Wer geht zum BVB ins Stadion? Warum manche Fans begrenzt begeistert sind

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Wer geht zum BVB ins Stadion? Warum manche Fans begrenzt begeistert sind

rnBorussia Dortmund

25.000 Fans dürfen beim BVB aktuell ins Stadion. Doch selbst die treuen Fans rufen ihre Tickets nur teilweise ab. Die Gründe sind vielschichtig.

Dortmund

, 25.08.2021, 06:00 Uhr / Lesedauer: 3 min

Rund 25.000 Zuschauer wird Borussia Dortmund am Freitagabend begrüßen. Aufgrund der eingeschränkten Kapazität gilt das Stadion dann als ausverkauft. Das gelingt unter den Vorzeichen der Corona-Pandemie längst nicht an allen Bundesliga-Standorten und ist selbst bei den so fußballverrückten BVB-Fans keine Selbstverständlichkeit.



Nicht alle BVB-Dauerkarteninhaber wollen gegen Hoffenheim ins Stadion

Vor dem ersten Liga-Heimspiel gegen Frankfurt gingen 2000 Tickets in den freien Verkauf, auch für die Flutlicht-Veranstaltung gegen die TSG 1899 Hoffenheim (Freitag, 20.30 Uhr) griffen die Dauerkarten-Inhaber das verfügbare Kontingent nicht ab, obwohl bis zu vier Karten pro Käufer möglich waren.

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Grob überschlagen: 55.000 Dauerkarteninhaber hätten 220.000 Tickets ordern können, es gingen beim BVB aber nicht einmal 20.000 Bestellungen ein. Die restlichen Karten gingen in den freien Verkauf, erst an alle Mitglieder, dann ganz offen. Am Mittwochmorgen, zwei Tage vor dem Anpfiff, gibt es Karten für ein BVB-Heimspiel – das ist ungewöhnlich. An zuschauerträchtigen Standorten wie in Frankfurt oder Stuttgart blieben an den ersten Spieltagen Plätze frei, was sich nicht nur mit Sommerferien oder dem Fehlen der Ultras erklären lässt.

BVB-Fans im Stadion: „Alle oder keiner“?

Woran liegt es, dass bei den Fußballfreunden so große Zurückhaltung herrscht? Sind das sichtbare Zeichen der Entfremdung und Entwöhnung vom Profifußball? Oder ist die Bevölkerung in großen Teilen skeptisch und vorsichtig? Passt eine ausgelassene Stimmung im Stadion mit zig tausend Fans nicht zum Lebensgefühl der Menschen? Oder zählt nur „Alle oder keiner“?

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Ob die 2G-Regel (geimpft, genesen) oder die 3G-Regel (geimpft, genesen, getestet) eine zu hohe Hürde darstellen, lässt sich schwer ermitteln. Weil diese auch andere kulturelle oder gastronomische Bereiche betrifft, liegt die Vermutung nahe, dass dies nicht so ist. Impf- oder Testnachweise haben sich im Alltag etabliert. Allerdings: 40 Prozent der Bevölkerung gelten (noch) als nicht vollständig geimpft. Das dürfte damit im Querschnitt auch auf die BVB-Fans zutreffen. Und ein sachliches Argument: Statt umgerechnet 15 Euro für ein Heimspiel für den Stehplatz auf der Südtribüne kostet ein Sitzplatz-Ticket jetzt ein Vielfaches davon. Das schreckt ab.

BVB-Fans nennen auch emotionale Gründe

Ein emotionaler Grund: Ein halb volles Stadion übt nicht den Reiz einer ausverkauften Arena aus. „Ich bin großer Fan des Erlebnisses Fußball, und das hat für mich etwas mit vollen Stadien zu tun. Ich möchte auf meinem Platz sein mit Leuten, die da sind, wo ich sie immer treffe“, erklärt BVB-Fan Marc Quambusch. Weil dieses authentische Stadionerlebnis nicht möglich sei, sehe er auch keine Veranlassung dazu, in den Signal Iduna Park zu gehen. Mit der gewohnten und geliebten Fußballkultur hätten diese Spiele wenig zu tun.

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Ähnlich sieht es Denis Trost aus Dortmund. „Ich habe seit zehn Jahren die Dauerkarte für die Südtribüne, Block 12. Ich habe aktuell keine Lust aufs Stadion, da es für mich nicht das Gleiche wäre, wenn man sich nach einem Tor nicht richtig in die Arme springen darf und die Stimmung fehlt mir dann auch.“ Es sei ein Unterschied, ob 25.000 oder 80.000 Fans da sind. „Ich hoffe einfach, dass man bald wieder ,mit alle Mann‘ im Stadion steht, ohne Abstand, und mal eine Bierdusche abbekommt.“ Stadionkultur und Hygienekonzept passen in manchen Aspekten nicht zueinander.

Fans zurück im Stadion: Ex-BVB-Trainer Jürgen Klopp kommen fast die Tränen

In Europa gibt es die ganze Klaviatur an Beschränkungen. In Österreich, Dänemark, England, Frankreich, Israel, Lettland, Litauen, der Schweiz und Tschechien ist sogar die volle Auslastung gestattet, größtenteils ohne Test oder Impfnachweis. Ex-BVB-Trainer Jürgen Klopp kamen bei 52.000 Fans an der Anfield Road des FC Liverpool am Samstag fast die Tränen. „Wir haben das so lange nicht gehabt. Es waren, glaube ich, 529 Tage bei uns. Das ist natürlich eine extrem lange Zeit. Man kann sagen, wir waren alle extrem emotional bei der ganzen Geschichte“, berichtete der 54-Jährige Bild TV. „Es gab Momente, wo man die Tränen schwer zurückhalten konnte.“

Als Krücke für die Aufrechterhaltung des Spielbetriebs, für das finanzielle Überleben reichten die sterilen Geisterspiele seit dem Frühjahr 2019 für eine gewisse Zeit aus. Doch die Emotionalität des Sports ging dadurch verloren. In den Stadien, und auch vor den Fernsehern. Wann mehr möglich ist? In Deutschland könnten schon bald rechtliche Schritte der Bundesliga-Klubs oder großzügigere Vorgaben der Politik, die Gesundheitsminister Jens Spahn andeutete, zur weiteren Öffnung führen.

BVB wird noch länger auf die aktive Fanszene verzichten müssen

Borussia Dortmunds aktive Fanszene diskutiert einen „Wiedereinstieg“ in das für sie so wichtige Stadionerlebnis in der 3. Liga bei einem der nächsten Auswärtsspiele der schwarzgelben Zweitvertretung. Bis in den Blöcken 12 und 13 auf der Südtribüne wieder auf die Pauke gehauen wird, werden noch einige Tore in halb leeren Stadien fallen.