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Sebastian Kehl nach BVB-Tiefschlag gegen Bochum: „Das ist einfach nur schwach“
Borussia Dortmund
Die Derby-Pleite des BVB gegen Bochum erzürnt die Dortmunder Fans. Sebastian Kehl gibt den frustrierten Anhängern Recht - und übt deutliche Kritik an den Borussen-Profis.
Die Gelbe Wand bebte vor Zorn. Und sie spuckte Gift und Galle. Für die Derbyverlierer gab es keine Gnade, als sie zögerlich vor ihre treuen Fans stapften. Der gewaltige Frust der Südtribüne, er brach sich am Samstagabend Bahn nach dieser irren 3:4 (2:2)-Heimniederlage des BVB gegen den VfL Bochum.
Der BVB kassiert die 15. Niederlage im 44. Pflichtspiel
Dass es Schimpftiraden und Pfiffe für die Borussen hagelte, das nagte am Tag nach der Derby-Schmach auch an Sebastian Kehl. Doch der Lizenzspieler-Chef und künftige Sportdirektor gab den BVB-Anhängern Recht. „Drei Heimspiele waren es jetzt vor ausverkauftem Haus. Zwei davon, gegen Leipzig und Bochum, haben wir verloren. Da müssen wir eine solche Reaktion der Fans wie am Samstag akzeptieren und aushalten“, sagte Kehl im Gespräch mit den Ruhr Nachrichten. „Die Reaktion ist berechtigt – und wir reden über ein Derby. Davon gibt es nur das eine in dieser Saison. Besonders in einem solchen Spiel dürfen unsere Fans erwarten, dass wir zu 100 Prozent da sind. Und das waren wir nicht.“
Klare Worte nach der schon 15. Niederlage für Schwarzgelb in 44 Pflichtspielen dieser Saison. Auch für Kehl blieb der mangelhafte Auftritt der favorisierten Borussia am Samstag ein Rätsel. Ein Erklärungsansatz: „Wir haben uns eine sehr schläfrige Anfangsphase geleistet. Das lässt den Schluss zu, dass nicht jeder verstanden hat, worum es in einem Derby geht.“
In puncto Leidenschaft ist Bochum dem BVB weit überlegen
Nicht jeder Profi brachte gegen Bochum genügend Herzblut für Schwarzgelb ein? Oder doch wieder das altbekannte Kopfproblem? Womöglich ein bisschen von beidem. Denn zwischendurch sah sich der BVB nach drei Treffern von Erling Haaland und einer 3:2-Führung auf Siegkurs. „Wir sind gut zurückgekommen, hatten starke Phasen und genügend Chancen, das Spiel für uns zu entscheiden“, betonte Kehl, aber: „Dass wir es dann sogar noch verlieren, das ist einfach nur schwach.“
Auch das anhaltende Verletzungspech der im Derby personell dezimierten Borussia mochte Sebastian Kehl nicht als Ausrede gelten lassen, denn „es standen elf sehr gute Fußballer auf dem Platz.“ Anschauungsunterricht in Sachen Leidenschaft bot der VfL, der mit seinen 10.000 mitgereisten Fans den Derbysieg lautstark auskostete.
Kehl über BVB-Pleite: „Weder vorn noch hinten konsequent genug“
„Wir müssen uns den Vorwurf gefallen lassen, dass die Bochumer bis zum Ende alles versucht haben, wir dagegen weder vorn noch hinten konsequent genug waren“, analysierte Kehl. Während die BVB-Profis nach dem Spiel mit hängenden Köpfen flugs die Flucht nach Hause antraten, feierten die Gäste feuchtfröhlich in den Katakomben des Signal Iduna Parks, holten teils ihre Kinder noch in die Kabine, bis es per Bus zur nächtlichen Klassenerhalt- und Derbysieger-Party nach Bochum weiterging.
Die pure Freude in Blau, die pure Tristesse dagegen in Schwarzgelb. Auch weil die Mannschaft ausgerechnet mit einer schlechten Darbietung im Derby wieder einmal viel Kredit bei ihren Anhängern verspielt hat. „Wir hatten uns vorgenommen, die Fans zurückzugewinnen, sie wieder zu begeistern. Ihnen ein Stadionerlebnis zu liefern. Gegen Wolfsburg haben wir das geschafft. Gegen Bochum nicht“, sagte Sebastian Kehl – und machte sich am Sonntagmittag auf den Weg zu Trainer Marco Rose. Aus gutem Grund: „Es gibt jede Menge Gesprächsbedarf. Wir haben insgesamt zu viele Niederlagen kassiert in dieser Saison. Das zu verändern, dazu sind alle im BVB gefragt.“
Sascha Klaverkamp, Jahrgang 1975, lebt im und liebt das Münsterland. Der Familienvater beschäftigt sich seit mehr als 20 Jahren mit der Sportberichterstattung. Einer seiner journalistischen Schwerpunkte ist Borussia Dortmund.
