Unabhängig davon, ob Edin Terzic nach der Winterpause noch Trainer von Borussia Dortmund ist oder nicht – der Klub hat auch andere, schwerwiegendere Probleme. Mit einem Rausschmiss des sportlich Verantwortlichen, dem ersten Reflex auf die sportliche Talfahrt in der Bundesliga, wäre da allein keine Abhilfe geschaffen.
Getrübter Blick bei den BVB-Verantwortlichen
Klubchef Hans-Joachim Watzke hat sich spätestens seit dem Sommer an den Trainer Terzic gebunden. Wenn er seinen Freund jetzt vor die Tür setzt, für den er einen einigermaßen erfolgreichen Marco Rose eiskalt abserviert hat, wäre das auch für den allmächtigen Vereinschef ein schlechtes Zeugnis und das Eingeständnis einer Fehlentscheidung. Das macht einen Rauswurf von Terzic nicht wahrscheinlicher.
Schließlich hat Watzke Terzic protegiert, ihm sogar – wider alle Gesetzmäßigkeiten des Geschäfts – bei Transferentscheidungen das letzte Wort gelassen. Ohne Not hat der CEO Terzic quasi als unkündbaren Cheftrainer auf den Thron gesetzt. Die gemeinsame Liebe zum Klub oder die Hoffnung auf die Rückkehr vergangener Zeiten, aus der diese Handlung entsprungen sein mag, hat den klaren Blick auf Realitäten an der einen oder anderen Stelle offensichtlich getrübt.
BVB-Sportdirektor Kehl hängt zwischen den Stühlen
Während Terzic von Watzke stets volle Rückendeckung bekam, erhielt Sebastian Kehl diese Stärkung öffentlich nie. So hing der Sportdirektor seit seiner Einsetzung als Nachfolger von Michael Zorc immer zwischen den Stühlen. Ihm die Kaderplanung im Sommer teils aus der Hand zu nehmen und vor Kurzem seinen Assistenten – ob berechtigt oder nicht – öffentlichkeitswirksam aus dem Klub zu werfen, das alles schwächt dessen Position.
Unterschiedliche Persönlichkeitsstrukturen mögen das Binnenklima verkomplizieren. Die Macht der besten Argumente muss davon unangetastet bleiben. Der vergangenen Transfersommer hilft Kehl natürlich nicht. Trotz großer Ausgaben ist keine echte Verstärkung im Kader dabei. Auch Kehl hätte seine Position stärken können, etwa indem er häufiger klare Kante statt diplomatischer Milde wählt. Oder indem er seinerseits Terzic den Rücken stärkt.
BVB-Kapitän Can enttäuscht auf ganzer Linie
Womit wir beim Trainer wären. Häme für seine authentische Zuneigung zum Klub ist unangebracht. Inhaltlich wird sich Terzic genug hinterfragen lassen müssen. Und falsche Einschätzungen gehören dazu. Etwa, dass er an Emre Can festhielt, der auch von ihm selbst als Verkaufskandidat benannt war, und dann auch noch zum Kapitän beförderte. Fußballerisch fehlt in der gesamten Hinrunde ein klares Spielkonzept, eine Struktur, angefangen vom Spielaufbau bis zum Abschluss. Benannt hat der Cheftrainer dies selbst mehrfach. Abstellen konnte er die Mängel nicht. Wenn ihm Spieler fixe Ideen ausreden müssen, wird seine Autorität massiv in Frage gestellt. Allein von Motivationskünsten kann ein Trainer auf Dauer nicht zehren.

Nur in dieser Aufzählung zum Schluss, aber eigentlich zuvorderst gehören die Spieler an den Pranger gestellt. Im kompletten Kader findet sich keine Handvoll Profis, die nach mehr als 20 Spielen der Saison von sich behaupten kann, ordentliche Arbeit geleistet zu haben. Ihr Trainer hebt als Beispiel für gelungenes Zusammenwirken gerne die fünf guten Champions-League-Spiele hervor.
BVB überzeugt nur in der Champions League
Doch das ist eine Minderheit der Auftritte. Wie oft mussten Akteure sagen, dass sie enttäuscht seien, die Leistung nicht ihren Ansprüchen genügt habe, sie sich viel mehr vorgenommen hatten. Den wahren Charakter zeigen einige im Misserfolg. Es ist geradezu beschämend, wenn ganz junge oder sehr erfahrene Spieler bei Auswechslungen auftreten wie eine beleidigte Leberwurst. Wenn die Siege ausbleiben und echte Kerle gefordert sind, ist es wie mit dem schmelzenden Schnee: Dann sieht man, wo die Probleme liegen.
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