Zu hohe Zinsen
Gericht kippt Abwassergebühr: Auch Castrop-Rauxeler könnten profitieren
Das Oberverwaltungsgericht NRW hat ein Grundsatzurteil zu Abwassergebühren gefällt. Darin wurden zu hohe Zinsen bemängelt. Die wurden bisher auch vom EUV in Castrop-Rauxel verwendet.
In einem lange andauernden Rechtsstreit um die Berechnung von Abwassergebühren hat das Oberverwaltungsgericht (OVG) NRW nun ein Urteil gefällt, das weitreichende Folgen für die Gebührenkalkulation aller Städte und Gemeinden in ganz NRW haben wird – so auch für Castrop-Rauxel.
Geklagt hatte ein Mann aus Oer-Erkenschwick mit Unterstützung des Bundes der Steuerzahler gegen einen Bescheid aus dem Jahr 2017. Und das Gericht gab dem Mann nun Recht: Sein Abwasser-Bescheid sei um rund 18 Prozent zu hoch berechnet worden, so das OVG.
Zinsen dürfen nur mit 2,42 Prozent kalkuliert werden
Knackpunkt der Berechnung war, dass die Berechnung von kalkulatorischen Abschreibungen und kalkulatorischen Zinsen in der Abwassergebühr zu einem Gebührenaufkommen führt, das die Kosten der Anlagen überschreitet. Laut Gericht lagen grundlegende Kalkulationsfehler vor. Unter anderem sei der kalkulatorische Zinssatz zu hoch angesetzt worden: Statt bei 6,52 Prozent, wie es Oer-Erkenschwick nahm, dürfe der nur bei 2,42 Prozent liegen, so das OVG in seinem Urteil.
Ob Gebührenzahler nun die Chance haben, eine Rückzahlung zu erhalten, ist offen. Denn vielfach sind die Einspruchsfristen gegen derartige Gebührenbescheide überschritten. Auch der Verband Wohneigentum geht davon aus, dass die Einspruchsfrist gegen den Gebührenbescheid 2022 in fast allen Fällen abgelaufen ist. Ab 2023 aber sei das Urteil für alle NRW-Bürger rechtskräftig, so der Bund der Steuerzahler, dann müssten sich alle Kommunen nach dem Urteil richten.
EUV hat bisher mit 5 Prozent kalkuliert
Das gilt dann wohl auch für den Castrop-Rauxeler Stadtbetrieb EUV, der hier für die Abwasser-Gebühren verantwortlich zeichnet. Der preiste noch für das laufende Jahr bei der Gebührenkalkulation im November 2021 einen kalkulatorischen Zinssatz von 5,0 Prozent ein. Also einen mehr als doppelt so hohen Zinssatz, wie ihn das Oberverwaltungsgericht jetzt zuließ.
Der EUV, das geht aus den Vorlagen hervor und wird von EUV-Chef Michael Werner bestätigt, stützte sich bei der Ansetzung des Zinssatzes auf das letzte hierzu ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen vom 5. Juli 2012. Das legte damals einen maximal zulässigen kalkulatorischen Zinssatz von 7 Prozent fest. „Da sind wir bewusst schon drunter geblieben“, so Werner.
Seit 2013 hatte der EUV auf Grundlage dieses Urteils zunächst kalkulatorische Zinsen in Höhe von 5,4 Prozent angesetzt, die im Jahr 2016 dann auf 5,2 Prozent und 2020 schließlich auf 5,0 Prozent gesenkt wurden. Die Senkung, so hieß es zuletzt in der Gebührenbedarfsberechnung 2020, sei vorgenommen worden, „da sich der Kapitalmarkt seit längerer Zeit auf einem niedrigen Zinsniveau befindet“. Das ändert sich gerade wieder. „Es ist ein ständiges Hin und Her mit solchen Kalkulationen“, weiß denn auch Michael Werner.
Politik soll schnell informiert werden
Die Richter des OVG hatten zudem die Abschreibungspraxis vieler Kommunen gerügt. Bei der Abschreibung geht es um den Wertverlust im Laufe der Jahre zum Beispiel durch Verschleiß. Viele Städte haben dabei aber nicht angesetzt, was die Kanäle tatsächlich gekostet hatten, sondern was sie kosten würden, wenn sie erneuert würden. Hier sieht Werner für Castrop-Rauxel und seinen Betrieb keine Probleme.
Der Stadtbetrieb hat das Urteil dabei mit großem Interesse verfolgt, wartet aber noch auf die Urteilsbegründung. „Das wird natürlich Auswirkungen auf unsere künftige Kalkulation haben“, so Michael Werner. Man werde der Politik möglichst schon in der nächsten Verwaltungsratssitzung dazu einen Bericht geben. Was das für den Geldbeutel der Castrop-Rauxeler zu bedeuten hat, lässt sich derzeit noch nicht abschätzen.
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