Sportdirektor Zorc über Transfers, Bosz und Ziele

Das BVB-Interview

Nach einer anstrengenden Saison 20176/17 genießt Michael Zorc die momentane Ruhe bei Borussia Dortmund. Im Interview spricht der Sportdirektor über den neuen Trainer Peter Bosz, die explodierenden Summen auf dem Transfermarkt und die Erwartungen an die neue Saison.

BAD RAGAZ

, 29.07.2017, 07:00 Uhr / Lesedauer: 3 min
BVB-Sportdirektor Michael Zorc sagt: "Wir mussten ja immer schon einen etwas anderen Weg gehen als die Klubs, mit denen wir dann am Ende in diesen Top-Bereichen konkurrieren. Diesen Weg gehen wir weiter und fühlen uns wohl dabei."

BVB-Sportdirektor Michael Zorc sagt: "Wir mussten ja immer schon einen etwas anderen Weg gehen als die Klubs, mit denen wir dann am Ende in diesen Top-Bereichen konkurrieren. Diesen Weg gehen wir weiter und fühlen uns wohl dabei."

Wie sind Ihre Eindrücke von den ersten drei Wochen Vorbereitung? Wir sind gut im Plan. Negativ ist, dass Marcel Schmelzer sich in Asien verletzt hat und wir hinten links zeitweise einen Engpass haben, weil Erik Durm ebenfalls nicht belastungsfähig ist und Raphael Guerreiro ohnehin ausfällt. Aber auch Dan-Axel Zagadou hat das interimsweise an der Seite schon gut gemacht. Die Mannschaft hat in Asien top mitgezogen, zwei gute Spiele absolvieren können. Und das Trainingslager ist ja immer so etwas wie das Fundament einer Saison. Ich halte es für sehr wichtig, dass die Mannschaft zusammenwächst und dass sie komplett auf den Fußball konzentriert ist.

Wie sehr haben Sie und die Mannschaft sich schon an den neuen Trainer Peter Bosz gewöhnt? Wir wollen kein Fazit nach drei Wochen ziehen. Aber wir glauben, dass das sehr gut zusammenpasst mit Peter Bosz und dem Team. Die Mannschaft setzt sukzessive mehr von dem um, was er sehen möchte. Peter arbeitet sehr unaufgeregt, aber beharrlich, was ich für eine gute Mischung halte. Den Fußball, den er sehen möchte, den wollen wir - glaube ich - alle sehen. (lacht) Und wenn wir dann noch regelmäßig ein Tor mehr schießen als der Gegner, dann sind wir auf dem richtigen Weg.

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Haben Sie das Gefühl, dass der Druck nach dem Abschied von Thomas Tuchel, den viele Fans auch nicht verstanden haben, noch ein bisschen höher ist, Ergebnisse zu liefern? Ich kann das Wort Druck nicht mehr hören. Ich bin seit 1981 in der Bundesliga, ich höre immer Druck, Druck, Druck. Wir wollen gute Leistungen abliefern, der Rest interessiert mich nicht. Wir sind von dem, was wir getan haben, überzeugt. Wir sind der Meinung, dass Peter die richtige Wahl ist, um den Weg, den der BVB in den vergangenen Jahren gegangen ist, fortzuführen. Natürlich überprüfen wir uns ständig selbst, aber ich sehe uns gegenwärtig nicht in einer besonderen Drucksituation.

Mikel Merino wird den Verein nach Newcastle verlassen. Der Kader dürfte aber noch immer etwas zu groß sein. Zu klein ist er jedenfalls nicht. Es kann sein, dass es noch weitere Veränderungen gibt im Laufe der kommenden Wochen.

Die Erwartungshaltung an die Spieler wächst mit den horrenden Ablösesummen, die ständig anzusteigen scheinen. Wie beurteilen Sie den Markt derzeit? Ich empfinde den Markt - anders als im vergangenen Jahr - derzeit nicht als überhitzt. Es gab bislang weniger Transfers zu extremen Konditionen. Dafür aber wesentlich mehr Gerüchte. Die nehmen immer mehr zu. Vermutlich werden noch einige Transfers im August abgewickelt. Oft ist es so, dass eine Kettenreaktion ausgelöst wird, wenn der erste Stein gefallen ist, wenn der erste Stürmer einer gewissen Güteklasse sich woanders hinbewegt, dann löst sich manchmal ein Stau, der vorher entstanden ist.

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Der BVB hat 20 Millionen Euro für Maximilian Philipp ausgegeben ... Natürlich sind Ablösesummen im mittleren einstelligen Bereich eine Seltenheit geworden, aber das liegt daran, dass man eben nicht allein auf dem Feld unterwegs ist. Bei Maximilian Philipp gab es verschiedene Interessenten, dann bestimmen eben Angebot und Nachfrage den Preis.

Wenn man liest, für welche Summen Ihr Ex-Spieler Ivan Perisic gehandelt wird … Aber der hat doch vorgestern noch gespielt, der ist doch noch gar nicht gewechselt. Das ist Stand jetzt wieder ein Gerücht. Ich finde, im vergangenen Jahr war es extremer. In China zum Beispiel, aber auch in England. Sie dürfen nicht gleich jedem Gerücht aufsitzen (lacht).

Gut, kommen wir zu Fakten. Christian Pulisic sagt, Borussia Dortmund habe eine gute Chance, Meister zu werden. Hat er Recht? (lacht) Man darf nicht vergessen: Christian ist erst 18. In dem Alter haben Sie und ich auch noch total unbekümmert von der Seele weg geplaudert. Nein, mal im Ernst: Unsere Zielsetzung ist klar, hinreichend bekannt und sehr realitätsbezogen. Wir haben sie in den vergangenen Jahren in der Regel ja auch erreicht. Und wenn Christian mehr möchte: Er hat die Chance, seine Ansprüche auf dem Platz durch Leistung zu untermauern.

Müssen Sie angesichts der Millionen, die im Umlauf sind und vielleicht bald bewegt werden, international kleinere Brötchen backen? Ich glaube, dass wir auch international gut aufgestellt sind. Wir möchten in der Champions League überwintern. Wir haben im vergangenen Jahr das Viertelfinale erreicht. Damit standen wir unter den letzten Acht. Wir werden momentan an Nummer sieben in Europa geführt. Sie haben Recht, dass es sicher nicht einfacher wird. Aber wir mussten ja immer schon einen etwas anderen Weg gehen als die Klubs, mit denen wir dann am Ende in diesen Top-Bereichen konkurrieren. Diesen Weg gehen wir weiter und fühlen uns wohl dabei.

Sie können auf eine glänzende Transferbilanz verweisen. Sie haben viele Spieler mit dickem Plus veräußert. Wie viel ist Glück, wie viel das Ergebnis harter Arbeit? Sicherlich von allem etwas, in erster Linie aber auch sehr gute Arbeit meiner Scouting-Abteilung, die große und oft unbeachtete Vorarbeit leistet, bis es irgendwann zu den richtigen Entscheidungen kommt. In den vergangenen Jahren haben wir ein ganz gutes Auge für Talente bewiesen. Aber dafür stehen wir auch in Deutschland und Europa. Das ist ein Teil des alternativen Wegs, den wir beschreiten müssen, weil wir im Vergleich zu den ganz großen der Branche doch 250 Millionen Euro Umsatz weniger haben.

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