Ein Archivfoto von 2014 verdeutlicht, worum es geht. Bei Stürmen kann immer wieder mal ein Baum auf ein Haus stürzen.

© Abi Schlehenkamp (A)

Unwetter lässt Debatte über Castrop-Rauxeler Baumschutzsatzung aufleben

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Die Baumschutzsatzung in Castrop-Rauxel steht nach dem Unwetter vom 14. Juli in der Diskussion. Die FDP hält die Satzung der Stadt für nicht mehr zeitgemäß. Eine Einordnung.

Castrop-Rauxel

, 02.08.2021, 17:55 Uhr / Lesedauer: 2 min

Der Baumschutz steht in Castrop-Rauxel seit vielen Jahren in der Diskussion. Was der einen Seite unumgängliche Notwendigkeit gerade in Zeiten zunehmender Klimawandelproblematik ist, gilt für die andere Seite als Eingriff in das Selbstbestimmungsrecht eines Immobilienbesitzers.

Aktuell ist die Diskussion wieder entbrannt am Beispiel der Esche im Garten von Marion Bossmann. Sie hat Angst, dass der rund 100 Jahre alte Baum bei einem Sturm auf ihr Haus stürzen könne und möchte ihn daher fällen lassen.

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Doch die Esche steht fest, sagen sowohl ein privater Baumdienst als auch die Feuerwehr. Damit ist der Baum durch die Castrop-Rauxeler Baumschutzsatzung geschützt und darf nicht gefällt werden. Und daran entzündet sich die aktuelle Diskussion um diese Satzung.

„Negativwirkung der überholten Baumschutzsatzung“

Nils Bettinger, als Castrop-Rauxeler FDP-Chef seit langer Zeit ein energischer Gegner der aus seiner Sicht willkürlichen Festsetzungen in der Satzung, hat sich auf Facebook zu Wort gemeldet: „Ein Witz, dass die Besitzer auf ihrem eigenen Grund und Boden nicht entscheiden dürfen, welche Bäume stehen bleiben dürfen. (...) Paradebeispiel für die Negativwirkung der überholten Baumschutzsatzung.“

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Quasi zeitgleich warnte EUV-Vize Thorsten Werth-von Kampen in einer Ausschusssitzung, in der es um mögliche Konsequenzen aus dem Sturmtief Bernd ging, eindringlich davor, den Klimaschutz nicht ernst genug zu nehmen, warb dafür, dass man als Stadt „in Zukunft Grünflächen von Bebauung freihalten“ müsse.

Ist ein Baum nun eine potenzielle Gefahr oder ist ein Baum mit seiner Möglichkeit, Boden zu halten und zu sichern, und für Luftaustausch zu sorgen, eine Bereicherung? Die Diskussion darüber wird in Zukunft sicher noch mehr geführt werden, denn die Klimaextreme nehmen offenbar zu, wie Werth-von Kampen unterstrich.

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Aus Sicht von Nils Bettinger habe seine Einlassung zum Thema nichts mit Populismus zur Unzeit zu tun, wie unsere Redaktion in einem Kommentar schrieb. Vielmehr hätten auch die Berichte und Kommentare unserer Redaktion in den vergangenen Monaten die Eigenverantwortung von Grundstückseigentümern unterstrichen und gefordert.

Hausbesitzer müssen sich Gedanken machen

Bettinger: „Und wir haben gesehen, welch mächtiges Wurzelwerk in Obercastrop beim letzten Sturm der Erde entrissen wurde.“ Da sei ein Populismus-Vorwurf an ihn nicht zu halten. Bettinger: „Gerade jetzt müssen Hausbesitzer doch solche Gedanken durchgehen.“

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Das werde von unserer Redaktion an anderer Stelle tatsächlich so gefordert. Nora Varga schreib in einem Kommentar: „Über seinen eigenen Grund und Boden entscheiden zu dürfen, ist nicht nur ein Recht, sondern auch eine Pflicht.“

Hier fragt Bettinger nun, ob die Stadt Castrop-Rauxel alle Schäden zahle, wenn beim nächsten Extremwetter der genannte Baum fällt? Und beantwortet die Frage gleich selbst: „Nein, das tut sie eben nicht. Auf einem 400 qm-Grundstück dürfte die Familie den Baum fällen – auf einem Grundstück mit 401qm Größe jedoch nicht. Die Baumschatzsatzung ist völliger Murks und enthält willkürliche Ansätze.“

Satzung schützt Stadtklima und Naturhaushalt

Die Satzung in ihrer jetzigen Form wurde Ende 2018 aufgestellt. Ihr Sinn wird darin wie folgt dargestellt: Der Baumbestand in der Stadt Castrop-Rauxel soll geschützt werden zur:

  • Sicherstellung der Leistungsfähigkeit des Naturhaushalts,
  • Gestaltung, Gliederung und Pflege des Orts- und Landschaftsbildes und zur Sicherung der Naherholung,
  • Abwehr schädlicher Einwirkungen auf den Menschen und auf Stadtbiotope,
  • Erhaltung oder Verbesserung des Stadtklimas,
  • Erhaltung eines artenreichen Baumbestandes gegen schädliche Einwirkungen

Zur Diskussion steht also, wie man den Schutz des Einzelnen und den Naturschutz gegeneinander abwägt.

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