Das wollen sich Real-Mitarbeiter nicht bieten lassen: Der Mutterkonzern Metro betreibt Lohndumping, so die Kritik. „Nicht mit uns“, sagt der Betriebsrat - und hat prominente Unterstützung.
Bei Real herrscht dicke Luft. Verunsicherung, Angst um den Arbeitsplatz und Frust über ungleiche Bezahlung machen sich bei der Belegschaft breit. Der Hintergrund ist, dass die Supermarktkette, die der Metro-Gruppe angehört, möglichst schnell und profitabel verkauft werden soll – so die Kritik, die laut wird. „Dazu wurde die Braut aufgehübscht“, kommentiert Désirée Simon aus Ickern das Vorhaben. Sie arbeitet seit 22 Jahren als Verkäuferin bei Real in Habinghorst, ist Mitglied im Betriebsrat.
Bürgermeister sagt seine Solidarität zu
Was bei Real momentan im Umbruch ist, erzürnt nicht nur die Gemüter der Angestellten. Auch Bürgermeister Rajko Kravanja (SPD) zeigte sich bei Facebook empört darüber. Er sicherte der Belegschaft seine Unterstützung zu. Zusammen mit der Landtagsabgeordneten Lisa Kapteinat besuchte Kravanja am Dienstag den Betriebsrat der Castrop-Rauxeler Filiale. Er werde sich an zukünftigen Aktionen beteiligen, kündigte er an – und rief die Bürger auf, sich solidarisch zu zeigen. Wörtlich heißt es dazu in seinem Facebook-Post: „Was könnt ihr machen? Keinen kompletten Boykott, denn das würde den Beschäftigten schaden. Aber wenn gestreikt wird, dann geht an diesem Tag auch nicht in den Markt und „unterlauft“ damit den Streik. Hier gilt es sich jetzt solidarisch mit den Beschäftigten, auch vielen Castrop-Rauxeler Familien, zu zeigen!“
Kritiker: Tarifflucht und Lohndumping
Von Arbeitgeberseite hieß es bis dato, dass man Lohnkosten einsparen müsse. Tarifflucht und Lohndumping sind die Folgen, so die Kritiker. Es gebe eine „Klassengesellschaft“, wie es der Betriebsratsvorsitzende Dennis Walter nennt: Langjährige Beschäftigte, für die noch der mit Verdi ausgehandelte Flächentarifvertrag gilt, werden besser bezahlt als neu eingestellte Mitarbeiter mit gleichen Tätigkeiten und gleicher Qualifikation. Für sie gilt ein hauseigener Tarifvertrag, der mit der durchaus umstrittenen Gewerkschaft DHV vereinbart wurde.

Die Betriebsratsmitglieder Beate Curtis (l.), Désirée Simon und Dennis Walter zeigen sich kämpferisch: Sie wollen für faire Arbeitsbedingungen bei Real sorgen. Die haben sich zuletzt deutlich verschlechtert. © Carsten Sander,
Zuvor hatte die Metro die Real SB Warenhaus GmbH in die Metro Services GmbH abgespalten und in Real GmbH umfirmiert. Der mit Verdi ausgehandelte Zukunftstarifvertrag wurde einseitig vom Arbeitgeber gekündigt. „Wir sitzen nebeneinander an der Kasse und bekommen für die gleiche Arbeit unterschiedlich viel Geld“, fasst Beate Curtis aus dem Betriebsrat zusammen. Das sei sehr unangenehm. Zum Beispiel verdient nach neuem Tarifvertrag eine Kassiererin etwa 800 Euro weniger: brutto statt 2600 Euro nun 1800 Euro, in den ersten sechs Monaten sogar noch mal 15 Prozent weniger. Das Gehalt liegt 30 Prozent unter dem der Kolleginnen.Bei Real ringen Mitarbeiter um Arbeitsplätze und faire Bezahlung
Viele Mitarbeiter fürchten auch um ihre Rente
Vor allem im Hinblick auf die Altersvorsorge ist das niedrigere Gehalt problematisch. So befürchten viele Mitarbeiter, dass es nicht für eine auskömmliche Rente reichen wird. Manche Angestellten seien gezwungen, einen Nebenjob anzunehmen, um über die Runden zu kommen.
Ein hartnäckiges Gerücht, das sich bei den Mitarbeitern halte, sei, dass Real an Amazon verkauft werde. Erste Märkte von Amazon im US-amerikanischen Seattle kommen mit deutlich weniger Personal aus, weil vieles automatisiert abläuft – zum Beispiel die Kasse.
Wie es weitergeht, erführen die Mitarbeiter nach eigener Einschätzung aus den Medien. Es gäbe keine Kommunikation von oben nach unten. Man zeige sich aber kampfbereit, sagt Dennis Walter.
Jahrgang 1979. Kind der Metropole Ruhr. Seit 2017 für Sie im Dortmunder Westen vor Ort. Nah an den Menschen und immer neugierig.
