Der neue BVB-Cheftrainer Edin Terzic schaut Richtung Tribüne.

Edin Terzic übernimmt zum zweiten Mal das Traineramt beim BVB. © imago / Picture Point LE

Terzic macht‘s nochmal: Über allen Entwicklungsschritten steht der BVB-Erfolg

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Edin Terzic übernimmt zum zweiten Mal das BVB-Traineramt - unter komplett anderen Voraussetzungen als im Dezember 2020. Fakt ist: Über allen notwendigen Entwicklungsschritten steht der Erfolg.

Dortmund

, 23.05.2022, 15:34 Uhr / Lesedauer: 3 min

Marco Roses abruptes Ende in Dortmund reiht sich ein in eine Welle von Trainerwechseln in der Bundesliga und folgt in der Stringenz seines Vorgehens einem Trend: Immer öfter nehmen die Trainer das Heft des Handelns in die Hand und geben die Richtung vor, anstatt auf ihren Stühlen zu kleben, bis es gar nicht mehr geht. Rose spürte nicht mehr das „hundertprozentige Vertrauen“ der BVB-Kluboberen, die ihm eine Job-Garantie nach einer schwierigen Saison voller Irrungen und Wirrungen auch nicht aussprechen mochten. So endete nach nur einem Jahr die Zusammenarbeit, die im internen Miteinander unkompliziert gewesen sein soll – was sich aber auf dem Rasen nicht in einer klaren Spielidee und nachhaltigem Erfolg niederschlug.

Edin Terzic gelingt mit dem BVB die ultimative Krönung in Berlin

Hundertprozentiges Vertrauen genießt Edin Terzic, und in der Tat ist dieser Wert wohl auch höher als für Rose bei seinem Amtsantritt vor elf Monaten. Die Dramaturgie meinte es seinerzeit nicht gut mit der Borussia. Der ausgemachte Wunschkandidat für die neue Zeitrechnung nach lähmenden zweieinhalb Jahren Lucien Favre hatte im Frühjahr 2021 kaum unterschrieben, da entfachte parallel Favres Interimsnachfolger Terzic eine kaum für möglich gehaltene Begeisterung um die Mannschaft, legte einen bemerkenswerten Endspurt Richtung Champions League hin und feierte den Pokalsieg als ultimative Krönung. Dem neuen Mann, der parallel mit Mönchengladbach völlig aus dem Tritt kam, erschwerte das die Aufgabe gewaltig.

Nicht wenige hätten schon damals lieber Terzic in fester Anstellung als Cheftrainer gesehen. Nun kommt es, zwölf Monate nachdem Terzic den DFB-Pokal in den Berliner Abendhimmel recken durfte, mit Verspätung zur erneuten Vereinigung mit dem Fan- und Vereinsliebling.

Edin Terzic zieht sich komplett aus dem BVB-Tagesgeschäft zurück

Dass der BVB Terzic im Verein behielt und ihm diese Perspektive früh und deutlich aufzeigte, war schlau. Der 39-Jährige, in der Funktion als „Technischer Direktor“ bei allen Entscheidungen mit am Tisch, zog sich in seiner neuen Rolle komplett aus dem Tagesgeschäft zurück, mied Auftritte in der Öffentlichkeit und verschaffte damit Rose den größtmöglichen Rückhalt für den Beginn seiner Tätigkeit. Dennoch wurde Terzic ohne aktives eigenes Zutun über die Monate immer mehr zu einer Art Schattenmann, zum Damoklesschwert über dem Wirken des Leipziger Trainers.

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Aus mehreren Gründen wird sich Terzic die Entscheidung nicht leicht gemacht haben, obwohl sie doch so einfach zu sein schien. Der Mann aus dem Sauerland liebt und lebt schließlich Borussia Dortmund, das hat er während seiner Zeit als Interimstrainer täglich bewiesen. An der Seitenlinie entwickelte er gerade zu Beginn oft mehr Temperament als seine Spieler auf dem Platz, sein Arbeitstag hatte immer mehr als 24 Stunden. Und Terzic hat nie einen Hehl daraus gemacht, irgendwann Cheftrainer sein zu wollen. Er kann sich jetzt also einen Traum erfüllen.

Der BVB benötigt eine neue Spielidee und eine klare Struktur

Doch sind die Voraussetzungen nun gänzlich andere. Vor 18 Monaten hatte Terzic nicht viel zu verlieren. Seine Mission war zeitlich klar begrenzt, nicht wenige hielten sie auch für eine „Mission Impossible“. Dazu war sein Nachfolger schon auserkoren, er konnte also eigentlich nur positiv überraschen.

Als Technischer Direktor zog sich Edin Terzic (r.) in seiner neuen Rolle komplett aus dem BVB-Tagesgeschäft zurück.

Als Technischer Direktor zog sich Edin Terzic (r.) in seiner neuen Rolle komplett aus dem BVB-Tagesgeschäft zurück. © imago / RHR-Foto

Den Terzic-Start in eine zweite Amtszeit wird nun eine andere Erwartungshaltung begleiten. Auch wenn er die Mission diesmal keineswegs unvorbereitet angeht: Ob der Aufgabenfülle würde man es ihm nicht verdenken, wenn er dankend abgelehnt hätte. Viele neue Spieler sind zu integrieren, Terzic muss eine komplett neue Mannschaft und ein neues Miteinander formen. Zudem benötigt Borussia Dortmund eine neue Spielidee, eine klare Struktur und mehr Widerstandsfähigkeit auf dem Platz, Reibung und eine gesunde Streitkultur im Kader. Ganz wichtig auch: Es sollten schon auch weniger Enttäuschungen für die Fans dabei herausspringen. Das ist zwar spannend, aber auch ungemein herausfordernd.

Bei BVB-Coach Terzic ist die Lust auf die Herausforderung größer als der Respekt

Entscheidend aber: Über allen wichtigen und notwendigen Entwicklungsschritten steht der Erfolg. Terzic muss punkten, zuverlässig. Er könnte daher sehr schnell zu spüren bekommen, dass er vor allem eins nicht haben wird: ausreichend Zeit. Dass die Lust auf diese Herausforderung bei ihm dennoch deutlich größer ist als der Respekt, spricht für den Ehrgeiz des Mannes aus Menden.