Klein, blau und aufgeladen mit Geld und Emotionen: Seit Dienstag (7.1.) bekommen auch in Nordrhein-Westfalen die ersten Geflüchteten Bezahlkarten, mit denen sie von nun an ihre Ausgaben bezahlen sollen. Fünf Unterkünfte, eine davon in Dortmund-Oespel, legen vor. So schnell geht es in Castrop-Rauxel nicht. Doch, weil die von der Bezirksregierung geführte Flüchtlingsunterkunft auch eine Landeseinrichtung ist, wird auch hier bald sicher die Bezahlkarte eingeführt. Die Karte „soll sukzessiv innerhalb von drei Monaten über das Landessystem in den weiteren derzeit 50 Einrichtungen ausgerollt werden“, erklärt das Bundesland NRW in einer Pressemitteilung.
Ausgabedatum noch offen
Auf Nachfrage der Redaktion erklärte wiederum Andreas Winnemöller von der Bezirksregierung: „In der Notunterkunft Gladbeck ist dies als Piloteinrichtung für den Regierungsbezirk Münster bereits geschehen. Die weiteren Einrichtungen folgen. So auch Castrop-Rauxel.“ Auf die Frage nach einem genauen Datum schreibt er: „Wann es dort soweit ist, kann derzeit allerdings noch nicht verbindlich vorhergesagt werden.“ Klar ist aber, dass spätestens Anfang April auch in Castrop-Rauxel die Bezahlkarten ausgeben werden.

„Bislang erfolgt einmal wöchentlich die Ausgabe von Bargeld in den Geflüchteteneinrichtungen. Dieses Verfahren wird nun durch die Einführung bzw. Ausgabe der Bezahlkarte ersetzt“, erklärt das Bundesministerium für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration. Die Bezahlkarte gibt es als Smartphone-App oder aber als Debitkarte vom Anbieter Visa. „Eingesetzt werden kann sie deutschlandweit im stationären Einzelhandel und im Onlinehandel, konkret überall dort, wo Visa akzeptiert wird“, schreibt das Ministerium weiter. Nicht eingesetzt werden kann die Karte im Ausland und für Geldtransfers in das Ausland, sexuelle Dienstleistungen und Glücksspiel. Und eben überall dort, wo keine Visa-Karte oder allgemein keine Kartenzahlung akzeptiert wird. Gerade bei kleinen Beträgen ist das in Castrop-Rauxel keine Seltenheit. Von einer Karte können pro Monat 50 Euro Bargeld abgehoben werden.
Stigmatisierung und Flickenteppich
Kritik an der Bezahlkarte gibt es schon lange. Schon weit vor der Einführung wurden die Argumente, dass die Bezahlkarte die Fluchtanreize verkleinern sollen und dass Geflüchtete so kein Geld mehr in die Heimat schicken können, scharf hinterfragt.

Dorothee Kohtz vom Flüchtlingshilfe Castrop-Rauxel e.V. erklärte auf Nachfrage der Redaktion: „Mit der Bezahlkarte ist ganz klar eine Einschränkung der Geflüchteten gewünscht. Das ist eine unwürdige Stigmatisierung, die ich nicht gut finde.“ Kohtz engagiert sich seit Jahren für Flüchtlinge und wurde dafür 2023 mit dem Ehrenpreis der Stadt Castrop-Rauxel ausgezeichnet. Sie und ihre Mitstreiter von der Flüchtlingshilfe dürfte zwar nicht in die Notunterkunft, weil dort das DRK die Hilfe übernimmt, dennoch spreche sie regelmäßig mit Geflüchteten aus der Notunterkunft. Auch sie kritisiert, dass es nicht überall einfach sei, überhaupt mit Karte zu zahlen.
Auch die Castrop-Rauxeler SPD-Politikerin Lisa Kapteinat kritisierte als
stellvertretende Vorsitzende der SPD-Fraktion im Landtag NRW, die schwarz-grüne Landesregierung für die Einführung der Bezahlkarten, greift allerdings einen anderen Punkt heraus. Während NRWs Landeseinrichtungen alle auf die Bezahlkarte umstellen, haben Kommunen mit der Opt-out-Regelung die Möglichkeit, nicht mitmachen und etwa weiter auf Bargeld zu setzen. Damit komme laut Kapteinat „nun der befürchtete Flickenteppich“.

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