Scheitert auch Kovac an der Mentalität der BVB-Profis? Lille ist Dortmunds letzter Strohhalm

Scheitert auch Kovac an der Mentalität der BVB-Profis?: Lille ist Dortmunds letzter Strohhalm
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Niko Kovac zückte das weiße Taschentuch aus der Hosentasche. Von Kapitulation sollte aber keine Rede sein vor dem Rückspiel im Achtelfinale der Champions League beim OSC Lille (18.45 Uhr, live auf DAZN), der Trainer ist weiter verschnupft und heiser. Ein Grund dafür war wohl auch die bodenlos schwache Leistung seiner Spieler beim 0:1 gegen den FC Augsburg mit folgender Standpauke des Trainers.

Borussia Dortmund als Mogelpackung

„Wir dürfen uns nicht selbst belügen, sondern müssen den Tatsachen ins Auge schauen“, sagte der 53-Jährige. Der verschärfte Ton sei „sehr deutlich, direkt und notwendig“ gewesen. Eine Reaktion soll folgen. Kaum einer traut der aktuellen Ausgabe von Borussia Dortmund in dieser Saison noch viel zu. Kovac betont dennoch: „Der BVB stand letztes Jahr im Endspiel, da wollen wir wieder hin.“

Sechs oder sogar sieben Spieler aus der Startelf des Finals der Vorsaison in London könnten beim BVB von Beginn an auf dem Rasen stehen, wenn am Mittwochabend in Lille angepfiffen wird. Auch auf den Trikots steht immer noch Dortmund, sie sind weiterhin in Schwarz und Gelb gehalten. Was jedoch drinsteckt in dieser Mannschaft ist nur noch eine Mogelpackung: In einer Saison mit viel tieferen Tiefen als kurzen Lichtblicken markierte das 0:1 gegen Augsburg am Samstag das Maximum auf der Peinlichkeitsskala.

Beschämend schlechte BVB-Leistungen

Zwei Chancen für die Profis, die für ihre beschämend schlechte Berufsausübung selbst von den eigenen Fans verspottet werden: Die nächste Partie findet auswärts statt, und in der Champions League haben sich die Dortmunder bislang weitgehend schadlos gehalten.

Ob das genügt, um nach dem 1:1 im Hinspiel nun in Lille mit einem Sieg den Einzug in die Runde der letzten Acht zu erreichen? Schaut man auf die Form der Borussen, scheint das ausgeschlossen. Strafversetzungen auf die Reservebank mögen ein probates Mittel sein, um Entschlossenheit zu demonstrieren. Beim Blick auf die möglichen Ersatzkandidaten wird Kovac jedoch schnell feststellen, dass sich auch aus der zweiten Reihe niemand aufdrängt.

Konstante BVB-Inkonstanz

Mehr als situativ gute 45 Minuten am Stück hat keine Kombination gemeinsam aufs Parkett bekommen. Auch deshalb erklärt er: „Wir können nicht alles über den Haufen schmeißen. Das war kein Versagen eines Einzelnen, sondern eine kollektiv schlechte Mannschaftsleistung“. Bedenkt man die konstante Inkonstanz und Wankelmütigkeit dieser unbelehrbaren Truppe, ist es auch nicht ausgeschlossen, dass sie im Norden Frankreichs ein ganz anderes Gesicht zeigt.

Nach dem frühen Aus im DFB-Pokal und miesem Mittelmaß in der Bundesliga kann nur noch ein überraschend gutes Abschneiden in der Königsklasse die Schmerzen der Schwarzgelben in homöopathischer Dosis lindern. Kurios: Mit dem Einzug in die nächste Runde (12,5 Millionen Euro wert) würden Spieler jenes Geld eintreiben, dass beim Umbruch im Sommer für ihre Nachfolger benötigt wird.

Kovac setzt in Lille auf BVB-Erfahrung

Trainer Kovac, der bisher mit einer höchst durchschnittlichen Bilanz dasteht (drei Siege, zwei Remis, drei Niederlagen) und wie alle seine Vorgänger an der Mentalität der Mannschaft zu verzweifeln droht, gab sich in Lille trotzig und sieht im „50:50-Spiel“ den Faktor Erfahrung auf der Seite seiner Elf. Im „Endspiel“ sollen Energiereserven freigesetzt werden, die er bislang vergeblich gesucht hat. Im besten Fall tragen sie zur Gesundung bei. Andernfalls wäre Kovacs Schnupfen noch das geringste Symptom des schwarzgelben Leidens.