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Weidenfeller über die BVB-Meistersaison 2010/11: „Eine gewaltige Party vor der Süd“
Borussia Dortmund
Zehn Jahre liegt die Meisterschaft des BVB zurück, doch Roman Weidenfeller erinnert sich noch gut daran. Vor allem an einen Schlüsselmoment der Saison 2010/11 – und Lukas Podolski.
Ein satter Linksschuss von Kölns Lukas Podolski schlägt im Dortmunder Gehäuse ein. 1:1, 82. Minute. BVB-Torhüter Roman Weidenfeller will sich den Ball greifen, um ihn schnell zum Anstoß an die Mittellinie zu befördern. Aber Podolski will Zeit schinden, gibt das Spielgerät nicht ab, narrt Weidenfeller. „Wie ein kleiner Junge bin ich hinter Poldi hergelaufen“, erinnert sich Weidenfeller. Irgendwann haben die Borussen aber den Ball. Dann kommt die Nachspielzeit. Nuri Sahin zieht ab, trifft, 2:1 für den BVB. Der Sieg. Auf Knien rutscht das Dortmunder Eigengewächs triumphierend am verdutzten Podolski vorbei.
BVB-Sieg gegen Köln war ein Schlüsselmoment in der Meistersaison 2010/11
Es war einer dieser Schlüsselmomente in der Saison 2010/11, „da haben wir gemerkt, es läuft. Wenn wir nicht aufgeben, dann kann uns wirklich etwas Großes gelingen“, sagt Roman Weidenfeller. Nach diesem 8. Spieltag sprang Borussia Dortmund erstmals an die Spitze der Bundesliga-Tabelle, am Ende mündete die Spielzeit tatsächlich im siebten Meistertitel für Schwarzgelb. Und Dortmund war plötzlich wieder da. Nach neun Jahren Durststrecke seit der Meisterschaft 2002, nach beispiellosen Turbulenzen, der Beinahe-Insolvenz, dem mühsamen Neuaufbau einer Mannschaft.
Zehn Jahre liegt der Titel 2011 nun zurück, doch der Moment, als es die Schale gab, er hat sich auf ewig eingebrannt im Gedächtnis Roman Weidenfellers. Als Vertreter des lange verletzten Kapitäns Sebastian Kehl bekam er das begehrte, mit Edelsteinen besetzte Silberstück damals überreicht. „Für mich war es der wichtigste Titel. Schon als Kind, als ich mit dem Fußballspielen anfing, habe ich davon geträumt, einmal Meister zu werden. Diese Schale dann in den Händen zu halten, das war das Allergrößte“, sagt Weidenfeller im Gespräch mit den Ruhr Nachrichten. Teamgeist, so berichtet es der heute 40-Jährige, sei der Schlüssel zum Erfolg gewesen. Was nicht heißt, dass elf Freunde im BVB-Trikot auf dem Platz standen, aber „jeder war im Spiel für den anderen da. Das war entscheidend dafür, dass wir im Endspurt der Saison die letzten Kräfte aus uns herausholen konnten“. Niemand habe sich geschont „weder im Training, noch in irgendeinem Spiel“. So habe der BVB die Mentalität entwickelt, extrem hungrig zu bleiben auf Siege.
BVB-Meistersaison 2010/11: „Der Lärmpegel war unglaublich“
Und als der BVB sich in der Rückrunde längst in der Bundesliga-Spitze festgebissen hatte, und jedem im Klub klar wurde, dass die Chance auf den großen Coup zum Greifen nah rückte, fasste die Mannschaft einen Entschluss. Roman Weidenfeller: „Wir haben uns eingeschworen, nicht über die Meisterschaft zu sprechen, sondern unsere Arbeit auf dem Platz zu erledigen, uns nicht ablenken zu lassen.“ Der Plan ging auf.
Am 30. April 2011 gewann der BVB mit 2:0 gegen den 1. FC Nürnberg, Borussias Verfolger Bayer Leverkusen kassierte zeitgleich ein 0:2 im rheinischen Derby in Köln. Dortmund war nun nicht mehr einzuholen. Im Westfalenstadion brachen alle Dämme. „Der Lärmpegel war unglaublich, es war eine gewaltige Party vor der Süd, das kann niemand jemals vergessen, der dabei war“, gesteht Weidenfeller. Legendär auch das Interview, das der Torhüter im Meistertaumel gab. Ins Mikrofon des Dubai-Sport-Reporters bilanzierte er: „We have a grandios Saison gespielt.“
Borussia Dortmund hat „a grandios Saison gespielt“
In der Tat. Grandios war sie, die Leistung der Borussia um den Abwehr-„Kinderriegel“ Mats Hummels und Neven Subotic (beide waren damals erst 22 Jahre alt). 75 Punkte holten die Schwarzgelben, Leverkusen und Bayern blieb mit sieben Zählern Rückstand nur das Nachsehen. Der Vater des schwarzgelben Triumphes: Jürgen Klopp. „Er war ein absoluter Glücksbringer für den BVB. Er hat unsere junge Mannschaft geformt, die aggressiven Power-Fußball geboten hat. Mit unserem Tempo kamen viele Gegner nicht klar“, erklärt Weidenfeller. Und eine solche Mannschaft, die geht irgendwann nicht einfach auseinander. Noch heute pflege er zu vielen Mitstreitern von damals gute Kontakte. Zu Lucas Barrios beispielsweise, „der noch immer in Argentinien spielt. Wenn man sich sieht, dann ist es wie früher. Und aus einstigen Kollegen wie Patrick Owomoyela oder Sebastian Kehl sind enge Freunde geworden.“
Sascha Klaverkamp, Jahrgang 1975, lebt im und liebt das Münsterland. Der Familienvater beschäftigt sich seit mehr als 20 Jahren mit der Sportberichterstattung. Einer seiner journalistischen Schwerpunkte ist Borussia Dortmund.
