Ist bei Borussia Dortmund noch immer ein Anker und womöglich mit seiner Erfahrung wertvoller denn je: Kapitän Marco Reus. © dpa
Borussia Dortmund
Sehnsucht nach der Schale: BVB-Kapitän Reus blüht im Rose-System auf
Marco Reus blüht im System von Trainer Marco Rose auf. Der BVB-Kapitän geht mit großen Ambitionen in die neue Saison - auch weil die Zeit gegen den 32-Jährigen läuft.
In einem Punkt weicht Marco Reus beim Ausblick auf die kommende Saison von der Linie seiner Vorgesetzten ab, zumindest in der öffentlichen Artikulation, aber das nimmt dem Dortmunder Kapitän niemand krumm. Außergewöhnlich offensiv hat Reus zuletzt seine Ambitionen dargelegt. Er hat gesagt, Borussia Dortmund habe alle Mittel und auch die Mannschaft, um Deutscher Meister zu werden. Das kam überraschend nach einer Saison, in der die Borussia erst im Schlussspurt so eben noch in die Champions League rutschte.
BVB ist mit ambitionierten Saisonzielen schon auf die Nase gefallen
Das große Ziel so deutlich zu formulieren, hat der BVB vor zwei Jahren mal gewagt. Damals hatte Borussia Dortmund quasi ein Abonnement auf die Vizemeisterschaft inne, und man hat dem Klub vorgeworfen, es sei zu defensiv gedacht, angesichts der Kaderqualität (und auch -kosten) immer „nur“ die Qualifikation für die Champions League auszurufen. Man mache es sich zu einfach, die Favoritenrolle immer den Bayern zuzuschustern, der Kader brauche einen entsprechenden Impuls von außen.
Das entsprang natürlich vor allem dem Wunsch des Großteils der Fußballinteressierten in Deutschland, dass jemand die Münchner Dominanz doch bitte mal brechen möge. Und wer anders als Borussia Dortmund käme dafür infrage? Als man dann davon sprach, „alles dafür zu tun“, um um den Titel mitzuspielen, fand das breite Zustimmung. Doch die ambitionierte Formulierung des Saisonziels fiel der Borussia am Ende auf die Füße.
BVB-Bosse scheuen eine klare Ansage zu den Saisonzielen
Reus‘ klare Worte kommen nach einer Saison, in der die Probleme Borussia Dortmunds auf dem Weg zu einer nächsten Meisterschaft offensichtlich waren. Die Qualität im Kader scheint groß genug, es haperte aber mal wieder an der Konstanz. Wer am Ende nur dank eines Kraftakts Dritter wird, der sollte bescheiden sein in der Formulierung der Ziele, und so gab es auch weder von Boss Hans-Joachim Watzke, noch von Sportdirektor Michael Zorc und dessen designiertem Nachfolger Sebastian Kehl in den bisherigen Wochen der Vorbereitung eine entsprechende Ansage.
Dennoch treffen Reus‘ Worte auf breite Zustimmung. Dem neuen Trainer Marco Rose zum Beispiel gefällt, dass sein Kapitän seinen großen Ehrgeiz auch nach außen artikuliert. Überhaupt ist Rose in diesen Tagen voll des Lobes über die Art und Weise, wie Reus in die Saison startet. Der Kapitän gehe voran, hat Rose gesagt, ihm imponiere die Akribie, mit der sich der 32-Jährige in eine gute Verfassung bringe.
BVB-Sportdirektor Zorc lobt „hohen Maßstab“ von Marco Reus
„Cäpt’n-like“ verhalte sich Reus in den Spielen und in den Trainingseinheiten, von denen er bislang keine verpasst hat. „Er geht voran, er ist mein verlängerter Arm auf dem Feld.“ Auch Sportdirektor Zorc lobt, „dass er an seine starke Form vom letzten Drittel der vergangenen Saison anknüpft.“ Reus lege einen „hohen Maßstab an sich selbst und die Mannschaft an, das gefällt mir!“
Zweimal durfte BVB-Kapitän Marco Reus bereits den DFB-Pokal in die Höhe stemmen. Nur zu gerne würde er das auch mit der Meisterschale tun. © dpa
Auch im Test gegen den FC Bologna (3:0) war Marco Reus einer der auffälligsten Dortmunder. Und unverkennbar gefiel ihm auch der systematische Ansatz. Zentral hinter den Spitzen in einer Mittelfeldraute, das scheint Marco Reus tatsächlich wie auf den Leib geschneidert. Er war überall, sprühte vor Spielfreude und Elan, war torgefährlich und arbeitete auch nach hinten.
BVB-Trainer Rose verfolgt anderen Ansatz als Vorgänger Favre
Während Lucien Favre Probleme hatte, in seinem Lieblingssystem eine Position zu finden, in der Reus seine Stärken am besten zur Geltung bringen konnte, scheint Rose einen anderen Ansatz zu verfolgen: Welches System passt am besten zu den Stärken meines wichtigsten Spielers? Das ist eher die Frage, auf die Rose nun eine Antwort gefunden haben könnte.
Zwar wird der Trainer seine taktische Herangehensweise nicht ausschließlich an einem Spieler allein orientieren. Aber es passt schon mal gut zusammen, dass sich Reus in der von Rose gern gewählten Systematik mit einer Mittelfeldraute und zwei Stürmern pudelwohl zu fühlen scheint. Zorc sagt: „Er spielt gern in der Zentrale, aber unter Edin Terzic hat Marco auch links oder rechts gute Leistungen gebracht. Er findet sich überall zurecht.
BVB-Kapitän Marco Reus widerlegt seine Kritiker eindrucksvoll
Alle Skeptiker, die angesichts seiner langen Form- und Rhythmussuche nach der langwierigen Adduktoren-Verletzung schon mutmaßten, Reus‘ Einfluss auf das Spiel seiner Borussia werde weiter schwinden, hat der 32-Jährige in der Endphase der vergangenen Saison eindrucksvoll widerlegt. Reus war ein Anker bei der Aufholjagd in Richtung Champions League. Er machte das, was ein Trainer von seinem Kapitän eigentlich immer erwartet: Er führte die Mannschaft.
Es kam überraschend, dass Marco Reus auf die Europameisterschaft verzichtete. Wie freiwillig das am Ende war, ist in der Nachbetrachtung eine zweitrangige Frage. Jetzt deutet sich an, dass die Entscheidung für seine persönliche Situation und im Sinne des Klubs goldrichtig war. „Er hat Körner sammeln können, er hatte endlich mal eine längere Pause, das war wichtig“, sagt auch Rose. Die Hoffnung ist groß, dass Borussia Dortmund mit einem hoffentlich gesunden Marco Reus davon in der Saison nachhaltig profitieren wird.
Noch immer ist Reus‘ Sehnsucht nach dem Meistertitel unerfüllt
Reus‘ Entscheidung nötigt auch aus einem anderen Grund Respekt ab. Für ihn schließt sich allmählich das Fenster. Zwei Jahre läuft sein Vertrag noch, im Sommer 2023 wird er dann 34 Jahre alt sein. Allzu viele Chancen, endlich die Meisterschale in den Händen zu halten, wird er nicht mehr bekommen. Auch vor diesem Hintergrund kann man nachvollziehen, warum er sich in der vergangenen Woche so weit vorgewagt hat.
2017, als Borussia Dortmund in Berlin den Pokal gewann, trübte die schwere Kreuzbandverletzung, die er sich im Finale zuzog, die Freude über den ersten richtigen Titelgewinn. Im Mai feierte ein gesunder Reus den nächsten Pokal-Triumph. Doch die Sehnsucht einem Meistertitel ist bislang unerfüllt. Und vielleicht ist die Chance in diesem Jahr so groß wie selten zuvor.
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