Warum der BVB keinen Einstieg in den eSport plant

Schalke schon mittendrin

Die Prognosen zum eSport könnten besser kaum sein: An den Bildschirmen verfolgen Millionen Zuschauer die Spiele online, die Preisgelder steigen in ungeahnte Höhen und die Wachstumsraten liegen zum Teil im mittleren zweistelligen Bereich. In der Branche herrscht längst so etwas wie Goldgräber-Stimmung. Der BVB will dennoch nicht mit auf den Zug aufspringen.

DORTMUND

, 31.08.2017, 07:09 Uhr / Lesedauer: 3 min
Zwischen Fußballplatz und Spielkonsole: Auch Bundesliga-Klubs wie der FC Schalle 04 setzen zunehmend auf den eSport und gründen für viel Geld eigene Sparten. BVB-Marketing-Chef Carsten Cramer sagt dagegen: Computer-Spiele wie „League of Legends“ passen nicht zur Marke Borussia Dortmund.

Zwischen Fußballplatz und Spielkonsole: Auch Bundesliga-Klubs wie der FC Schalle 04 setzen zunehmend auf den eSport und gründen für viel Geld eigene Sparten. BVB-Marketing-Chef Carsten Cramer sagt dagegen: Computer-Spiele wie „League of Legends“ passen nicht zur Marke Borussia Dortmund.

Borussia Dortmund bleibt seiner Linie treu: Bereits Ende des vergangenen Jahres hatte Hans-Joachim Watzke dem Thema eSport relativ unmissverständlich eine Absage erteilt. Dieser sei zwar modern, hatte der BVB-Geschäftsführer damals auf der Hauptversammlung gesagt. „Aber ich finde das komplett scheiße.“

Kern ist der „echte Fußball“

All diejenige, die in Watzkes Aussage vielleicht doch so etwas wie Interpretationsspielraum gesehen haben, verwies Marketing-Chef Carsten Cramer jetzt noch einmal eindringlich darauf, dass Borussia Dortmund wirklich nicht gewillt sei, in den eSport zu investieren. „Nicht jetzt. Und auch nicht in absehbarer Zukunft“, wie Cramer auf dem Sport- und Wirtschaftskongress Spobis Games & Media in Köln wiederholt betonte. Der Kern des BVB sei „der echte Fußball“. Rollenspiele oder Ego-Shooter passten nicht zur Marke Borussia Dortmund.

Dabei bietet das Thema nach Angaben des Beratungsunternehmens Deloitte enormes Potenzial. eSport stehe „vor einem Boom“, heißt es dort. Der Deloitte-Studie „Let’s Play“ (2016) zufolge werden die Umsätze in Deutschland bis zum Jahr 2020 von 50 auf dann 130 Millionen Euro steigen. Damit ist eSport zwar noch keine Konkurrenz zur Fußball-Bundesliga, die zuletzt 3,24 Milliarden Euro umsetzte. Aber andere Ligen wie die BBL (Basketball, 97 Mio Euro), HBL (Handball, 96 Mio Euro) und DEL (Eishockey, 107 Mio Euro) liegen in Reichweite.

Weltweit soll der Umsatz nach Angaben des Spielemarktforschungsinstituts Newzoo in 2017 gar auf 696 Millionen Dollar steigen – ein stolzes Plus von 41,3 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Bis 2020 erwarten die Niederländer zudem eine durchschnittliche Wachstumsrate von 35,6 Prozent jährlich. 2020 würden damit fast 1,5 Milliarden Dollar umgesetzt. Verdient wird das Geld vor allem durch Merchandising, Tickets, Werbung und Medienrechte.

Virtuelle Welten

BVB-Marketingchef Cramer lässt sich auch von diesen Zahlen nicht überzeugen, er hat einen ähnlichen Hype schon einmal erlebt. Vor etwas mehr als zehn Jahren galt die Online-Plattform „Second Life“, eine Art virtuelle Welt für jedermann, als so etwas wie das nächste große Ding. „Auch wir haben damals mitgemacht“, erzählte Cramer nun auf dem Spobis. „Da haben wir Geld verbrannt, und da haben wir Glaubwürdigkeit verbrannt.“ Und auch wenn er den eSport nicht mit „Second Life“ vergleichen wolle –  noch einmal werde man so einen „Schwachsinn“ nicht mitmachen, so Cramer.

Beim FC Schalke 04 glaubt man dagegen an das Potenzial des eSports. Im vergangenen Jahr haben die Königsblauen ihr eigenes Team ins Leben gerufen. Seitdem wird auf Schalke „League of Legends“ gezockt, neben „Dota 2“ eines der beliebtesten Spiele der Branche. Zuletzt folgte eine Mannschaft für die die Fußball-Simulationen „Fifa“ und „Pro Evolution Soccer (PES)“. „Wir sind davon überzeugt, dass sich eSport schon bald als ,regulärer Sport‘ etablieren wird“, begründete Marketingvorstand Alexander Jobst auf dem Spobis die Entscheidung.

Schalke investiert Millionen

Bislang hat sich der Verein die Entwicklung der Sparte einen Millionenbetrag kosten lassen. Langfristig, das stellte Jobst klar, soll die Abteilung dann auch profitabel werden, um zusätzliche Einnahmen für den Kernbereich Profifußball zu generieren. Man wolle „unabhängig vom sportlichen Erfolg auch in Zukunft wirtschaftlich ein Big Player sein“. Und dafür gelte es, neue Märkte und neue Zielgruppen zu erschließen.

Das sind zum einen die sogenannten Millennials, also die 18- bis Anfang 30-Jährigen. Auf der anderen will der Verein über das professionelle Gaming aber auch seine Internationalisierung vorantreiben – und auch hier geben die Zahlen den Schalkern recht. So werden allein in diesem Jahr nach Schätzungen von Newzoo etwa 385 Millionen Menschen weltweit eSport verfolgen. 191 Millionen davon seien sogenannte Enthusiasten, die übrigen 194 Millionen zumindest Gelegenheits-Zuschauer. Bis 2020 soll die Zahl auf dann insgesamt 589 Millionen steigen.

Auch Wolfsburg, Leipzig und Stuttgart dabei

Verantwortlich für das Wachstum ist vor allem der asiatische Markt, auf dem sich auch der FC Schalke etablieren will. „Es ist uns wichtig, dass wir bei unseren Aktivitäten in Asien das Thema eSport einbringen“, so Jobst. Für 2019 plant man zudem ein großes eSport-Event in der eigenen Arena, wie Schalkes Marketingvorstand auf dem Spobis ankündigte. Die Vorbereitungen dazu laufen.

Die Königsblauen sind mit ihrem Vorstoß in der Bundesliga nicht allein. Auch der VfL Wolfsburg, RB Leipzig und der VfB Stuttgart setzen auf den eSport. Andere Vereine wie Hertha BSC, der 1. FC Köln oder Werder Bremen denken zumindest über einen Einstieg nach.

Keine „Trittbrettfahrer“

„Nur weil andere Kollegen auf eSport setzen und neue Zielgruppen erschließen, glauben wir nicht, dass wir das müssen“, wiederholte Cramer. Völlig verschließen will sich aber auch der BVB der elektronischen Spielewelt nicht. „Die Spieler an sich wollen wir schon erreichen“, sagte Cramer. Nur eben durch andere Maßnahmen, „als dass wir im eSport Trittbrettfahrer werden“. Sein Klub investiere nur in Plattformen, die auch etwas mit Fußball zu tun haben.

Und so kooperiert der Verein – nachdem er in der Vergangenheit bereits Partner des „Fifa“-Herstellers EA Sports war – seit dem vergangenen Jahr mit dem japanischen Videospiele-Hersteller Konami. Damit ist die Borussia nun voll lizensiert in „Pro Evolution Soccer“ integriert. „Das ist etwas, das zu unserer Kernmarke passt“, sagte Cramer. „Es hilft uns, die BVB-Welt authentisch zu übermitteln.“ Anders eben als beim eSport. Und so bleiben Dortmund und Schalke vorerst nur auf dem grünen Rasen Konkurrenten.


Unter eSport versteht man den professionellen Wettkampf zwischen Menschen mithilfe von Computerspielen. „League of Legends“ (LoL), „Dota2“ und „Star Craft II“ gehören zu den wichtigsten Spielen. Mehrere Spieler durchqueren dabei mit den Figuren ein Fantasy-Spielfeld und zerstören die Basis des Gegners. Für Fußballklubs ist vor allem die Fußballsimulation „Fifa“ interessant.
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