Vom Abstellgleis in die BVB-Startelf: Dan-Axel Zagadou meldet sich mit zwei überzeugenden Partien zurück. Trainer Favre hat vor dem zweiten Champions-League-Spiel ein Luxusproblem.
Einen Ausweg aus dem Dilemma finden? Das schien für Dan-Axel Zagadou zur unlösbaren Aufgabe zu werden. Diese verflixte Seuche hatte ihn einfach zu fest im Griff. Patzer auf dem Platz, dann der Muskelbündelriss. Keine Minute durfte der junge Verteidiger in der Bundesliga-Rückrunde der vergangenen Saison für Borussia Dortmund auflaufen.
Unter Stöger auf dem Abstellgleis
Trainer Peter Stöger schob den französischen Hünen aufs Abstellgleis. Bitter. Mehr noch. Jetzt im Sommer kaufte der BVB Abdou Diallo für mehr als 25 Millionen Euro - und somit neue, teure Konkurrenz in der Innenverteidigung für den behäbig wirkenden Zagadou. Maximal die Reservistenrolle winkte dem 19-Jährigen deshalb in dieser Spielzeit unter dem neuen Chef Lucien Favre.
Doch plötzlich, wenige Wochen später, ist alles anders. Zweimal durfte Zagadou, der im Sommer 2017 ablösefrei aus der Jugend von Paris St. Germain nach Dortmund gekommen war, jetzt über 90 Minuten zeigen, was er kann. Die Erkenntnis: Er kann viel. Sehr viel sogar. Schon am Mittwoch gegen den 1. FC Nürnberg bestach Zagadou mit starken Werten. 138 Ballaktionen, 60 Prozent gewonnene Zweikämpfe, 95 Prozent Passquote. Oder zusammengefasst: Der Franzose agierte nahezu tadellos.
Erstaunliche Ruhe am Ball
Hätte man diese Top-Leistung noch zum Teil auf schwache Nürnberger Angreifer schieben können, so verbietet sich das spätestens, wenn man zu Zagadous Werten vom Samstag gegen Leverkusen greift. Satte 79 Prozent seiner Duelle entschied der U20-Nationalspieler Frankreichs in der BayArena für sich, 89 Prozent seiner Pässe fanden den Weg zum Mitspieler. Und mehr als 100 Ballkontakte unterstrichen erneut seinen Wert für das Dortmunder Spiel. Zagadou zeigte eine erstaunliche Ruhe am Ball, selbst in größter Bedrängnis zuckten seine Nerven nicht mal im Ansatz. Kalt wie ein Eisberg - und das mit 19 Jahren.
Er fand meist die spielerisch gute Lösung, leistete sich kaum Fehler. Keine Frage, in dieser Form muss er nicht zwangsläufig zurück auf die Ersatzbank. Und alle Experten fragen sich: Was hat Lucien Favre bloß mit Zagadou gemacht? Wie hat er dem Teenager nach der unrühmlichen Vorgeschichte solches Selbstvertrauen eingeimpft? Nach der Partie in Leverkusen herzte der Trainer noch auf dem Rasen lachend seinen 1,96-Meter-Abwehrturm - im Wissen, wie wichtig für dessen Entwicklung diese Englische Woche mit zweimal starken 90 Minuten war.
„Diese jungen Spieler machen wirklich Spaß“
Auch der BVB-Präsident war voll des Lobes. „Diese jungen Spieler wie Zagadou machen wirklich viel Spaß. Einfach gut, ein großes Potenzial, das wir da im Kader haben“, lobte Dr. Reinhard Rauball, als er mit einem Lächeln im Gesicht die BayArena am späten Samstagabend verließ. Ein Gesichtsausdruck, den auch Dan-Axel Zagadou Richtung Mannschaftsbus trug. Klar, ein Dilemma gibt es ja gerade nicht. Höchstens für Lucien Favre - in der luxuriösen Frage, welchen seiner Innenverteidiger er am Samstag gegen Augsburg von der Leine lässt.