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Tolles Potenzial, einige Probleme, schwierige Perspektive: Thorgan Hazard als BVB-Sinnbild
Borussia Dortmund
Thorgan Hazards Leistung beim 1:1 von Borussia Dortmund in Augsburg steht sinnbildlich für ihn und die BVB-Saison: Der Belgier kann so viel, und zeigt es viel zu selten.
Mit der Flugkurve eines Knallfrosches holperte der Ball in den Strafraum. 94. Spielminute in Augsburg, ein Freistoß in aussichtsreicher Position. Thorgan Hazard nimmt Anlauf, die kopfballstarken Mitspieler stürmen in den Sechzehner, und dann kullert die versuchte Flanke sinnfrei los, tickt auf und wird geklärt, noch bevor sie die Gefahrenzone erreicht. Eine von vielen sinnbildlichen Szenen für das 1:1 des BVB, für die gesamte Dortmunder Saison und auch für Hazard. Tolles Potenzial, vielschichtige Probleme, schwierige Gemengelage.
Thorgan Hazard bringt den BVB in Augsburg sehenswert in Führung
Welche Bereicherung der Belgier sein kann, hatte er zuvor gezeigt. Mit einer „super Aktion“ (O-Ton Gregor Kobel) dribbelte er sich vor dem Führungstreffer durch die luftige Abwehr des FCA. Ein Haken, noch ein Haken, kluger Abschluss, Tor, genial. Hazard ist der einzige echte Flügelspieler der Borussia, selten hat man Szenen wie diese gesehen, in denen ein Spieler mit Tempo von der Seite einbricht, ein Eins-gegen-eins-Duell gewinnt und Gefahr versprüht.
Nach dem nicht kompensierten Abgang von Jadon Sancho verkörpert noch am ehesten der 28-jährige Hazard diese individuellen Fähigkeiten. Allein: Er hat zwar sechs Tore erzielt in dieser Spielzeit, aber keins vorbereitet. Seine dritte Spielzeit hinkt beim Ertrag hinterher, stark war nur sein erstes BVB-Jahr (2019/20: 7/14; 2020/21: 4/6).
BVB-Trainer Rose strich Hazard aus Leistungsgründen zuletzt aus dem Kader
Mögliche Erklärungen finden sich mehrere: Es gibt die regelmäßigen Positionswechsel mit unterschiedlichen Anforderungen, es gibt mehrere Verletzungen (Muskulatur, Sprunggelenk, Covid) in dieser Zeit, es gibt den unsteten Gesamtauftritt der Mannschaft. Vielleicht liegt es auch an Hazard selbst, den Trainer Marco Rose vor zwei Wochen nach schwacher Trainingsleistung aus dem Kader strich.
Einsetzen kann man ihn immer, wenn er fit ist. Auf ihn bauen konnte man zuletzt nicht. Seine Fähigkeiten stimmen nicht mit der Fehlerquote überein, die technischen Fertigkeiten finden keinen Nährboden. In Augsburg musste er sich auch eine Teilschuld am 1:1 ankreiden lassen, als er unter Druck einen Pass zu nachlässig an Axel Witsel weiterleitete. Beim folgenden Konter fehlte die Kraft für den Spurt nach hinten.
Thorgan Hazard steht sinnbildlich für die BVB-Schwankungen
Dass er den aggressiv-intensiven Fußballansatz von Rose kontinuierlich mit Leben füllen kann, dieser Nachweis fehlt. Da ist Hazard beileibe nicht der einzige im Dortmunder Ensemble, er taugt weder als Aushängeschild noch darf man ihn als Sündenbock heranziehen. Er steht für das Bild, das sich durch den schwarzgelben Kader zieht: Er spielt nicht in der Form und auf dem Niveau, das man sich von ihm versprochen hat.
Hazard steht damit wie seine Mitstreiter vor entscheidenden Wochen, nachdem die sportlichen Entscheidungen bereits gefallen sind. Wie präsentiert sich der BVB, wo alle Ziele außer Reichweite geraten sind? Welche Profis spielen auf Bewährung, welche können für sich werben, ehe trotz knapper Finanzen im Sommer einschneidende Veränderungen im Kader anstehen?
Die Nummer 10 des BVB wird für ihre Vielseitigkeit geschätzt, wegen seiner nachgewiesenen Anlagen verpflichtete der Klub Hazard im Sommer 2019 für 25,5 Millionen Euro von Borussia Mönchengladbach. Für Spieler wie ihn gibt es immer einen Markt. Dem BVB wäre es am liebsten, er würde seinen Wert in Dortmund unter Beweis stellen. Auch da ist Hazard ein Beispiel für viele Kollegen.
BVB-Lizenzspielerchef Kehl: „Bessere Stimmung erzeugen“
Sportlich möchte Borussia unbedingt wieder positiv in Erscheinung treten. „Wir müssen jetzt so schnell wie möglich die Qualifikation für die Champions League klarmachen. Es ist das Ziel, Platz zwei zu verteidigen“, sagte Lizenzspieler-Chef Sebastian Kehl. „Vor allem wird es in den nächsten Spielen darum gehen, wieder eine bessere Stimmung zu erzeugen.“
Schon als Kind wollte ich Sportreporter werden. Aus den Stadien dieser Welt zu berichten, ist ein Traumberuf. Und manchmal auch ein echt harter Job. Seit 2007 arbeite ich bei den Ruhr Nachrichten, seit 2012 berichte ich vor allem über den BVB. Studiert habe ich Sportwissenschaft. Mein größter sportlicher Erfolg: Ironman. Meine größte Schwäche: Chips.
