Stadtgeschichte
Bomben auf die Aapwiesen: Die Geschichte einer speziellen Ickerner Siedlung
Zweimal mussten sie in den vergangenen Monaten alle raus aus ihren Wohnungen. Zweimal wurden Blindgänger gefunden im Castrop-Rauxeler Wohngebiet Aapwiesen. Warum gerade da?
Sind die Ickerner Aapwiesen etwa prädestiniert gewesen für den Abwurf von Fliegerbomben in den Jahren 1943 bis 1945, als der 2. Weltkrieg auf grausame und zerstörerische Art zu Ende ging? Zwei Funde von Blindgängern in den vergangenen Monaten in dieser Wohnsiedlung lassen zumindest vermuten, dass dieser Bereich besonders im Fokus der Bomber gestanden haben könnte.
„Ende März 1945 lagen die meisten Städte Westfalens in Trümmern“, heißt es in einer Ausarbeitung des Landschaftsverbands Westfalen-Lippe zur westfälischen Geschichte. „Sie ähnelten mehr antiken Ruinenstätten als Gemeinwesen und symbolisierten damit auch äußerlich den endgültigen militärischen Zusammenbruch und den Untergang des nationalsozialistischen Regimes.“
Zwischen Emscher und Autobahn A2 wurde Anfang/Mitte der 50er-Jahre die Aapwiesen-Siedlung in Ickern gebaut. Hier entstand Wohnraum für fast 4000 Menschen. Bekannt sind der große Spielplatz und die Gesamtschule mit Sporthalle ganz im Norden der Siedlung. © RVR 2021
Vor allem die beinahe pausenlos erfolgenden Jagdbomber-Angriffe hätten damals für die Bevölkerung eine große Belastung dargestellt. Bochum war deutschlandweit die Großstadt mit der größten Zerstörung, Dortmund, Essen und Duisburg wurden ebenfalls verhältnismäßig stark heimgesucht. Klar: Hier gab es viel Kriegs-Industrie, in deren Peripherie eine dichte Besiedlung.
2022: Zwei Blindgänger entschärft
Aber ausgerechnet die Aapwiesen? „Warum müssen wir schon wieder raus?“, ärgerte sich am 1. September 2022 eine Bewohnerin des Viertels, als die zweite Räumung binnen weniger Wochen anstand. Diesmal musste der Kampfmittelräumdienst eine britische 5-Zentner-Bombe an der Kolberger Straße sichern. Am 25. Mai 2022 war es eine amerikanische 2,5-Zentner-Bombe an der Waldenburger Straße. Stets hieß es: Evakuierung aller Wohnungen in diesem Bereich für einige Stunden. Mindestens 500 Menschen waren jeweils betroffen.
Die Aapwiesen wurden erst sieben Jahre nach dem Ende des 2. Weltkrieges bebaut. In drei Bauabschnitten entstanden von 1952 bis 1954 rund 1000 Wohnungen auf 272.000 Quadratmetern Fläche für knapp 4000 Menschen. Die meisten dieser Wohnungen hatten 53 bis 63 Quadratmeter Wohnfläche. Das lag an der großen Wohnungsnot zur damaligen Zeit. Darum war zwei Jahre zuvor erst die Siedlung nördlich der Uferstraße in Ickern-End (Stahlskamp / Eckener Straße etc.) mit ihren rund 190 Wohnungen entstanden.
Juli 2004: Bewohner der Siedlergemeinschaft Aapwiesen feiern ihr 50-jähriges Bestehen zwei Tage lang. Den Auftakt machte ein Umzug durch die geschmückten Straßen. © Volker Engel (2004)
Die 36 neuen Straßen kamen auf eine Gesamtlänge von 5,5 Kilometern. Die Straßennamen wurden „deutschen Ostgebieten“ gewidmet, wie es in einer historischen Schrift aus den 60er-Jahren heißt.
Wohnraum für Bergleute von Victor-Ickern
Die Wohnungen waren für Angehörige der Klöckner-Werke bestimmt. Die meisten von ihnen arbeiteten in der Abteilung Bergbau Victor-Ickern. Das Gelände war zu der Zeit Niederungsgebiet der Emscher und als Sumpf bekannt. Daher wurden fast alle Häuser auf Pfählen gegründet. In den Reihenhäusern, die Eigentum der Bewohner sein sollten, waren zumeist noch Mietwohnungen untergebracht.
Die Bomben fielen demnach auf ein Sumpfgebiet. Sie sind also eher „Streuverluste“ denn als gezielte Abwürfe zu bezeichnen. Die Streitkräfte der Alliierten warfen bekanntermaßen „Bombenteppiche“ über Deutschland ab.
Aap ist im übrigen ein altgermanischer Begriff für Fluss.
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