
© Said Rezek
Busfahrer ließen Senior mit Rollstuhl und demente Frau zwei Mal an der Haltestelle stehen
Öffentlicher Nahverkehr
Ein 83-jähriger Rentner mit Rollstuhl und seine 81-jährige demente Frau sind auf Bus und Bahn angewiesen Zwei Mal aber konnten sie jetzt nicht mitfahren. Ein echtes Ärgernis.
Wilhelm Bartosch ist 83 Jahre alt und kann sich ohne Rollstuhl nicht fortbewegen. Er ist immer mit seiner 81-jährigen Frau unterwegs, weil sie demenzkrank ist und er sie nicht alleine lassen kann. Beide sind häufig mit den Bussen in Castrop-Rauxel unterwegs. Und müssen sich manchmal sehr ärgern.
Eine dieser Szenen ereignete sich laut Bartosch am Donnerstag, 12. Dezember. Er wartete gegen 16 Uhr mit seiner Frau am Münsterplatz auf die Linie 482 in Richtung Ickern. Es sei zu diesem Zeitpunkt ziemlich viel los gewesen, so der ältere Herr. Die vorderen und hinteren Bustüren öffneten sich. Fahrgäste strömten hinaus und andere stiegen hinein.
Senioren konnten nicht einsteigen
Es war ein dichtes Gedränge. Der Senior wartete wie gewöhnlich darauf, dass ihm der Busfahrer beim Betreten des Busses behilflich ist, indem er die Rampe beim hinteren Eingang öffnete. Aber das geschah an diesem Tag nicht.
Bartosch, seine Frau und drei weitere Senioren, die mir ihren Rollatoren unterwegs waren, warteten vergeblich, so berichtet es der Rentner. Bartosch und den anderen blieb nichts anderes übrig, als 20 Minuten auf den nächsten Bus zu warten.
Das ist nicht die einzige negative Erfahrung, die der Gehbehinderte in letzter Zeit machen musste. Vor etwa drei Wochen, so erzählt er unserer Redaktion ebenfalls, war er wie immer mit seiner Frau unterwegs und wollte ebenfalls mit dem 482er fahren.
Diesmal an der Haltestelle Neuroder Platz. An diesem Tag sei der Busfahrer ausgestiegen und habe um Verständnis gebeten, dass er die Rampe aufgrund seiner Rückenschmerzen nicht ausklappen könne.
Das sagt DSW21 zu den Vorwürfen
Nach diesen beiden Ärger-Aktionen habe Wilhelm Bartosch nach eigener Auskunft beim Betriebshof angerufen, um sich zu beschweren. Mit wem er telefoniert hat, weiß er im Nachhinein nicht, aber man wollte mit dem betreffenden Busfahrer über die Situation sprechen. Ob das geschehen ist, bezweifelt der Senior: „Das sagen die einem immer“, sagt er etwas resigniert.
Wir haben DSW21 mit den Vorwürfen konfrontiert, da die Buslinie 482 zu diesem Dortmunder Verkehrsunternehmen gehört. Britta Heydenbluth, die Pressesprecherin, sagte auf Anfrage: „Die beiden genannten Haltestellen Münsterplatz und Neuroder Platz haben ein Hochboard, das heißt, unsere Niederflurbusse können sie so anfahren, dass ein Rollstuhl-Fahrer hier ohne Rampe aus- und einsteigen kann.“
Der Selbstversuch eines Redakteurs unserer Redaktion hat in der Vergangenheit ein etwas anderes Bild ergeben. An den neuen Hochboard-Haltestellen kommt man zwar etwa mit dem Kinderwagen, zur Not auch mit dem Rollator, in den Bus.
Trotzdem bleiben aber zwischen Bus- und Haltestellen-Niveau meistens mehrere Zentimeter Höhenunterschied, die einen problemlosen Einstieg für einen Rollstuhlfahrer fast unmöglich machen, wenn keine Rampe angelegt wird.
Falsch parkende Autos könnten das Problem sein
Warum das Ehepaar den Bus dennoch nicht befahren bzw. betreten konnte, darüber kann die Pressesprecherin nur spekulieren: „Möglich ist, dass der Fahrer die Haltestelle an diesem Tag nicht richtig anfahren konnte, weil falsch parkende Autos dies unmöglich machten. Das ist bei beiden Haltestellen leider schon vorgekommen. Dann wäre der barrierefreie Ausstieg kaum oder nicht möglich, aber auch eine Rampe nicht sicher benutzbar.“

Auf diesem Archivfoto kann man eine Rollstuhlfahrer-Rampe erkennen. Ohne die ist auch am Münsterplatz ein Einstieg quasi unmöglich. © Till Meyer
Außerdem nennt sie einen weiteren Grund, der gegen die Mitnahme des Ehepaars sprechen könnte, nämlich, „dass die Sondernutzungsfläche schon anderweitig mit Fahrgästen mit Rollstuhl, Rollator oder Kinderwagen belegt ist.“
Britta Heydenbluth bittet um Verständnis für die Busfahrer, weil diese „die Entscheidungen der Situation vor Ort entsprechend fällen – dies übrigens immer unter Zeitdruck. Das ist nicht immer einfach.“
DSW21 bittet um Entschuldigung
Konkret zur Situation am 12. Dezember am Münsterplatz sagt Heydenbluth: „Sollte der Kollege die Gründe für das nicht mögliche Ausklappen der Rampe nicht vernünftig kommuniziert haben, tut uns dies natürlich leid. Wir sprechen den Fahrer auf diese konkrete Situation an und sensibilisieren hier noch einmal, falls das nötig sein sollte.“
Zur Situation an der Haltstelle Neuroder Platz, wo der Busfahrer aufgrund seiner Rückenschmerzen keine Hilfe anbieten konnte, sagt die DSW21-Pressesprecherin: „Unsere Fahrer dürfen nicht dabei helfen, einen Rollstuhl in den Bus zu heben, weil Verletzungsgefahr besteht. Der Fahrer könnte sich dabei „verheben“, was früher schon mal vorgekommen sein soll. Dann kann keiner mehr den Bus weiterfahren und der Kollege fällt aus.“
Training für Rollstuhl- und Rollatorbenutzer
Bartosch ergänzt, dass er mit den öffentlichen Verkehrsmitteln weitestgehend zufrieden ist. Er werde auch in Zukunft mit Bus und Bahn unterwegs sein. Der Senior und seine Frau haben aber auch keine andere Wahl, weil sie darauf angewiesen sind.
Heydenbluth möchte noch hinzufügen, „dass alle 172 DSW21-Busse schon seit vielen Jahre absenkbare Niederflurfahrzeuge sind und wir für Rollstuhlfahrer und Rollatorennutzer spezielle Trainings anbieten. Interessenten können sich hierfür gerne per E-Mail an r.becker@dsw21.de wenden.
Said Rezek ist Volontär bei den Ruhr Nachrichten. Hier schreibt er über alles und jeden. Vorher war er als freier Journalist unter anderem für die WAZ und bei der taz tätig. Dort hat er vor allem über Medien und Migration berichtet.
