Schnelle Entscheidung unwahrscheinlich: Haaland-Kritik sorgt für Irritationen beim BVB

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Schnelle Entscheidung unwahrscheinlich: Haaland-Kritik sorgt für Irritationen beim BVB

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Dem BVB gelingt der perfekte Rückrundenstart. Doch nach dem 5:1 gegen Freiburg wird nur über Erling Haaland gesprochen. Dessen Kritik sorgt in Dortmund für Irritationen und viele Spekulationen.

Dortmund

, 15.01.2022, 17:40 Uhr / Lesedauer: 3 min

Der Arbeitstag von Erling Haaland zog sich hin. Erst die 90 Minuten gegen den SC Freiburg, mit zwei Toren und einer späten Gelbe Karte, die er sich einfing, nachdem er den Ball mit der Hand und viel Wucht auf den Rasen gedonnert hatte - was seinen Unmut über eine Schiedsrichter-Entscheidung ausdrücken sollte.

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Dann das Interview mit dem norwegischen Streaming-Dienst „Viaplay“, das die Schlagzeilen über das sportlich beeindruckende 5:1 gegen den SC Freiburg sofort verdrängte. Und dann wurde Haaland auch noch zur Dopingprobe ausgelost.

BVB-Stürmer Erling Haaland: „Nur auf Fußball konzentrieren“

Bei Instagram konnten Fans des Norwegers hautnah mit dabei sein, wie sich dieses Prozedere auf beinahe 60 Minuten erstreckte. Erst fünf Flaschen Wasser halfen Haaland auf die Sprünge, um 1:02 Uhr am frühen Samstagmorgen konnte Haaland erleichtert vermelden: „Geschafft. Gott sei Dank!“

Da war längst in der Welt, dass sich Haaland im Interview mit seinem Landsmann und Ex-Profi Jan-Aage Fjortoft ungewohnt offen und kritisch zu seinem aktuellen Arbeitgeber geäußert hatte. Der BVB, meinte Haaland sichtlich aufgewühlt, versuche „Druck auf mich auszuüben, eine Entscheidung zu treffen“. Er habe zu seiner Zukunft in den vergangenen sechs Monaten geschwiegen, „aus Respekt vor Borussia Dortmund. Ich möchte mich eigentlich nur auf Fußball konzentrieren, aber sie setzen mich unter Druck. Das bedeutet, dass ich Dinge geschehen lassen muss.“

Treffen der BVB-Verantwortlichen mit Haaland-Berater Raiola

Was vor allem der letzte Satz bedeutet? Schwer zu sagen. Haalands Zukunft ist das beherrschende Thema, eigentlich schon seit dem Sommer 2021. Da mehrten sich nach einer herausragenden Saison des 21-Jährigen die Wechselgerüchte, angefeuert später dann auch von einer perfekt inszenierten Werbetour seines Vaters und Beraters durch Spanien, die man als reine Trotzreaktion werten durfte. Denn der BVB hatte vorher schon durchblicken lassen, dass man der Partei Haaland um Vater Alf-Inge und Berater-Schwergewicht Mino Raiola unmissverständlich ein Wechsel-Veto mitgeteilt hatte - und dass es diesen Wechsel erst geben könne, wenn Erling Haaland die in seinem Vertrag verankerte Ausstiegsklausel ziehen kann.

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Das ist im kommenden Sommer der Fall. Bereits vor Weihnachten bestätigte BVB-Boss Hans-Joachim Watzke zu diesem Thema ein Treffen mit Raiola, dem zeitnah im Frühjahr ein Gespräch mit Haaland selbst und seinem Vater folgen soll. Der BVB möchte wissen, woran er ist.

Der BVB benötigt bei der Personalie Haaland Planungssicherheit

Das ist aus Sicht des Klubs legitim und auch eine Notwendigkeit. Borussia Dortmund benötigt Planungssicherheit. Je früher, desto besser. „Es ist doch klar, dass wir nicht erst im Sommer wissen wollen, wie seine Entscheidung ausfällt“, erklärte Sportdirektor Michael Zorc am Samstag nach dem Sieg gegen den SC Freiburg im Gespräch mit den Ruhr Nachrichten. Direkt nach der Partie hatte Watzke im Gespräch mit dieser Redaktion betont: „Er muss auch Verständnis für unsere Situation haben. Wir können nicht bis Ende Mai warten.“ Terminiert sei ein Gespräch mit dem Stürmer bislang aber nicht, erklärte Watzke weiter, es gebe auch keine Deadline dafür. Von daher sorgte Haalands öffentliches Vorpreschen nach dem Spiel im Klub durchaus für Irritationen.

BVB-Torjäger Erling Haaland ließ sich am Samstag nach dem Training von seinem Bekannten Ivar Eggja nach Hause bringen.

BVB-Torjäger Erling Haaland ließ sich am Samstag nach dem Training von seinem Bekannten Ivar Eggja nach Hause bringen. © Groeger

Abgesehen vom oftmals informationsarmen Rauschen im Boulevard haben Borussia Dortmund und sein umworbener Stürmer das Thema bislang eigentlich gut moderiert. Dass der BVB ein Interesse hat, dem Torjäger die selbst in Corona-Zeiten nicht marktgerechte Klausel abzukaufen oder ihre Wirksamkeit um ein Jahr zu verschieben, war keine Überraschung. Dass man bereit ist, für ein derartiges Zugeständnis von Haaland dessen Vertrag an seine Marktwert-Entwicklung anzupassen, ebenso wenig. Dortmund wird an die Schmerzgrenze gehen.

BVB-Torjäger Haaland kann die Frist bis zum Sommer ausreizen

Durch Haalands Interview nimmt die Personalie nun deutlich an Fahrt auf. Interpretationsspielraum bieten seine Aussagen allerdings in beide Richtungen: Man kann sie wahlweise als Abschiedsankündigung oder -Androhung deuten, allerdings lassen seine Worte auch eine Deutung in die gegenteilige Richtung zu. Wenn die Haaland-Seite schon mit einem Klub einig wäre und alle Rahmenbedingungen eines Transfers festgezurrt, könnte Erling Haaland die Karten auf den Tisch legen. Tatsasche ist aber auch, dass das Gesamtpaket Haaland gerade für die zwei favorisierten Klubs in seiner Wunsch-Destination Spanien nicht so einfach zu stemmen ist.

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Watzke hat am späten Freitagabend die von Haaland erzeugte Aufregung mit stoischer Gelassenheit hingenommen. „Es gibt keine Probleme mit ihm. Er ist jung, er darf das. Wenn es so kommt, dass er bleibt, freuen wir uns sehr“, sagt der 62-Jährige. „Wenn nicht, werden wir auch das lösen.“ Es würde allerdings nicht verwundern, wenn der Wunsch einer schnellen Klärung nicht in Erfüllung gehen wird. Die Deadline, bis zu der sich Erling Haaland erklären muss, steht schwarz auf weiß in seinem Vertrag. Haaland kann diese Frist ausreizen. Es steht zu befürchten, dass er diesen Vorteil auch nutzen wird.