Abgeordnete kritisiert Flüchtlingsunterbringung Das sagen die Zahlen und Fakten für Castrop-Rauxel

Flüchtlingssituation: Kritik von Kapteinat – so ist die Lage in der Stadt
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Auch wenn die Weltlage aktuell vor allem internationale Themen in den medialen Fokus rückt, klagen viele Städte und Kommunen im Land über die hohe Zahl an Asylanträgen. Die schiere Menge sei schlicht nicht mehr zu bewältigen und überfordere die Kapazitäten. Deren Auslastung ist auch in Castrop-Rauxel hoch. In der Notunterkunft leben die Asylsuchenden, bis sie einer Kommune zugeteilt werden können. Daher gibt es in der Bewohnerschaft eine starke Fluktuation – allein im Oktober sind bereits 310 neue Bewohnerinnen und Bewohner hinzugekommen. Die Einrichtung sei fast ausgelastet, wie die Bezirksregierung Münster auf Anfrage unserer Redaktion mitteilt.

Im Durchschnitt sind im Oktober bisher (Stichtag 25. Oktober) 939 Personen in der Unterkunft an der B235 einquartiert. Dass die insgesamt 1020 Betten alle genutzt werden mussten, ist bislang noch nicht vorgekommen. Die bislang höchste Auslastung lag bei 970 Geflüchteten Ende Oktober. Die mit Abstand meisten Schutzsuchenden in der Castrop-Rauxeler Notunterkunft kommen aus Syrien, gefolgt von der Türkei und Afghanistan. 71 Prozent der Untergebrachten sind männlich, 29 Prozent weiblich, darunter über 100 Minderjährige.

Flüchtlingsmanagement „chaotisch“

Deutliche Kritik am Management der Landesregierung von CDU und Grünen war am Dienstag (24. Oktober) von Lisa Kapteinat zu hören. Die Castrop-Rauxeler Abgeordnete beschäftigt sich im Landtag als stellvertretende Fraktionsvorsitzende der SPD unter anderem mit dem Thema Integration. In der ZDF-Sendung „frontal“ bezeichnete sie die Flüchtlingsunterbringung als „völlig chaotisch.“

„Das Problem ist, dass es mindestens 70.000 Plätze des Landes geben müsste zur Unterbringung von Geflüchteten“, führte die SPD-Politikerin weiter aus. „Derzeit haben wir aber nicht einmal die Hälfte.“ Die Kommunen würden herausragendes leisten, seien mittlerweile aber am Rande der Überforderung. „Das führt unter’m Strich natürlich dazu, dass auch die Akzeptanz in der Bevölkerung deutlich leidet, wenn die Konkurrenzsituation entsteht.“

Ministerpräsident Hendrik Wüst hatte im September zugesagt, auf die Hilferufe aus den Kommunen zu reagieren und sie mit pragmatischen Lösungen zu unterstützen. Jüngst wurde bekannt, dass im Dortmunder Westen eine neue Landesunterkunft für Geflüchtete entstehen soll, mit 400 Plätzen ab Januar kommenden Jahres. Über die Auswahl des Standorts, das Ibis-Hotel „Dortmund West“ am Indupark im Stadtteil Oespel, hatte sich Dortmunds Oberbürgermeister Westphal jedoch verärgert gezeigt. Das Hotel sei „kein Standort, den wir in der ersten Wahl hatten“, sagte der SPD-Politiker bei einer Pressekonferenz.

Für Castrop-Rauxel wird die neue Unterkunft im nahe gelegenen Dortmunder Westen nicht viel ändern, sagt Andreas Winnemöller, Sprecher der Bezirksregierung Münster unserer Redaktion gegenüber. Natürlich begrüße man jedoch die Eröffnung neuer Einrichtungen, da sich dadurch die „Unterbringungskapazitäten und die Aufnahmefähigkeit des Landes NRW insgesamt erhöht.“ Da die Plätze aber momentan so rar sind, bedeute die neue Unterkunft in Dortmund keine Entlastung für Castrop-Rauxel.

Stadt durch Notunterkunft entlastet

Wen die Notunterkunft des Landes an der B235 aber entlastet, ist die Stadt. Jeder Platz, der in der Landesunterkunft vorgehalten wird, wird „von der berechneten Aufnahmeverpflichtung abgezogen“, heißt es von der Bezirksregierung. Konkret bedeutet das, dass die Stadt aktuell keine neuen Geflüchteten aufnehmen muss. Stattdessen erhalte man nur Zuweisungen, wenn es sich um Familienangehörige von Asylsuchenden handelt, die bereits in der Obhut der Stadt sind.

Die Zahl der Menschen, die von der Stadt untergebracht werden müssen – darunter fallen neben Flüchtlingen auch Obdachlose – hat sich so im Vergleich zu den vergangenen Monaten reduziert. Im Oktober 2023 waren es insgesamt 590 Personen und damit fast 200 weniger als vor einem Jahr (787 im Oktober 2022).

Die Kapazitäten der Stadt seien aktuell ausreichend, schreibt die Stadt auf Anfrage. Man habe noch „einen kleinen Puffer“. Daher sei es zur Zeit nicht nötig, Flüchtlinge in Hotels oder Turnhallen unterzubringen. Eine Zeit lang hatte die Stadt beispielsweise alle verfügbaren Zimmer im Hotel Hubbert (Lange Straße) angemietet. Für alle von der Stadt untergebrachten Menschen habe die Stadt „Häuser und Wohnungen angemietet, zum Beispiel in der Harkortstraße in Merklinde“.

Eine weitere, immer wieder laut werdende Forderung ist die nach schnelleren Abschiebungen. Wer kein Bleiberecht hat, solle zügiger in das jeweilige Herkunftsland zurückgebracht werden. Dazu hat das Bundeskabinett am Mittwoch (25.10.2023) einen Abschiebe-Paket beschlossen. Bald berät darüber auch der Bundestag. Von der Stadt Castrop-Rauxel heißt es auf Anfrage dazu nur, dass die Kommune das ausführen wird, „was das Gesetz vorgibt/vorgeben wird“. Die Arbeitsbelastung sei in der kompletten Stadtverwaltung hoch, „in jedem Fachbereich“.

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