Ratsfrau gegen Bezahlkarte für Geflüchtete in Castrop-Rauxel „Klima der Ausländerfeindlichkeit“

Ratsfrau gegen Bezahlkarte für Geflüchtete: „Klima der Ausländerfeindlichkeit“
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Bekommen die Geflüchteten in Castrop-Rauxel bald eine Bezahlkarte? Oder bekommen sie die Bezahlkarte nicht? Die kleine blaue Karte, mit der die Geflüchteten dann ihre Ausgaben bezahlen müssten, ist umstritten. Bisher werden die Gelder auf die Konten der Geflüchteten überwiesen, mit der neuen Karte wären nur noch 50 Euro, die die Geflüchteten in bar abheben könnten. Der Rest müsste mit der Bezahlkarte oder der Smartphone-App von Visa gezahlt werden. Wenn sich die Castrop-Rauxeler Politik nicht regt, würde die Bezahlkarte kommen. Die Karte „soll sukzessiv innerhalb von drei Monaten über das Landessystem in den weiteren derzeit 50 Einrichtungen ausgerollt werden“, erklärte das Landesministerium für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration Anfang des Jahres in einer Pressemitteilung.

Doch es könnte auch anders kommen. Denn die Stadt hat eine Opt-Out-Möglichkeit. Stimmt der Rat der Stadt gegen die Bezahlkarte, bleibt alles beim Alten. Darauf pocht das fraktionslose Stadtratsmitglied Ursula Mintrop-Werkle in einem Antrag für die Ratssitzung am 13. März: „Der Rat der Stadt Castrop-Rauxel lehnt die Einführung der Bezahlkarte für Geflüchtete im Zuständigkeitsbereich der Kommune ab. Grundlage hierfür ist die Nutzung der Opt-Out-Regelung, die die Landesregierung NRW ermöglicht.“

Dortmund lehnte Bezahlkarte ab

Genau von dieser Regelung machte zuletzt der Rat der Stadt Dortmund Gebrauch. SPD und Grüne hatten gemeinsam den Antrag gestellt, auf die Bezahlkarte zu verzichten. Mit Erfolg. Auch andere Städte in Nordrhein-Westfalen wie Düsseldorf, Krefeld, Mönchengladbach oder Münster entschieden genauso. Die Castrop-Rauxeler SPD-Politikerin Lisa Kapteinat kritisierte als

stellvertretende Vorsitzende der SPD-Fraktion im Landtag NRW bereits im Januar, dass damit „nun der befürchtete Flickenteppich“ komme.

Die fraktionslose Ratsfrau Ursula Mintrop-Werkle stellt für die kommende Ratssitzung einen Antrag gegen die Einführung der Bezahlkarte für Geflüchtete.
Die fraktionslose Ratsfrau Ursula Mintrop-Werkle stellt für die kommende Ratssitzung einen Antrag gegen die Einführung der Bezahlkarte für Geflüchtete. © Tobias Weckenbrock

„Ich bin seit 2016 – mit einer kurzen Unterbrechung – als Mitglied in der Flüchtlingshilfe Castrop-Rauxel tätig“, erklärt Ursula Mintrop-Werkle die Motivation ihres Antrags: „Die Bezahlkarte empfinde ich als diskriminierend und integrationshemmend.“ Mit der Karte wären Flüchtlinge beim Bezahlen sogleich als solche zu erkennen. In vielen Geschäften oder auf Flohmärkten – wo es häufig günstige Kleidung gerade für Kinder gebe – könne häufig gar nicht mit Karte gezahlt werden. Gleiches gelte etwa für Stadtteilfeste, die die Integration fördern können. Dort könne ein Stück Kuchen oder eine Tasse Kaffee eben nur bar bezahlt werden. „lnsgesamt schränkt die Bezahlkarte die gesellschaftliche Teilhabe und damit die Integration geflüchteter Menschen erheblich ein. Fortlaufend wird ihnen bei Bezahlvorgängen vermittelt, sich als Menschen zweiter Klasse zu fühlen“, schreibt Ursula Mintrop-Werkle in der Begründung ihres Antrags.

„Klima der Ausländerfeindlichkeit“

Die fraktionslose Ratsfrau argumentiert weiter, dass die Theorie sogenannter Pull-Faktoren für Fluchtbewegungen „in der Migrationsforschung vielfach widerlegt worden“ sei. Auch nach Einführung einer Bezahlkarte würden sich Menschen weiterhin „auf der Suche nach Stabilität, Schutz vor Verfolgung und humanitären Lebensbedingungen“ auf den Weg machen. „Wir schaffen unter anderem durch die Einführung der Bezahlkarte ein Klima der Ausländerfeindlichkeit, obwohl unser Land mit einer alternden Gesellschaft auf Zuwanderung angewiesen ist“, schreibt Mintrop-Werkle weiter. Wie erfolgversprechend ihr Antrag sei, könne sie noch nicht sagen. Ihr sei es aber wichtig, dass über dieses Thema weiterhin diskutiert werde.

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