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Ex-BVB-Spieler

Marc Bartra im Interview: Die Realität in Dortmund hat alles übertroffen

Marc Bartra geht in seine zweite Saison bei Betis Sevilla. Wir haben mit dem Ex-BVB-Spieler über seine Zeit in Dortmund, den Wechsel in die Heimat und Spiele vorm Fernseher gesprochen.

von Thimo Mallon, Javier Oliva

Dortmund

, 06.07.2019 / Lesedauer: 7 min

Wir erreichen Marc Bartra (28) per Telefon, „in der Nähe von Barcelona“, wie er sagt. Im Hause Bartra steht eine Hochzeit an, Bruder Eric tritt vor den Traualtar. Dennoch hat Marc Bartra jede Menge Zeit mitgebracht. Es freut ihn, dass sich die Menschen aus Dortmund immer noch für ihn interessieren. Ein Gespräch über seine Zeit in Dortmund, den Unterschied zwischen der Bundesliga und La Liga sowie seine Nachfolger beim BVB.

Herr Bartra, die Deutschen machen gerne Urlaub in Spanien. Sie leben und arbeiten dort. Können Sie trotzdem in der Sommerpause in der Heimat abschalten?

Hallo! Ja, mir geht es ganz gut. Ich habe die letzten Wochen wirklich zum Erholen genutzt. Denn die Saison wird wieder sehr, sehr lang. Das Schöne hier ist, egal ob in Barcelona oder Sevilla: Das Wetter ist immer gut. Es ist warm, aber nicht zu warm. Gemütlich, würde ich sagen.

Das klingt so, als würden Sie die Trainingseinheiten im manchmal durchaus windigen Dortmund-Brackel nicht vermissen…

(lacht) Das Wetter ist natürlich anders. Es ist ein Unterschied, ob man bei gutem oder schlechtem Wetter trainiert. Aber eigentlich ist mir das gar nicht so wichtig. Mir geht es vor allem darum, sich in einer Mannschaft wertgeschätzt zu fühlen. Und da kann ich gegen Dortmund natürlich nichts sagen. Ich hatte lange Zeit ein sehr gutes Gefühl, ich habe mich sehr wichtig gefühlt im Team. Zuletzt hatte ich dieses Gefühl dann aber nicht mehr. Das war bei Betis anders, da wurde ich von Anfang an wieder als sehr wichtig wahrgenommen.

Nach dem Trainerwechsel von Peter Bosz zu Peter Stöger hatte Bartra seinen Stammplatz beim BVB verloren. © Inderlied/Kirchner

Sie sind mittlerweile genauso lange bei Betis, wie Sie beim BVB waren. Wie geht es Ihnen denn in Sevilla?

Bisher habe ich mich hier sehr, sehr wohlgefühlt. Alle Mitspieler haben mir von Anfang an das Gefühl gegeben, angekommen zu sein. Ich fühle mich sehr gut in der Mannschaft. Und ich spüre die Liebe der Fans – das freut mich sehr.

Zur PersonMarc Bartra

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Marc Bartra spielte eineinhalb Jahre - von Juli 2016 bis Ende Januar 2018 - beim BVB. Dabei kam er in 51 Pflichtspielen (5 Tore) zum Einsatz und feierte den Gewinn des DFB-Pokals in der Spielzeit 2016/2017. Seine Zeit beim BVB wird überschattet vom Bombenanschlag auf den BVB-Mannschaftsbus am 11. April 2017, bei dem Bartra schwer verletzt wurde.

Mit Betis haben Sie in der Liga Platz zehn belegt und die Europa League um nur drei Punkte verpasst. Sind Sie noch immer enttäuscht?

Ehrlich gesagt, bin ich noch immer ein bisschen traurig, ja. Unsere Saison war wirklich gut, wir haben stark angefangen, waren zwischenzeitlich sogar Fünfter. Auch in der Europa League sind wir als Gruppenerster weitergekommen und haben unter anderem den AC Mailand hinter uns gelassen. Aber dann sind wir gegen Stade Rennes ausgeschieden und haben auch das Halbfinale im Copa del Rey gegen Valencia verloren. Dann war die Dynamik in der Mannschaft plötzlich nicht mehr so gut und dann ging es abwärts. Das war wirklich enttäuschend.

Dabei hatte der Ballbesitzfußball, den Trainer Quique Setién spielen ließ, die spanische Presse zu Beginn der Spielzeit noch so beeindruckt. Warum lief es am Ende nicht mehr?

Das stimmt. Wir hatten das Gefühl, dass die Philosophie von unserem Trainer in Spanien und in Europa sehr gut angekommen ist. Aber unsere Gegner haben sich im Laufe der Zeit immer besser auf unser System eingestellt und wir hatten keine Überraschungsmomente mehr. Dazu noch das Pokal-Aus und das Aus in der Europa League – da ging die Leistungskurve einfach nach unten.

Marc Bartra bei seinem ersten Auftritt als Gegner des FC Barcelona im Nou Camp am 11. November. © imago

In der kommenden Saison haben Sie mit Rubi einen neuen Trainer. Mit welchen Erwartungen gehen Sie in die Saison?

Bisher hatte ich nur wenig Kontakt zu ihm. Wir waren alle im Urlaub und haben ein wenig abgeschaltet vom Fußball. Aber ich glaube, dass er uns den richtigen Weg zeigen kann. Was ich von ihm gehört habe, ist, dass er aus jedem Spieler das Beste herausholen kann und das dann zum Vorteil des Teams nutzen will. Ich bin überzeugt davon, dass er ein sehr guter Trainer für Betis ist.

Sie sind in Barcelonas Jugendakademie „La Masia“ groß geworden, haben dort alle Juniorenmannschaften durchlaufen. Wie fühlt es sich für Sie an, wenn Sie jetzt gegen Barcelona spielen? Mit Betis haben Sie am zwölften Spieltag der abgelaufenen Saison sogar mit 4:3 im Nou Camp gewonnen …

Es ist immer eine sehr, sehr schöne Erfahrung gegen Barcelona zu spielen. Gleichzeitig fühlt es sich wirklich merkwürdig an, denn ich habe mein ganzes Leben dort verbracht. Das angesprochene Spiel im November war mein erstes Spiel gegen Barca – dabei hatte ich schon ein komisches Gefühl. Aber ich bin sehr froh, dass wir gewonnen haben.

Zuhause haben Sie dann gegen Barcelona mit 1:4 verloren, Lionel Messi hat dabei drei Tore gemacht. Da haben Sie zum ersten Mal richtig spüren müssen, was es heißt, gegen Messi zu spielen, oder?

(lacht) Was soll ich über Messi sagen, was noch nicht gesagt worden ist? Er spielt immer gut. Egal ob Liga, Copa del Rey, Champions League. Er verwöhnt die Fans in jedem Spiel mit außergewöhnlichen Momenten. Und auch gegen uns hat er in dem Spiel ein Tor für die Geschichtsbücher gemacht.

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Würden sich Spiele gegen Borussia Dortmund ähnlich komisch für Sie anfühlen?

Gegen Borussia zu spielen, wäre etwas ganz Tolles. Ich habe mich sehr wohlgefühlt in Dortmund. Ich habe wirkliche Freunde dort. Zu einigen Spielern aus der damaligen Mannschaft habe ich immer noch Kontakt. Zum Beispiel zu Mario Götze, Pierre-Emerick Aubameyang und Gonzalo Castro. Ich glaube, Spiele gegen den BVB würden sich so ähnlich anfühlen wie Spiele gegen Barca, ja.

Was ist denn so besonders an Borussia Dortmund?

Als ich Barcelona 2016 verlassen habe, habe ich mich natürlich nach mehreren Klubs umgeschaut. Ich wollte in einer starken Liga spielen und in einem Verein mit einem emotionalen Umfeld. Und die Fans von Borussia Dortmund haben einen guten Ruf. Bevor ich zum BVB kam, habe ich die Bundesliga und den Verein natürlich genau verfolgt und das hat mich sehr überzeugt. Aber als ich nach Dortmund gekommen bin, war es ganz anders. Die Realität hat noch einmal alle Vorstellungen übertroffen.

Ein emotionaler Moment: Im März 2018 wurde Marc Bartra vor dem Spiel des BVB fefeb RB Salzburg offiziell vor der Südtribüne verabschiedet. © imago

Sie kennen jetzt beide Ligen – die spanische und die Bundesliga. Worin liegt der Unterschied?

Beide Ligen sind sehr gut. Die spanische Liga hat natürlich mehr Stars wie Messi oder früher Ronaldo. Aber die Bundesliga ist meiner Meinung nach auch sehr stark. Die Spieler geben von der ersten bis zur letzten Minute alles. Es ist sehr intensiv, da muss man sehr fit sein. Die Bundesliga ist wirklich sehr physisch. Die spanische Liga ist vielleicht etwas strategischer und taktischer geprägt. Aber ich habe es in beiden Ligen genossen zu spielen. Ich habe in beiden Ligen etwas gelernt und mich dadurch weiterentwickelt.

In Spanien wird die Liga von Barca, Real und Atletico beherrscht. In Deutschland will der BVB den FC Bayern von der Spitze drängen. Was halten Sie vom Niveau der Bundesliga?

In der Bundesliga haben alle Mannschaften ein ähnliches Niveau. Bayern hat in den vergangenen Jahren natürlich immer besser gespielt als die anderen Klubs und die Liga dominiert. Aber gerade zum Saisonende hin wachsen sogar die Abstiegskandidaten über sich hinaus. Dann wird es auch für den Tabellenführer schwierig.

In der abgelaufenen Bundesligasaison hatte der BVB lange Zeit beste Aussichten auf die Meisterschaft, am Ende aber hat wieder der FC Bayern den Titel geholt. Wie sehr haben Sie mitgefiebert?

Ich habe in dieser Saison alle Spiele des BVB verfolgt, manchmal auch live vor dem Fernseher. Schließlich habe ich ja auch noch Kontakt mit einigen Jungs dort. Am Anfang lief es perfekt für den BVB, alles sah so einfach aus. Aber am Ende war es dann einfach unglücklich, dass es doch nicht gereicht hat. Aber was der neue Trainer aus der Mannschaft gemacht hat, das ist wirklich beeindruckend. Es hat mir gut gefallen, wie die Borussia gespielt hat. Besonders die Aggressivität im Spiel nach vorne war gut anzusehen.

Der BVB hat noch einmal nachgelegt und einige neue Spieler verpflichtet. Einer von ihnen ist Mateu Morey (19). Er kommt wie Sie aus der Jugend des FC Barcelona. Hat er sich bei Ihnen über den BVB informiert?

Nein, ich habe mit ihm keinen Kontakt gehabt bisher. Aber ich habe bislang nur Gutes über ihn gehört. Er scheint ein sehr guter Spieler mit viel Potenzial zu sein. Da hat Dortmund wieder einmal gezeigt, dass sie ein Händchen für solche Spieler haben. Ich glaube, dass er gut zum BVB passt.

Lassen Sie uns einmal über „La Masia“ sprechen. Der FC Barcelona betreibt die Akadmie schon eine lange Zeit. Aber auch andere Vereine bauen mittlerweile ihre Nachwuchsleistungszentren aus. Was macht „La Masia“ dennoch besonders?

Der wichtigste Baustein von „La Masia“ ist das nachhaltige Konzept. Man spielt in den Jugendmannschaften mit der gleichen Spielidee und Taktik wie in der ersten Mannschaft. Bei mir war es so, dass ich immer nach dem gleichen Prinzip gespielt habe – ob als kleiner Junge mit 10 Jahren oder später bei den Profis. Das ist für mich das Geheimnis von „La Masia“. Dass das Konzept in allen Mannschaften durchgezogen wird. Dazu kommt natürlich auch, dass jede Mannschaft einen Trainer hat, der an die Idee glaubt.

Mehr als sechs Minuten Bundesliga und eine Minute Champions League waren noch nicht drin für Sergio Gomez beim BVB. Marc Bartra glaubt, dass sich das bald ändern könnte. © imago

In Sergio Gomez (18) spielt ein weiterer Spieler aus der Akademie des FC Barcelona beim BVB. Die Fans haben von ihm aber noch nicht viel zu sehen bekommen. Warum ist das so?

Er ist noch ein sehr junger Spieler und auf seiner Position in der Offensive ist es sehr schwierig, eine bedeutende Rolle zu spielen. Der BVB hat auf seiner Position wirklich gute Spieler wie Marco Reus oder Mario Götze, da hat er es natürlich schwer. Aber er hat sehr viel Potenzial. Sobald er die Chance bekommt, wird er sie nutzen. Davon bin ich überzeugt. Außerdem ist es im ersten Jahr immer schwierig.

Aber bei Ihnen war das anders …

Ich hatte das Glück, dass ich sehr viel Vertrauen von Trainer Thomas Tuchel und den Spielern entgegengebracht bekommen habe. Ich war sehr willkommen in der Mannschaft und da habe ich meine Einsätze direkt bekommen. Dafür bin ich immer noch sehr dankbar. Aber im ersten Jahr im neuen Verein muss man sich als Spieler erst einmal anpassen – an neue Mitspieler, eine neue Liga, aber auch an ein ganz neues Land.

Der BVB hat für die kommende Saison auch etliche Spieler aus der Bundesliga verpflichtet. Könnte das also ein Vorteil sein? Was glauben Sie, kann die Mannschaft erreichen?

Heutzutage ist es schwierig, eine Prognose zu geben. Schauen wir zum Beispiel mal auf Ajax: Sie haben 2017/2018 noch Europa League gespielt und waren in der vergangenen Saison das Überraschungsteam in der Champions League. Wichtig ist, dass der BVB an sich glaubt. Sie haben eine Menge Potenzial und gehören in der Bundesliga zu den Mitfavoriten. Aber auch in Europa können sie wieder eine bedeutende Rolle spielen.

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