Hände gehören an den Fahrradlenker Deshalb soll es bald Blinker für alle Räder geben

Die Hände gehören an den Lenker : Es soll Blinker für alle Räder geben
Lesezeit

„Die Regelung ist eigentlich schon längst überfällig. Es gibt keinen Grund, warum nicht jedes Fahrrad einen Blinker haben sollte“, kommentiert Gertrud Schmitz, Inhaberin vom „Rad & E-Bike Center Schmitz“ in Rauxel, den Plan der Bundesregierung, Blinker für alle Räder freizugeben. Volker Anderl von „2Rad Anderl“ in Ickern pflichtet ihr bei: „Ich halte das für eine sinnvolle Geschichte. Die Hände gehören beim Radfahren einfach an den Lenker.“

Auch der ADFC (Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club) begrüßt den Plan des Verkehrsministeriums, wie Martin Kühl-Lukas, stellvertretender Ortsgruppensprecher des ADFC Castrop-Rauxel, erklärt: „Bremslichter sind ja schon zulässig, also sollten auch gerade in der eher dunklen Jahreszeit Blinker erlaubt sein.“

Knifflige Kreuzungen

Zurzeit dürfen lediglich mehrspurige Fahrräder und Räder mit Aufbau mit den sogenannten Fahrtrichtungsanzeigern ausgestattet werden. Hintergrund der geplanten Reform ist die zunehmende Zahl von Unfällen mit E-Bikes und Pedelecs. Neben dieser Änderung in der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung soll auch eine „Warnblinklichtfunktion“ im Falle eines Sturzes zum Einsatz kommen und zu mehr Sicherheit für Radfahrer beitragen.

Wie gefährlich es ist, Richtungsänderungen mit dem Handzeichen zu signalisieren, kann man beim Abbiegen an vielen kniffligen Stellen im Castrop-Rauxeler Stadtgebiet beobachten. Zusammen mit dem passionierten Radfahrer Friedhelm Markus haben wir zwei Kreuzungen getestet, an denen das Anzeigen von Richtungsänderungen per Hand zu einem Risiko für Radfahrer werden kann.

Kniffliger Kreuzungspunkt für Radfahrer am Engelsburgplatz
Kniffliger Kreuzungspunkt für Radfahrer am Engelsburgplatz © Dieter Düwel

Wer auf dem Radweg an der Bahnhofstraße in Richtung Altstadt fährt und am Engelsburgplatz zur Ringstraße gelangen will, muss sich in den Verkehr einordnen und seine Absicht, links abzubiegen, mit dem Handzeichen kundtun.

Radfahrer, die auf dem nicht mehr benutzungspflichtigen Radweg entlang des Altstadtrings nach Süden unterwegs sind und weiter in die Bochumer Straße einbiegen wollen, müssen sich links einordnen. Auch hier ist ein Handzeichen erforderlich. Erschwerend kommen an dieser Stelle die gefährlichen Bodenwellen im Kreuzungsbereich hinzu.

Friedhelm Markus biegt per Handzeichen in die Bochumer Straße ab
Friedhelm Markus biegt per Handzeichen in die Bochumer Straße ab © Dieter Düwel

In diesen Fällen würden Fahrradblinker die Radler in die Lage versetzen, beide Hände am Lenker zu belassen und so sicherer den Kreuzungsbereich durchfahren zu können. Auch beim Verlassen eines Kreisverkehrs würde der Einsatz von Blinkern diesen Effekt haben.

Friedhelm Markus bestätigt das: „Mit nur einer Hand am Lenker fühlte ich mich schon etwas unsicher. Wahrscheinlich würde mir ein Fahrradblinker ein sichereres Gefühl geben.“

Sinnvolle Lösungen

Die Umsetzung einer möglichen Neufassung der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO) beinhaltet eine Reihe technischer Fragen, wie Volker Anderl erklärt: „Man muss sinnvolle Lösungen für die Montage der Fahrradblinker finden. Hinten am Rückblick ist es zu eng. Man muss ja einen gewissen Abstand haben, damit die Autofahrer erkennen können, in welche Richtung der Radfahrer abbiegen will. Da wären Laufblinker hilfreich, die die Richtungsänderung deutlicher zeigen würden.“

Gertrud Schmitz verweist auf bereits vorhandene Technik: „Für S-Pedelecs (bis 45 km/h) gibt es ja schon solche Blinker, die auch zugelassen sind. Sie werden hinten links und rechts am Gepäckträger montiert und stehen auch recht weit auseinander, sodass man besser erkennen kann, in welche Richtung der Radfahrer abbiegen will.“

Welche technischen Neuerungen es auf dem Markt geben wird, wenn die Reform durchgeführt wird, bleibt abzuwarten. In der Zwischenzeit müssen Radfahrer mit einfachen Rädern weiterhin ihre Richtungsänderung per Handzeichen deutlich machen oder auf Hilfsmittel zurückgreifen, die es jetzt schon gibt. Dazu Volker Anderl: „Es gibt Blinker am Helm, die sehr sinnvoll sind. Die geben auch ein akustisches Signal, wenn man den Blinker zu lange eingeschaltet hat.“

Gertrud Schmitz empfiehlt blinkende LED-Bänder am Ärmel
Gertrud Schmitz empfiehlt blinkende LED-Bänder am Ärmel © Dieter Düwel

Gertrud Schmitz verweist auf einfach blinkende LED-Bänder, die man am Ärmel anbringen kann: „Sie sind bei Dunkelheit gut erkennbar und unterstützen das Handzeichen.“ Gewarnt wird vor kleinen Blinkeranlagen, die im Rücklicht integriert sind. Sie werden oft im Internet angeboten, sind aber in Deutschland nicht zugelassen.

Beide Fahrradhändler sind sich sicher, dass, sobald die geplante Regelung in Kraft tritt, der Markt mit entsprechenden Produkten reagieren wird. Gertrud Schmitz erklärt, wie die Blinker dann montiert werden müssten: „Einspurige Fahrräder sind sehr schmal. Eine sinnvolle Lösung muss so aussehen, dass eine Montage am Rücklicht, Gepäckträger oder an der Sattelstütze dem Autofahrer klar anzeigt, in welche Richtung der Radfahrer abbiegen will.“

Bessere Infrastruktur

Die Aufhebung des Blinker-Verbots geht übrigens nicht mit einer Anschaffungspflicht einher. Experten vermuten jedoch, dass die optionalen Fahrtrichtungsanzeiger konsequenter benutzt würden als die oftmals unterlassenen Handzeichen.

Die Experten sind sich einig: Der Fahrradblinker ist keine Lösung für alle Probleme rund ums Radfahren. Entscheidend sind eine bessere Infrastruktur der Radwege, auch in Castrop-Rauxel, sowie mehr Rücksichtnahme aller Verkehrsteilnehmer.

Umbau der Bochumer Straße ist illusorisch: Und doch brauchen wir die Fahrradfahrer-Vision!

Debatte über gefährliche Stelle in Castrop-Rauxel: Forsche Vorschläge für die Bochumer Straße