
© Guido Kirchner
Rückkehrer Otto Addo startet beim BVB mit einem Spezialauftrag
Borussia Dortmund
Noch steckt Otto Addo im Kennenlernmodus. Eines aber hat er schnell erkannt: Die Bedingungen in Dortmund sind überragend. Bald startet der BVB-Rückkehrer seinen Spezialauftrag.
Als Otto Addo vor 15 Jahren noch selbst die Fußballschuhe für Borussia Dortmund schnürte, da trainierten die Profis noch am Rabenloh nahe des Signal Iduna Parks. Ein kleiner Regenschauer weichte die zwei Naturrasenplätze schnell auf. Dazu noch ein kleines Gebäude samt beschaulicher Umkleiden für die Profis und eine kleine Kaffeebude für Interviews mit Journalisten.
Addo soll die Top-Talenge des BVB noch besser machen
„Es hat sich viel verändert seit damals“, hat Addo festgestellt. Das hoch moderne Trainingszentrum in Brackel, das gerade noch einmal erweitert wird, spielt in einer ganz anderen Liga als die damalige Anlage. Immer, wenn Addo als Trainer der Gladbacher Junioren zu Spielen in Brackel als Gast weilte, war er beeindruckt. Jetzt wirkt er selbst hier. An neuer Stelle, im neuen Job. Addo soll die Top-Talente des BVB noch besser machen. Soll sie formen, fördern und fordern auf ihrem Weg ins Profileben.

Addos Profi-Zeit beim BVB war geprägt von schweren Verletzungen. © imago
Warum er? „Ich weiß, wie sich die Jungs fühlen. Ich weiß, was sie brauchen, um erfolgreich zu sein“, sagt er. Denn er, heute 44 Jahre alt, hat als Spieler die süßen Höhen und die bitteren Tiefen des Geschäfts durchlebt. Er durfte 2002 die Meisterschale im BVB-Trikot in den Himmel recken. Er schoss wichtige Tore, badete im Jubel der Fans. Und er verletzte sich schwer, riss sich mehrfach das Kreuzband. All diese Erfahrungen gibt er jetzt an junge Borussen-Spieler weiter. „Als Talent kannst du plötzlich in schwierige Situationen geraten“, sagt Addo. „Du warst im Jugendbereich immer einer der besten Spieler und auf einmal sitzt du nur noch auf der Bank oder der Tribüne. Oder du musst dich nach einer Verletzung zurückkämpfen.“
Addo setzt auf spezielles Vertrauensverhältnis
In solchen Lagen richtig zu reagieren, daraus gestärkt hervor zu gehen, dafür soll jetzt Addos Rat möglichst wertvoll sein. Der frühere ghanaische Nationalspieler will für die jungen Borussen da sein. „Sie können mich jederzeit anrufen, ich helfe immer“, verspricht er. In Gladbach, wo er den Job an der Schnittstelle zum Profibereich auch schon zwei Jahre lang ausfülle, habe sich gezeigt, dass ein besonderes Vertrauensverhältnis zu den Talenten abseits des Rasens die gemeinsame Trainingsarbeit positiv anschob. „Die Jungs haben meine Kritik noch besser angenommen“, erklärt Addo. Schließlich dürfe auch der Spieler, der den Sprung in den Profikader geschafft hat, nicht denken, dass er am Ziel angekommen ist. „Der nächste Schritt muss es sein, für die Profis auch zu spielen, sich dort durchzusetzen, die Ausbildung ist dann noch nicht beendet“, sagt Addo.
Genauso habe er es auch damals gehalten, als er aus Hannover zum BVB kam. Andreas Möller, Lars Ricken, Heiko Herrlich, sie alle besaßen klangvollere Namen als er. Doch er behauptete sich im Starensemble. „Da war auch Glück dabei, aber ich habe meine Chance genutzt“, erinnert sich Addo. Exakt dieses Vorbild will der 44-Jährige den Talenten geben. Auch heute sei beim BVB der Konkurrenzkampf „brutal groß“, und der BVB habe viele herausragende junge Spieler. „Trotzdem kann man es schaffen“, betont Addo.
Helfen will er den besten Talenten, die ihm die Trainer der Borussia-Teams aus der U17, U19, U23 und der Profis zuweisen, nicht nur als Ratgeber abseits des Rasens. Ein Schwerpunkt seiner Arbeit wird die individuelle Videoanalyse sein. Mit jedem seiner Hochbegabten-Gruppe einzeln die Stärken und Schwächen analysieren, danach spezielles Training einstellen oder weitere Fachkräfte wie Ernährungsberater oder Atletik-Coaches hinzuziehen - das wird Addos Welt sein. Alles mit wachem Auge. „Den einen muss ich mehr umarmen, den anderen mehr fordern, je nach Typ.“ Aber: Bloß nicht überdrehen, denn: „Die Belastung durch Spiele in der Liga, international und durchs reguläre Training ist für die Junioren ohnehin schon sehr hoch.“
Addo trifft auf viele bekannte Gesichter
Entscheidend sei, dass sich Talente beim BVB wohlfühlen, dass sie Vertrauen spüren. Manchmal, je nach Charakter des jungen Spielers, würden wenige Prozent Veränderung an der richtigen Stelle reichen, um ihn durchstarten zu lassen. Wenn Otto Addo seinen Kennenlern-Modus in Dortmund abschließt, dann wird er das beim BVB versuchen: Jedes Talent ein paar Prozent, vielleicht die entscheidenden Prozent besser zu machen.

Beim BVB trifft Addo (r.) auf bekannte Gesichter wie Sebastian Kehl (l.) und Michael Zorc. © Guido Kirchner
Das Trainingszentrum ist zwar neu, viele Gesichter sind aber altbekannt. Physiotherapeuten, Betreuer, Teamarzt, auch Verantwortliche wie Lars Ricken, Michael Zorc oder Michael Skibbe waren vor 15 Jahren zu Addos Profizeiten schon da. „Das erleichtert den Einstieg“, gesteht er, „ein Sprung ins kalte Wasser ist es also nicht für mich.“ Es fühlt sich eher ein bisschen so an, als würde man nach Hause kommen.
Sascha Klaverkamp, Jahrgang 1975, lebt im und liebt das Münsterland. Der Familienvater beschäftigt sich seit mehr als 20 Jahren mit der Sportberichterstattung. Einer seiner journalistischen Schwerpunkte ist Borussia Dortmund.
