Die Bürgerinitiative "Nicht über unseren Köpfen" präsentiert ihren Gegenentwurf zu der Stromtrassen-Planung, die der Stromkonzern Amprion in Pöppinghausen durchsetzen will. Ganz rechts: Der Bundestagsabgeordnete Frank Schwabe (SPD). © Rebekka Wölky

Energiewende

Stromkabel über Castrop-Rauxel: Bürgerinitiative sucht Hilfe im Bundestag

In Pöppinghausen wehrt sich die Bürgerinitiative „Nicht über unseren Köpfen“ weiter gegen die konkreten Pläne von Amprion für eine Hochspannungsleitung. Nun geht der Streit in eine neue Runde.

Castrop-Rauxel

, 29.09.2021 / Lesedauer: 4 min

Dass bei dem Dorf Pöppinghausen das bestehende Umspannwerk auf 380 kV aufgerüstet wird, hat die Bürgerinitiative „Nicht über unseren Köpfen“ akzeptiert. Für die Aufrüstung des Umspannwerkes muss auch die Kilovoltzahl der Leitungen erhöht werden, die über Stromtrassen dorthin führen.

Laut dem Sprecher des Netzbetreibers Amprion, Matthias Machinek, will das Unternehmen dafür neue, leistungsfähigere Leitungen über bestehende Trassen in das umgebaute Umspannwerk einführen.

Mit der Art und Weise, in der Amprion den Umbau vornehmen will, ist man in Pöppinghausen aber auch nach jahrelangen Diskussionen nicht zufrieden. „Eigentlich sind wir eine für Amprion sehr angenehme Bürgerinitiative“, sagt Karl-Heinz Vogel, Mitglied von „Nicht über unseren Köpfen“ und außerdem bei den Grünen aktiv.

„Wir wehren uns nicht dagegen. Uns ist klar, dass wir 380 kV für die Energiewende brauchen, um Energie möglichst verlustfrei transportieren zu können. Wir bestehen auch nicht auf Erdkabeln.“

Erster Planungsentwurf wird nicht überdacht

Der Stromkonzern aber halte seit Jahren an seinem allerersten Planungsentwurf fest. Bei einer Informationsveranstaltung vor einem Jahr habe Amprion zwar andere geprüfte Alternativen - und deren Mängel - erklärt. „Das waren aber nur Scheinvorschläge, keine ernst gemeinten“, ist sich Gabi Winkelkotte von der Bürgerinitiative sicher. „Die waren so an den Haaren herbeigezogen, die hätten wir auch nicht für vorzügswürdig gehalten.“

So verlaufen die Stromleitungen aktuell in Pöppinghausen. Blau: 110-kV-Leitung. Grün: 220-kV-Leitung. Rot: 380-kV-Leitung. © Nicht über unseren Köpfen

Bei Amprions favorisierter Variante sollen die neuen Leitungen über bestehende Trassen geführt werden. Damit ist die Bürgerinitiative prinzipiell einverstanden. Ein Mast soll außerdem von der westlichen auf die östliche Seite der Straße Westring wandern, um die Wohnsiedlung im Westen, südlich der Pöppinghauser Straße, zu entlasten, wenn die 220-kV-Leiterseile durch 380-kV-Leiterseile ersetzt werden. Etwas weiter südlich sollen zwei Masten durch Neubauten ersetzt werden.

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Ähnliches soll laut Machinek auch nordwestlich von Pöppinghausen geschehen: „Durch die Verschiebung einzelner Maststandorte wird auch hier die Wohnbebauung entlastet“, sagt er. Auch hier sollen neue Masten die alten ersetzen. „Aufgrund der Planung im Bestand kann ein großer Teil der nördlichen Leitungsführung entlang der Emscher auf ungefähr einem Kilometer demontiert werden“, sagt Machinek.

Die letzte freie Sichtachse im Dorf

Die Bürgerinitiative „Nicht über unseren Köpfen“ ist mit diesen Plänen nicht einverstanden. Mehr Leitungen würden über die 380-kV-Trasse nahe der Siedlung und sogar darüber hinweg gespannt, erklärt Georg Winkelkotte von der Bürgerinitiative. „Das nimmt uns die letzte freie Sichtachse im Dorf.“ Auch gesundheitliche Bedenken habe man.

So will Amprion die Stromleitungen in Pöppinghausen ziehen. Im Osten verliefe dann eine 380-kV-Leitung direkt über einer Wohnsiedlung. © Amprion

Die Pöppinghauser machen deswegen einen neuen eigenen Vorschlag. „Wenn es nach uns geht, haben wir nicht mehr als 110 kV über dem Dorf“, sagt Gabi Winkelkotte. Die 380-kV-Leitung solle bereits am Umspannwerk deutlich weiter nach Westen abknicken und zwar ebenfalls über bestehende Trassen geführt werden, aber in anderem Muster. So wäre zwischen Wohnhäusern und Trasse insgesamt mehr Platz.

Das Problem bei diesem Vorschlag besteht laut Amprion darin, dass auf dieser Trasse die Seile der 220-kV-Spannungsebene und die 110-kV-Seile der Westnetz GmbH liegen. Eine Zubeseilung sei nicht möglich. Ein Ersatzneubau mit größeren Masten in derselben Trasse auch nicht, sagt Machinek. „Ein Neubau parallel zu den Leitungen wäre nötig, der eine Vielzahl neuer Betroffenheiten schaffen würde“; erklärt er. Außerdem lägen die Leitungen über einem Naturschutzgebiet.

380 kV direkt über einem Wohngebiet

„Nicht über unseren Köpfen“ schlägt außerdem vor, die 220-kV-Leitungen einfach umzulegen und nördlich von Pöppinghausen an der Emscher entlang zu führen. Ein von Amprion geplanter Abbau von Masten an der Emscher wäre damit aber laut Machinek nicht mehr möglich.

Auch von Osten sollen in beiden Varianten 380-kV-Leitungen in Richtung des Umspannwerkes geführt werden. Im Vorschlag vom Amprion direkt über die Siedlung, über eine Trasse, auf der aktuell noch 110-kV-Leitungen liegen. Die Bürgerinitiative schlägt vor, die Leitung in einem weiteren Bogen im Osten weit vom Dorf entfernt zu führen. Aber auch das geht laut Amprion nicht, weil die Trasse dort nicht Amprion, sondern Westnetz gehöre.

So sieht der Gegenvorschlag der Bürgerinitiative aus. Blau: 110-kV-Leitung, grün: 220-kV-Leitung, rot: 380-kV-Leitung. Die gestrichelten Linien markieren die Trassen, die im Vergleich zur aktuellen Situation entfallen würden. © Nicht über unseren Köpfen

„Unser großes Problem ist, dass wir keinen unabhängigen Experten finden, der da mal drüber guckt und uns sagt, ob unsere Ideen umsetzbar sind“, Georg Winkelkotte.

Frank Schwabe soll der Bürgerinitiative helfen

Hilfe erhoffen sich die Pöppinghauser nun von SPD-Bundestagsabgeordnetem Frank Schwabe, der beim letzten Treffen der Bürgerinitiative am 17.9. in Pöppinghausen vor Ort war. Schwabe kündigte an, seine Beziehungen zu nutzen, einen Brief an die Bezirksregierung zu schreiben und sich in Berlin nach einem neutralen Experten auf diesem Gebiet umzuhören.

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Ein Planfeststellungsverfahren will Amprion im Laufe des Jahres 2022 bei der Bezirksregierung einreichen. Die Pöppinghauser können dann erneut Bedenken äußern. „Uns ist der transparente und offene Dialog mit den Menschen vor Ort und der Bürgerinitiative sehr wichtig“, sagt Machinek. Dass die Kommunikation mit Amprion trotz allem freundlich sei, bestätigt die Bürgerinitiative.

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