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„Car-Freitag“ in Castrop-Rauxel: Menschenmassen kesseln Zivil-Polizisten ein
Polizei zieht Bilanz
Tagsüber schien es ruhig am „Car-Freitag“. Polizei und Tunerszene lieferten sich offenbar ein Katz-und-Maus-Spiel. Am späten Abend kam es am Westring in Castrop-Rauxel zu chaotischen Szenen.
Karfreitag (15.4.) am frühen Abend: „Es ist alles erstaunlich ruhig“, sagt ein Sprecher der Kreispolizei Recklinghausen. Seit 14 Uhr finden Schwerpunktkontrollen in Castrop-Rauxel, Bottrop und Herten statt. Im Fokus: Die Raser-, Poser- und Tuningszene. Seit Jahren rufen die Liebhaber schneller und getunter Autos ihren ganz eigenen Feiertag vor Ostern aus – den „Car-Freitag“.
In Herten haben die Beamten im Umfeld der Zeche Ewald eine stationäre Großkontrolle eingerichtet. In Bottrop und Castrop-Rauxel sind speziell geschulte Beamte in mobilen Teams zum Teil als Zivilstreifen unterwegs. Insbesondere in der Europastadt kam es an den vergangenen Wochenenden am Westring mehrfach zu Treffen mit teilweise mehr als 150 Autos.

Zu einem noch "normalen" Einsatz kam es am Freitagnachmittag am Westring auf dem Burger-King-Parkplatz. Nach Zeugenhinweisen überprüfte die Polizei fünf junge Leute - und fand geringe Mengen Drogen. © privat
Gegen 16 Uhr bekommt diese Redaktion genau von dort einen Hinweis aus der Tunerszene. Der Autonarr ist vor Ort, will gucken, ob schon etwas los ist. Die Polizei habe, so der Eindruck des Informanten, junge Leute nach Drogen durchsucht. Am Samstag (16.4.) bestätigt Polizeisprecher Andreas Wilming-Weber die Vermutung: Auf dem Parkplatz von Burger King finden die Beamten bei einer Gruppe junger Leute geringe Mengen Rauschgift, schreiben Anzeigen, beenden die Weiterfahrt.
Ein „Katz-und-Maus-Spiel“?
Unterdessen registrieren die „Car-Freitags“-Kontrollteams im Vest kaum Auffälligkeiten. „Auf der Dortmunder Straße in Castrop-Rauxel messen die Kollegen im Bereich Heinrichstraße die Geschwindkeit“, erklärt Polizeisprecher Björn Korte um kurz nach 18 Uhr. Ein paar Verstöße – ansonsten keine Besonderheiten.
Korte begleitet die Großkontrolle in Herten. Auch dort seien kaum Autos aus der Szene unterwegs, erklärt er. Selbst in Bochum bei einem Tuning-Fachhändler an der A40 sei es ruhig, habe er gehört. Bilder von Nachrichtenagenturen zeigen derweil Blechlawinen auf den Zufahrten zum Nürburgring. Ist die weit entfernte Traditions-Rennstrecke in der Eifel das erklärte „Carf-Feitags“-Ziel?

Der Nürburgring war an Karfreitag Ziel vieler Autofans. Parallel zur legendären Nordschleife stand die Blechlawine im Stau. Auch aufgrund des guten Wetters kam es zu einem riesigen Verkehrschaos rund um die Eifelrennstrecke. © picture alliance/dpa
Womöglich. Auch ein Kollege unserer Dortmunder Redaktion registriert lediglich rund 40 Autos am einschlägigen Treffpunkt auf Phoenix-West im Stadtteil Hörde. Am späteren Abend richtet die Polizei in der Nachbarstadt eine Kontrolle auf dem Wall ein. Im Vergleich zu den Jahren davor sei es eher ruhig, erklärt ein Dortmunder Polizeisprecher gegen 22.30 Uhr. Alles ein „Katz-und-Maus-Spiel“?
Offenbar: Denn just zu diesem Zeitpunkt wird Castrop-Rauxel zum Ziel der Tuner und Poser. Immer mehr „szenetypische Fahrzeuge“ treffen am Westring-Center ein. Sie waren „bereits zuvor in anderen Städten aufgefallen“, heißt es im Bericht der Kreispolizei Recklinghausen am Samstag. „Erst waren es 60 bis 70, dann 200, in der Spitze 400 Fahrzeuge“, berichtet Sprecher Andreas Wilming-Weber im Gespräch mit dieser Redaktion.
Menschen kesseln Zivil-Polizist im Auto ein
Bis zu 1000 Szenemitglieder versammeln sich auf dem weitläufigen Areal. „Unglaublich – zwischen Augsburg, Kärcher und Burger King war alles voll von Menschen“, berichtet ein Augenzeuge dieser Redaktion. Ein Journalist einer Bildagentur sieht, wie die Menschentraube einen Zivil-Polizisten in seinem Dienstwagen einkesselt und den Wagen dabei beschädigt.

Bis zu 400 Autos und 1000 Menschen kamen auf die Parkplätze zwischen dem Gartencenter Augsburg, der Kärcher-Niederlassung und Burger-King. Die Polizei schritt mit einem Großaufgebot ein. © 7aktuell.de/ VMD
Jetzt greift der Leitspruch der bundesweiten Polizeiaktion am „Car-Freitag“: „Rot für Raser, Poser und illegales Tuning“. Die Polizei Recklinghausen zieht ihre Kräfte zusammen. „Eine Hundertschaft“, schätzt der Autonarr vom Nachmittag. „Mit einer konsequenten Anspreche“, so die Pressemitteilung der Polizei, gelingt es ihr, dass die Menschenmasse den auserkorenen Treffpunkt wieder verlässt.
Erst gegen 0.20 Uhr sind die Parkplätze wieder frei. Wegen des beschädigten Zivil-Fahrzeugs fertigen die Beamten eine Strafanzeige gegen Unbekannt – nur ein Punkt in der Einsatzbilanz.
Insgesamt kontrollierten die Einsatzkräfte in Castrop-Rauxel 42 Fahrzeuge und 46 Personen. Sie sprachen ein Verwarngeld wegen einer aufgrund technischer Veränderungen erloschenen Betriebserlaubnis aus. Bei den Geschwindigkeitsmessungen kam es während des gesamten Tages zu 27 Verstößen. Gegen weitere zehn Personen verhängte die Polizei ebenfalls Verwarngelder. Sie hatten zum Beispiel die Gurtpflicht missachtet.
Kontrollen im Verlauf des Jahres
„Wir schöpfen bei unseren Maßnahmen alle rechtlichen, technischen und taktischen Möglichkeiten aus, um die Gefahren im Straßenverkehr zu minimieren“, erklärt Polizeipräsidentin Friederike Zurhausen. „Wir setzen da an, wo es am meisten weh tut - bei der Sicherstellung der Pkw.“ Zwei Autos stellten die Beamten bei der stationären Großkontrolle in Herten sicher.

Der BMW ist eines von zwei Autos, die die Polizei bei der stationären Großkontolle in Herten sichergestellt hat. © Polizei Recklinghausen
Kreisweit kontrollierte die Polizei am „Car-Freitag“ 317 Fahrzeuge und 383 Personen. 22-mal verhängte sie wegen des Erlöschens der Betriebserlaubnis ein Verwarngeld. In fünf weiteren Fällen leitete sie aus gleichem Grund ein Ordnungswidrigkeitsverfahren ein.
139 Autos fuhren in eine Radarfalle. In 107 Fällen reichte ein Verwarngeld hinaus. 32 Fahrer erwartet ein Ordnungswidrigkeitsverfahren (Owi). Wegen anderer Vergehen gab es 17 weitere Verwarngelder und sieben Ordnungswidrigkeitsverfahren.
Bei der Schwerpunktaktion des „Car-Freitags“ wird es nicht bleiben. „Die Szene muss sich auch im Verlauf des Jahres auf weitere Kontrollen der Recklinghäuser Polizei einstellen“, erklärt Polizeipräsidentin Zurhausen. „Wir wollen unsere Straßen noch sicherer machen. Dazu gehört, dass wir diejenigen, die diese als Rennstrecke missbrauchen, konsequent aus dem Verkehr ziehen.“
Geboren 1964. Dortmunder. Interessiert an Politik, Sport, Kultur, Lokalgeschichte. Nach Wanderjahren verwurzelt im Nordwesten. Schätzt die Menschen, ihre Geschichten und ihre klare Sprache. Erreichbar unter uwe.von-schirp@ruhrnachrichten.de.
