"Warum ist auf der Welt Krieg?": Auf Karten haben die Schülerinnen und Schüler ihre Gedanken, Fragen und Sorgen zum Ukraine-Krieg festgehalten.

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Castrop-Rauxeler Schüler: „Warum ist auf der Welt immer wieder Krieg?“

rnUkraine-Konflikt

Der Krieg in der Ukraine bewegt die ganze Gesellschaft – auch die Jüngsten. In einer Castrop-Rauxeler Grundschule bekommen Kinder die Möglichkeit, über ihre Fragen und Sorgen zu sprechen.

von Paul Horst

Castrop-Rauxel

, 15.03.2022, 08:55 Uhr / Lesedauer: 2 min

Warum ist Putin so böse? Diese Frage steht geschrieben auf einer Karte, die der Pastor und Religions-Lehrer Reinhard Hörmann in seinen Händen hält, als er beginnt, zu seinen Schülern zu reden.

Die Frage ist an diesem Montag (14.3.) Teil von Hörmanns Religionsunterricht bei der Klasse 3a der Grundschule Alter Garten im Castrop-Rauxeler Stadtteil Henrichenburg. Beschrieben wurde das Stück Papier nicht von Hörmann selbst, sondern von einer Schülerin.

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Zusammen mit ihren Klassenkameraden sollte das Mädchen vor Tagen ihre Gedanken angesichts des Kriegs in der Ukraine festhalten. Nun sollen die Ergebnisse mit der ganzen Klasse besprochen werden, mit insgesamt 24 Kindern im Alter von acht bis neun Jahren.

Der Ukraine-Konflikt bewegt die Kinder

Man merkt sofort, dass die Geschehnisse in der Ukraine nicht an den Grundschülern vorbeigehen. Als es um ihre Karten geht, wird es merklich ruhiger im Raum, in dem sonst oft auch mal dazwischengerufen wird. Stattdessen hören die Kinder gebannt zu. Sie merken, dass es sich um ein ernstes Thema handelt.

Einige von ihnen wissen schon gut Bescheid über den Krieg, weil es in ihren Familien Thema ist oder sie davon in den Medien mitbekommen haben. Eine Schülerin, die von Lehrer Hörmann für ihre kluge Wortmeldung gelobt wird, erwidert stolz: „Ich schau halt Nachrichten.“

Das was die Kinder über den Konflikt mitbekommen, wirft bei den meisten von ihnen vor allem aber Fragen und Unsicherheiten hervor. Der 74-jährige Hörmann, der nach seinem Ruhestand freiwillig als Religionslehrer an der Grundschule arbeitet, geht geduldig mit ihnen die Fragen durch, die sie auf ihren Karten gesammelt haben.

Als erstes fordert er die Schüler auf, zu sagen, was sie denken, was Putin zu dem Menschen gemacht hat, der er ist. Zu jemanden, der Angriffskriege führt. Einige Kinder melden sich. Ein Mädchen meint, dass man so werde, „wenn man mehr will als einem gehört“. Ein Mitschüler ergänzt: „Oder wenn einem was Böses getan wurde.“ Hörmann stimmt ihnen zu und erklärt, dass man nicht als schlechter Mensch geboren werde, sondern sich dazu entwickele im Laufe seines Lebens.

Die Kinder haben aber nicht nur einfach Fragen auf die Karten geschrieben, sondern auch ihre Sorgen. Ein Schüler hat auf eine Karte geschrieben: „Kommt der Krieg auch zu uns?“. Manche Kinder haben aufgeschrieben, dass sie sich Angst haben um ihre Großeltern und andere Verwandte. Einem Schüler geht die Situation besonders nah: „Meine Tante ist 102 Jahre alt und lebt in der Ukraine. Sie erzählt, dass es ganz schlimm ist.“

Lehrer Hörmann ist beeindruckt

Hörmann, der die Idee zu der Aktion hatte, ist von solchen Antworten tief beeindruckt, vor allem aber von dem Mitgefühl für ihre Mitmenschen, das die Kinder zeigen: „Es ist ein wichtiges Zeichen, dass sich Menschen sorgen umeinander machen.“

Er will seine Schüler aber auch anregen, sich Gedanken über Lösungen des Konflikts zu machen. Als Religions-Lehrer greift er dazu auch auf die Bibel zurück und verweist auf Jesus‘ Aufforderung, bei einem Schlag auf die Wange, dem Angreifer die andere Wange zuzuwenden.


Einige Schüler sehen in dieser Geschichte eine wichtige Botschaft: „Man muss miteinander reden.“ Andere aber zeigen sich skeptisch. Niklas meint trocken: „Wenn einer mir eine klatschen würde, dann würde ich zurückklatschen.“

Den Unterricht beendet Reinhard Hörmann dann abseits der großen philosophischen Fragen. Er kündigt an, den Schülern in der nächsten Stunde ein bisschen Ukrainisch beibringen zu wollen. Denn dann könnten sie ukrainische Mitschüler, die sie ja vielleicht bald bekommen würden, in ihrer Sprache begrüßen. Hier sind sich die Kinder dann wieder einig: Unter großer Begeisterung stürmen sie aus dem Klassenzimmer.