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Profilanalyse: So tickt BVB-Trainer Marco Rose - und das schätzt man an ihm
Borussia Dortmund
In 100 Tagen hat Borussia Dortmunds Trainer Marco Rose viel für sich werben können. Seine Prinzipien als Persönlichkeit, die Kommunikation im Klub: eine Profilanalyse des BVB-Coaches.
Nur einmal holt Marco Rose tief Luft, dann zeichnet sich ein kleines Lächeln um seine Mundwinkel ab. Sekunden später analysiert der BVB-Trainer aus dem Stegreif tiefgründig seine Lage bei Borussia Dortmund. Roses Gedanken sind auch bei überraschenden Fragen klar sortiert, der Coach ist hellwach, wenn er über seine Arbeit spricht. Wer ihm genau zuhört, spürt: Bei ihm kommen ein scharfer Verstand, tief verwurzelte Fußball-Leidenschaft und eine gesunde Lockerheit in der Ausstrahlung zusammen. „Als wir Marco Rose verpflichtet haben, wussten wir genau, welchen Typ Trainer wir bekommen. Ich finde, er passt wie die Faust aufs Auge zu Borussia Dortmund“, sagt BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke.
BVB-Trainer Marco Rose legt Wert auf offene Kommunikation
Rose wiederum hatte sich nach seinen Stationen in Salzburg und Mönchengladbach bewusst für den BVB und die nächstgrößere sportliche Herausforderung entschieden. Weil er seinen Entschluss, von der einen zur anderen Borussia zu wechseln, früh bekanntgeben und nicht lange herumdrucksen wollte, ertrug er sogar einen monatelangen Spießrutenlauf und nahm in Kauf, dass er viele enttäuschte. Das hat ihn viel gelehrt, aber nicht sein Prinzip der klaren, offenen Kommunikation in Frage gestellt. Schwurbeln oder lavieren gibt es mit ihm nicht.
Wer in der Dortmunder Führungsriege, bei der Mannschaft oder im Team hinter dem Team nachfragt, bekommt immer wieder als Antwort, mit diesem Trainer könne man wunderbar zusammenarbeiten. Sebastian Kehl, als Leiter der Lizenzspielerabteilung einer der wichtigsten Ansprechpartner, sagt über die Unterredungen: „Es ist ein sehr gutes Miteinander mit einer offenen Kommunikation und in Teilen auch Diskussion.“ Roses Persönlichkeit und das Profil des BVB scheinen zu harmonieren.
Marco Rose kommt bei BVB-Fans und Mannschaft gut an
Die überwiegend guten Resultate in den 100 ersten gemeinsamen Tagen erleichtern den Start. „Ergebnisse sind wichtig, um das Vertrauen der Spieler zu erhöhen und zu zeigen, dass die geleistete Arbeit bestätigt und belohnt wird“, sagt Rose. Das gelte über die Mannschaft hinaus ebenso für das Umfeld und die Öffentlichkeit. Der 45-Jährige will auch bei den Fans „Vertrauen entwickeln“. In seinem direkten Arbeitsumfeld gelingt das bereits.
Dort wird er als authentisch, offen, zugänglich, fordernd, aber eben auch empathisch beschrieben. Spieler dürfen, nein: sie sollen mit privaten Anliegen bei ihm vorstellig werden. Wer Probleme hat, kann zum Trainer gehen, die Bürotür im Trainingszentrum Hohenbuschei steht offen, auch für Gespräche abseits des Sportlichen. Ein weiterer Punkt, der das Klima mitbestimmt: Im Staff beschreibt man Rose als angenehmen, umgänglichen Chef, der alle Mitarbeiter unabhängig vom Aufgabenbereich wertschätze. Watzke beobachtet: „Er kommt bei der Mannschaft gut an und auch bei den Fans. Fachlich hat Marco top Qualitäten, er leistet tolle Arbeit. Und zwischenmenschlich wächst er mit der Mannschaft zu einer echten Einheit zusammen.“ Kehl ergänzt: „Es macht Spaß, mit ihm die Mannschaft weiterzuentwickeln.“
Trotz aller Widrigkeiten: Rose mit souveränem Start beim BVB
Die brisante Konstellation als direkter Nachfolger des beliebten Edin Terzic (Rose: „Das war nicht ohne“) haben der Cheftrainer und seine Kollegen störungsfrei gehändelt. Der denkbaren Versuchung, den komplizierten Auftakt mit neuen Spiel-Prinzipien, zerstückelter Vorbereitung und vielen Verletzten als Schutzschild und Alibi hervorzuheben, hat Rose genauso souverän widerstanden. Die hohe Erwartungshaltung in Dortmund und den damit verbundenen Druck lässt er sich selten anmerken.
Selbst an Spieltagen wirkt er nach außen locker, cool. Seinen immensen Ehrgeiz, die große Lust auf Erfolg, will er nicht als Anspannung an die Mannschaft weitergeben, sondern als Lust auf Arbeit, auf Anstrengung. Gibt es dafür die Belohnung in Form von Siegen, sieht man Rose an der Seitenlinie wild jubeln oder bei der La Ola mit den Fans vor der Südtribüne feiern wie bei den Spielen gegen Hoffenheim und Union Berlin. Dann brechen sich die Gefühle Bahn, solche gemeinsamen Erlebnisse schweißen zusammen.
Fehlende Identifikation seit Rose beim BVB kein Thema mehr
„Fußball lebt von Emotionen und Kreativität“, hat Rose dem DFL-Magazin gesagt, und zu Dortmund passe „Arbeiterfußball“. Er will fachlich für seinen Weg überzeugen, ohne Zweifel auszublenden, und als gläubiger Christ ein Mensch mit Stärken und Schwächen sein dürfen. Dass sein Ansehen in seinem exponierten Job für viele aus der Distanz (zu) sehr von einem 2:1 oder 1:2 abhängig ist, rüttelt nicht an seinen Grundsätzen. Rose tut, was er für richtig hält. In wenigen Wochen hat er mit dazu beigetragen, dass im sportlichen Bereich die Diskussionen um fehlendes Identifikationspotenzial bei der Borussia abgeflaut sind. „Aber ich kenne den Profifußball“, betont Rose am Ende seiner Zwischenbilanz zum Saisonstart. „Es gibt alle drei Tage ein Spiel, und dann redet man möglicherweise wieder über ganz andere Dinge.“
Erst einmal kann er durchatmen.
Schon als Kind wollte ich Sportreporter werden. Aus den Stadien dieser Welt zu berichten, ist ein Traumberuf. Und manchmal auch ein echt harter Job. Seit 2007 arbeite ich bei den Ruhr Nachrichten, seit 2012 berichte ich vor allem über den BVB. Studiert habe ich Sportwissenschaft. Mein größter sportlicher Erfolg: Ironman. Meine größte Schwäche: Chips.
