„Weniger sexy, mehr Erfolg“ als neue BVB-Parole Paradigmenwechsel bei Borussia Dortmund

„Weniger sexy, mehr Erfolg“ als neue BVB-Parole: Paradigmenwechsel bei Borussia Dortmund
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In der Dortmunder Phoenixhalle lässt sich eine wundervolle Zeitreise erleben. Auf dem lange brachliegenden Industriegelände, wo früher in der Hitze der Hochöfen den Malochern der Schweiß in Sturzbächen heruntertriefte und die Hörder Fackel als Symbol endloser Schufterei durch die Nächte loderte, ist Kunst von Weltrang eingezogen.

Radikale Veränderung beim BVB

Weder die geschundenen Kumpel noch die alten Künstler Gustav Klimt und Friedensreich Hundertwasser hätten sich wohl jemals vorstellen können, dass im Jahr 2023 die beeindruckende Lichtshow „Phoenix de Lumieres“ die Werke der großen Meister an die Wände der alten Werkshalle projizieren wird. Die opulente, farbenprächtige Inszenierung erhält durch die Historie der ergrauten Ausstellungsstätte eine tiefe, über sich selbst hinausweisende Bedeutung. Damit sind wir beim Wandel. Und bei Borussia Dortmund.

Fast beiläufig erwähnte Edin Terzic am Freitagabend kurz vor Mitternacht die einigermaßen radikale Veränderung, die ihm und den sportlichen Entscheidern in der Identität vorschwebt. Getrieben von vielen aufwühlenden Erlebnissen mit einer Mannschaft, die der 40-Jährige auch als Fan verehrte, setzte er sich als Cheftrainer für einen Paradigmenwechsel ein.

BVB wartet auf die neunte Meisterschaft

Jahrelang standen Attribute wie attraktiver Offensivfußball, technische Kabinettstückchen und Hochgeschwindigkeitskonter als Synonyme für den BVB im Lexikon der Bundesliga. Ergänzt um die Einordnung, dass dies phasenweise berauschte, aber selten bis nie in den größtmöglichen Erfolg mündete. Den ersten Teil der schwarzgelben Daseinsbeschreibung will Terzic ändern. Damit mit dem zweiten Teil Schluss ist. Statt oft brotloser Kunst soll wieder werthaltige Maloche eine schwarzgelbe Primärtugend sein.

„Wir haben lange genug im letzten Jahrzehnt schönen, sexy Fußball gezeigt“, führte Terzic nach dem 1:0 gegen Werder Bremen aus. „Das hat aber am Ende nicht dazu geführt, unser maximales Ziel zu erreichen.“ Seit 2012 wartet der Klub auf die neunte Deutsche Meisterschaft. Zwei Siege im DFB-Pokal seitdem haben den Erfolgshunger von Fans und Verein nicht annähernd gestillt. Daraus habe man im Klub Schlüsse gezogen und einen Paradigmenwechsel vollzogen. Terzic sagt: „Weniger sexy, mehr Erfolg.“

BVB holt 66 Punkte in 27 Spielen

Dieses Etikett passte perfekt zum Auftritt von seiner Mannschaft am Freitagabend. Und es passt zu Borussia Dortmund im Kalenderjahr 2023. Manchmal sieht es mühsam aus, wenn der BVB spielt. Nicht immer sprüht die Spiellaune aus der Terzic-Elf wie der Champagner aus einer geschüttelt entkorkten Flasche. Entscheidend soll viel öfter sein, was auf dem Lohnzettel steht, wenn Schicht im Schacht ist. Und für den Trainer geht die Rechnung so: „Wir haben im gesamte Jahr 2023 aus 27 Spielen 66 Punkte geholt. Das ist eine sehr konstante Entwicklung.“

Julian Ryerson im Zweikampf.
Fußballarbeiter: BVB-Rechtsverteidiger Julian Ryerson. © imago / pepphoto

Um den Wandel mit Namen zu beschreiben: Ein Julian Ryerson wird im Leben kein Achraf Hakimi mehr. Ramy Bensebaini spielt anders Fußball als Raphael Guerreiro. Niclas Füllkrug ackert Fußball, wo ein Pierre-Emerick Aubameyang leichtfüßig allen davonlief. Physische Wucht statt taktischer Winkelzüge. Mehr Energie als Eleganz. Spektakel ist keineswegs verboten. Ziellose Zauberei soll aber keine Priorität mehr besitzen. Entscheidend ist, was am Ende dabei herauskommt.

Nüchternheit passt zur BVB-DNA

Diese Nüchternheit ist neu, aber sie passt zur BVB-DNA. Sie passt zu den Dortmunder Wurzeln wie die Gedenkstätten der Bergbaukultur. Und wenn das auf dem Fußballrasen ab und zu mit einem feinen Pinselstrich versehen wird, der auch Klimt und Hundertwasser gerecht geworden wäre, sind im Ruhrpott alle glücklich. Am Ende macht schließlich der Erfolg an sich sexy.

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