Es fiel dem BVB am späten Samstagabend schwer, von der 0:1-Niederlage bei Aufsteiger RB Leipzig etwas Positives nach Dortmund mitzunehmen. Dabei hatte es einen Spieler gegeben, der mit seiner Leistung aufhorchen lassen konnte: der zuletzt über die Maßen kritisierte Mario Götze, der seinen ganz persönlichen "Aufschwung Ost" erlebte.
Man hätte am Samstag doch ganz gerne Mäuschen gespielt zuhause bei Jens Lehmann. Da das jedoch nur schwer möglich ist, und er selbst auch keine Auskunft gab, bleibt die Frage wohl auf ewig ungeklärt, ob und wenn ja, wie er das Spiel von Mario Götze bei Leipzig verfolgt hat. Der frühere BVB-Keeper hatte unter der Woche ja eine recht öffentlichkeitswirksame Debatte ausgelöst, weil er in seiner Rolle als TV-Experte Götze nach dem Länderspiel in Norwegen heftigst - und noch dazu reichlich überzogen - kritisiert hatte.
Von der Kritik angespornt?
Mit voller Kraft hatte der BVB daraufhin seine Verteidigungslinie aufgebaut: Klubboss Hans-Joachim Watzke, Sportdirektor Michael Zorc, am Ende der Woche auch Trainer Thomas Tuchel - die Verantwortlichen von Borussia Dortmund stellten sich Schulter an Schulter vor ihren Schützling, dessen Start in Dortmund eher unglücklich ausgefallen war.
Eine kleinere Blessur hatte einen Einsatz zum Bundesliga-Auftakt gegen Mainz verhindert, zuvor fehlte er aufgrund seines EM-bedingten Trainingsrückstands bereits im Supercup gegen die Bayern und im DFB-Pokalspiel in Trier. Am Samstag in Leipzig dann konnte ihn Tuchel endlich von der Leine lassen. Und fast wirkte es, als fühlte sich der 24-Jährige von dem Hollywood-reifen Schauspiel der vergangenen Tage angespornt.
Aktivster Borusse
In einem Spiel, in dem dem nur wenig gelingen wollte, war Götze der mit Abstand aktivste Borusse. Kaum ein Angriff in der ersten Hälfte, der nicht über ihn lief. Vor allem dann, wenn er das Spiel schnell machte und nur kurz mit einer schnellen Körpertäuschung oder einer minimalen Berührung eingriff, zeigten sich seine großen, zuletzt leider viel zu häufig verborgen gebliebenen Stärken.
„Er hat in der ersten Hälfte ein sehr gutes Spiel gemacht“, lobte ihn sein Trainer nach der 0:1-Niederlage, die Götze aufgrund seiner Auswechsung in der turbulenten Schlussphase nur noch von der Bank aus erlebte. Sein Teamkollege Sebastian Rode sagte anerkennend: „Auch wenn es auch für ihn ein schweres Spiel war, hat er seine Klasse aufblitzen lassen.“
Schritt in die Normalität
Götze selbst war dagegen mit seinem ersten Auftritt für den BVB seit 1229 Tagen weit weniger zufrieden, zumindest in seiner öffentlichen Analyse. „Es gibt heute nichts zu lachen“, bilanzierte er, „wir wollten drei Punkte holen. Das haben wir nicht geschafft. In der letzten Minute das Gegentor zu bekommen, ist bitter. Aber wir haben von acht Torschüssen nur einen aufs Tor gebracht. Das ist zu wenig.“
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BVB-Training in Brackel am 11. September
Bilder des BVB-Trainings in Brackel am 11. September.
So kritisch Götze in seiner Analyse war, so wichtig dürfte die Partie für ihn gewesen sein. Der Rummel um seine Person hatte zuletzt fast schon groteske Züge angenommen. Jedes Detail wurde analysiert, jeder Schritt in Frage gestellt. In Anbetracht dessen waren die 71 Minuten in Leipzig ein Schritt hin zur Normalität, nach der Götze sich nach drei unbefriedigenden Jahren beim FC Bayern wohl mehr sehnt als er es öffentlich zugeben würde.