
© imago / Moritz Müller
Mit diesem Defensivverhalten geraten die BVB-Saisonziele in Gefahr
Meinung
Dem BVB kann ein gelungener Saisonstart attestiert werden - jedoch bleibt das Defensivverhalten eine große Baustelle. Wird die Zahl der Gegentore nicht zügig reduziert, geraten die Saisonziele in Gefahr.
Nicht jeder Dreier zaubert dem siegreichen Trainer automatisch ein Lächeln ins Gesicht, das war bei Marco Rose nach dem wilden 4:3 seiner Borussia in Leverkusen auch nicht anders. Daher gab es nach dem Spiel Lob für den Kraftakt und die Mentalität, mit der Borussia Dortmund drei Mal einen Rückstand egalisierte. Aber auch Kritik und klare Worte über die erneut unübersehbaren Defensivschwächen. „Die Gegentore“, sagte Rose bei Sky gar, „machen mich richtig sauer.“ „Über ein paar Dinge“ werde daher auf jeden Fall noch zu reden sein.
An Roses 45. Geburtstag ersparte seine Mannschaft ihm nicht die Erkenntnis, dass auch in dieser Saison die Gegner zu oft sehr aussichtsreich vor dem Dortmunder Tor auftauchen dürfen. Gar nicht mal so viele Chancen erspielte sich Bayer. Die, die die Werkself hatte, waren allerdings von zu großer Qualität. Ehe Gregor Kobel im Tor seinen ersten Ball halten konnte, hatte er schon drei aus dem Netz fischen müssen.
Nur zwei Mannschaften haben mehr Gegentore kassiert als der BVB
Kobel konnte einem leidtun, Rose an der Seitenlinie litt bei den Gegentoren Höllenqualen. Klar ist aus den vergangenen Jahren: Vor allem die Qualität der Verteidigungsarbeit wird darüber richten, wie weit oben Borussia Dortmund in der Tabelle angreifen kann. Die Anzahl der Gegentore zu reduzieren, das stand sehr weit oben auf Roses Agenda. Nach nur vier Spielen aber hat der BVB schon neun Tore gefangen, schlechter sind in dieser Kategorie nur die Hertha (10) und Aufsteiger Fürth (11). Kein Prophet muss sein, wer voraussagt, dass selbst die Qualifikation für die Champions League in Gefahr geraten wird, wenn es nicht gelingt, diese Quote deutlich zu senken. Denn nicht immer wird es ein Erling Haaland rausreißen.
In der Entstehung der Treffer waren einzelne Fehler schwerlich auszumachen. Rose sprach zu Recht von einem „Puzzle vieler Dinge“. Neben unnötigen Ballverlusten und mangelhaftem Zweikampfverhalten fiel vor allem das unzureichende Rückzugsverhalten nach Ballverlusten ins Gewicht. Und es gelang der Borussia vor allem nicht, in den Zwischenräumen Präsenz zu zeigen. Die Lücke zwischen Abwehrkette und defensivem Mittelfeld war oftmals viel zu groß, Axel Witsel als Sechser oftmals allein auf weiter Flur.
BVB-Debütant Marin Pongracic erhält ein Sonderlob von Marco Rose
Dass sich das Abstimmungsverhalten zwischen Neuzugang Marin Pongracic und Manuel Akanji verbessern muss, war klar nach nur einer gemeinsamen Einheit. Debütant Pongracic war insgesamt ein Lichtblick und bis auf die Szene, die zum 0:1 führte, sehr klar und aufmerksam in seinen Aktionen. Er bekam zu Recht ein Sonderlob des Trainers.
Vor dem Start der Champions League am Mittwoch wartet weiter viel Arbeit auf Rose. Etliche Spieler sind noch auf dem Weg zu ihrem notwendigen Fitness-Level, Rose benötigt bei ihnen den perfekten Mix aus Belastung und Verletzungsprävention. Das gemeinsame Verteidigen benötigt intensive Trainingseinheiten, genau die werden aber in den kommenden Wochen eher seltener als zahlreicher.
Für den BVB geht es nun Schlag auf Schlag weiter
Von daher können der neue Trainer und sein Arbeitgeber mit der Zwischenbilanz bis hierhin zufrieden sein - auch angesichts der in den vergangenen Wochen eher noch zunehmenden Widrigkeiten. Rose freute sich daher auf das gemeinsame Essen mit Lebensgefährtin und Tochter, ab Montag gilt das Augenmerk Besiktas Istanbul. Einfacher wird es am Bosporus sicher nicht.
Dirk Krampe, Jahrgang 1965, war als Außenverteidiger ähnlich schnell wie Achraf Hakimi. Leider kamen seine Flanken nicht annähernd so präzise. Heute nicht mehr persönlich am Ball, dafür viel mit dem Crossbike unterwegs. Schreibt seit 1991 für Lensing Media, seit 2008 über Borussia Dortmund.
