschieden, den Text aus aktuellem Anlass nochmals zu veröffentlichen.
Der Fleischermeister und Fleisch-Sommelier Christoph Grabowski aus Castrop-Rauxel gerät geradezu in Rage, wenn man ihn nach der aktuellen Lage an den Fleischtheken im Land fragt. „Wir haben viel zu viel Verkaufsfläche bei den Supermärkten und Discountern“, erklärt er. Durch das Überangebot entstehe ein ruinöser Wettkampf, der über den Preis ausgetragen werde.
Grabowski rät, bewusster einzukaufen und gibt vier Ratschläge für den nächsten Einkauf mit auf den Weg.
1. Weniger Inhaltsstoffe sind mehr
Für Grabowski gilt die Faustregel: „Je weniger Inhaltsstoffe, desto gesünder.“ Deshalb rät er zur Bio-Wurst vom Metzger. Wenn man die mit einer billigen Variante aus dem Discounter oder Supermarkt vergleiche, falle auch dem Laien auf, dass in der Bio-Wurst natürliche und vor allem weniger Inhaltsstoffe seien, sagt Grabowski.
Vegetarismus und Veganismus steht Christoph Grabowski grundsätzlich positiv gegenüber. In Zusammenhang mit Ersatzprodukten sieht er jedoch einen kritischen Trend. Die meisten Ersatzprodukte seien „industriell gefertigt und stecken voller Chemie“, erklärt er. „Wir sollten uns bemühen, die Industrie aus der Küche rauszuhalten.“
2. Preise skeptisch hinterfragen
„Wer 10 Eier für 99 Cent kauft, der kann sich sicher sein, dass von dem Geld nichts beim Huhn ankommt, um seine Haltung zu verbessern“, sagt der Fleisch-Sommelier. Er rät, bei zu geringen Preisen zu anderen Produkten zu greifen, denn ab einem gewissen Preis kann für Tier und Erzeuger nichts mehr übrig bleiben.
Das gelte auch für die Fleischproduktion. Die großen Verlierer im Tönnies-Skandal sind für ihn die Bauern. Sie bleiben jetzt auf den Schweinen sitzen. „Jede Woche, die das Schwein länger im Stall steht, verliert es an Wert. Der Bauer muss mehr für Futter und Stall ausgeben und bekommt am Ende weniger Geld.“
Besonders stört ihn, wenn es im Supermarkt heißt: „Wir backen täglich frisch" oder auf Packungen Kühe vor einem Idyll abgebildet werden, das sie nie gesehen haben. „Ein Brötchen für 13 Cent ist nicht frisch gebacken. Es ist ein Rohling, der in der Fabrik gebacken und eingefroren wurde“, sagt Grabowski.
3. Den Fachhandel unterstützen
In diesem Preiskampf gehe die Individualität verloren und „kleine Nischen werden an die Wand gedrängt“. Grabowski sorgt sich besonders um das Lebensmittelhandwerk: „Eine handwerklich hergestellte Wurst ist etwas anderes als eine industriell gefertigte.“
Lokale Metzgereien, Bäckereien und andere handwerklichen Betriebe seinen in einer Stadt zudem als soziale Institutionen wichtig. Sie könnten mit Leuten arbeiten, die auf dem Arbeitsmarkt nur geringe Chancen haben. „Sie fördern auch mal den lokalen Fußballverein und sorgen sogar dafür, dass es ein Ferienprogramm für die Kinder gibt“, so Christoph Grabowski.
Er rät darum zum Kauf bei der lokalen Metzgerei, dem Bäcker, der nicht zu einer Kette gehört, oder dem Bauern, der seine Produkte vom Feld in den eigenen Laden holt.
4. Wofür wollen wir unser Geld ausgeben?
„Wir vergessen, dass wir Mitschuld haben“, ermahnt der Castrop-Rauxeler die Verbraucher. „Wofür wir unser Geld ausgeben, hat sich verlagert.“ Heute würde man sich lieber jedes Jahr ein neues Handy statt seine Wurst vom Metzger kaufen.
„Man braucht nicht jeden Monat eine neue Hose und nicht dreimal im Jahr Urlaub“, findet Grabowski. Wer beim Essen Geld spare, der würde später mit seiner Gesundheit dafür bezahlen.
Christoph Grabowski wünscht sich vor allem eines: mehr Respekt für Lebensmittel. Das käme der Gesundheit der Menschen und der Situation der Tiere gleichermaßen zugute, sagt Grabowski. „Respekt ist die Grundlage dafür.“
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