Kahlschlag an der Bladenhorster Brücke entsetzt Anwohner „Es sind hunderte Bäume gefällt worden“

Kahlschlag an der Bladenhorster Brücke: War das wirklich nötig?
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Kahlschlag an der Bladenhorster Brücke: Am Rhein-Herne-Kanal, wo im vergangenen Herbst nach zähen Jahren der Planung mit den Arbeiten für den Neubau im Zuge des Kanalausbaus begonnen wurde, wurden erst einmal viele Bäume gefällt. Sowohl auf Bladenhorster als auch auf Pöppinghauser Seite lässt sich die Zahl der Baumstümpfe kaum zählen. Wo auf alten Luftbildern noch grüne Kronen zu sehen sind, wurden hunderte Bäume gefällt.

Peter Ambos stört das mächtig. Der 83-Jährige lebt seit vielen Jahrzehnten im Schloss Bladenhorst unweit von der Westring-Brücke. „Ich bin für Bäume und habe dutzende hier am Schloss gepflanzt“, sagt er. Von seinem Schlafzimmer in einem der Schlosstürme – dem „ältesten Schlafzimmer Castrop-Rauxels“, wie er sagt – blickt der Pensionär aus der Distanz auf die Baustelle. Seit den Fällungen aber nun auch auf ein Entsorgungsunternehmen direkt am Kanal.

„War das wirklich nötig?“

Im Dezember begann der Kahlschlag. „Es sind hunderte Bäume gefällt worden. War das wirklich nötig?“, fragt Peter Ambos. Eine Frage, die wir an die zuständige Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung in Datteln weiterreichen. „Es waren viele“, sagt Dirk Bölling der im Sachbereich 4 beim Wasserstraßen-Neubauamt für Brücken, Düker und Kanalbrücken zuständig ist. Er habe aber keine Auflistung parat. „Es waren nicht 9 oder 90, sondern eher 150 bis 200. Das ist aber auch nicht so relevant, meine ich“, so Bölling. Die Bäume seien „unterschiedlicher Qualität“ gewesen. Sicherlich seien auch alte Eichen darunter gewesen, „aber unten im Sumpfgebiet waren auch viele halbtote Erlen und sowas dabei.“

Das sei eben das benötigte Baufeld. „Das, was wir frei machen müssen, um das Projekt überhaupt realisieren zu können“, so Bölling. Das sei im Zuge der Planfeststellung genau definiert worden. Ein Grund, warum so eine Planung lange dauert. Und: „Für jeden Baum, der entnommen wurde, wird auf anderen Flächen ein neuer gepflanzt.“ Das sei gesetzlich vorgeschrieben.

Zur Erinnerung: Schon seit 2008 wird um die neue Bladenhorster Brücke gestritten. Das Wasserstraßen-Neubauamt wird die Brücke nun zwar nach neustem Stand der Technik, aber ähnlich wie den Vorgänger ohne Fuß- oder Radweg bauen. Das sorgte wenig überraschend für Ärger bei der Stadt: „Es kommt die gleiche Standardbrücke auf dem Stand der 60er-Jahre wieder hin“, hieß es noch 2023 und 2024.

Die neue Brücke braucht man, weil der Rhein-Herne-Kanal verbreitert wird. Er hat große Bedeutung im bundesweiten Wasserstraßen-Netz. Für mehr Breite müssen Brücken länger sein. Unter anderem diese am Westring in der Nähe des Hafens Victor. Die neue Stabbogenbrücke, wie man sie unter anderem von der Wartburgstraße in Henrichenburg kennt, wird mit einer Stützweite von 74 Metern ausgestattet. Das sind ein paar Meter mehr als bei der alten.

Die neue Bladenhorster Brücke wird einige Meter weiter südwestlich als die alte Brücke über den Rhein-Herne-Kanal führen.
Die neue Bladenhorster Brücke wird einige Meter weiter südwestlich als die alte Brücke über den Rhein-Herne-Kanal führen. © Luca Füllgraf

Die Größe des Baufeldes liegt unter anderem darin begründet, dass die neue Bladenhorster Brücke einige Meter weiter südwestlich überm Kanal errichtet wird. Dann wird der Westring leicht verlegt, um danach die alte Brücke abreißen zu können. Dort werden dann neue Widerlager gebaut, auf denen die neue Brücke später aufliegen soll. Ist auch das fertig, wird sie um ein paar Meter an die alte Stelle verschoben.

Das sei Peter Ambos ja bewusst und für ihn nachvollziehbar. Aber auf der nordöstlichen Seite der alten Brücke? Das erschließt sich nicht. „Schauen Sie sich diese Ringe an“, sagt er, als er auch einen Baumstumpf deutet: „Diese Bäume waren alt und gesund. Die können nicht so leicht ersetzt werden.“

Nicht nur südwestlich der alten Brücke wurden unzählige Bäume gefällt, sondern auch auf beiden Kanalseiten im Nordosten davon.
Nicht nur südwestlich der alten Brücke wurden unzählige Bäume gefällt, sondern auch auf beiden Kanalseiten im Nordosten davon. © Luca Füllgraf

Auch das erklärt Dirk Bölling: „Unter der nördlichen Zufahrtsrampe zur Brücke wird eine neue Verrohrung des Dönniger Bachs hergestellt. Das geschieht im Rohrvortriebsverfahren. Dazu brauchen wir westlich der Zufahrtsrampe eine Start- und östlich der Zufahrtsrampe eine Zielbaugrube.“

Gemäß aktuellem Planungsstand, so Bölling, solle der Rückbau der alten Brücke Ende 2026 beginnen. Die Fertigstellung der neuen Brücke ist für Ende 2027, die Fertigstellung der Gesamtbaumaßnahme für Herbst 2028 vorgesehen. Erst dann, und das frühestens, kann der Kanal verbreitert werden. Und wenn das im „Los 6“ abgeschlossen ist, dann werde man Ersatzpflanzungen vornehmen.

Alt und gesund: Weit weg von der Baustelle, die im Hintergrund nur vage anhand des gelben Baggers zu erkennen ist, wurden Bäume gefällt.
Alt und gesund: Weit weg von der Baustelle, die im Hintergrund nur vage anhand des gelben Baggers zu erkennen ist, wurden Bäume gefällt. © Luca Füllgraf
Zuvor war das Entsorgungsunternehmen AHV von Bäumen verborgen. Inzwischen kann Peter Ambos es vom Schloss aus sehen – und hören.
Zuvor war das Entsorgungsunternehmen AHV von Bäumen verborgen. Inzwischen kann Peter Ambos es vom Schloss aus sehen – und hören. © Luca Füllgraf