
© imago images / Moritz Müller
Kein Bier und keine Gästefans? Fragen und Antworten zur Fan-Rückkehr
Borussia Dortmund
Damit wieder Zuschauer in den Signal Iduna Park dürfen, ist Borussia Dortmund jetzt extrem gefordert. Der BVB muss etliche komplexe Auflagen erfüllen und Lösungen erarbeiten.
Nach entspannter Sommerpause klingt das nicht, was der neue Leitfaden der Deutschen Fußball Liga (DFL) den Bundesligaklubs abfordert. Eher nach Herkulesaufgabe. Damit wieder teilweise Zuschauer zu Bundesligaspielen in der neuen Saison in die Stadien dürfen, müssen die Vereine vorab ihre Hausaufgaben erledigen. Auch auf Borussia Dortmunds Verantwortliche wartet eine stramme Agenda. Wir beantworten die wichtigsten Fragen.
Fans im Stadion: Was verlangt der Leitfaden der DFL vom BVB?
Die Borussia muss den allgemeinen Leitfaden auf die lokalen Gegebenheiten in Dortmund übertragen: Wie viele Zuschauer lässt das Stadion unter Corona-Einschränkungen überhaupt zu? Diese zentrale Frage müssen die BVB-Bosse vorrangig klären. „Ich gehe nach jetzigem Stand davon aus, dass wir unter Einhaltung der Hygienemaßnahmen zu unseren Heimspielen 12.000 bis 15.000 Zuschauer ins Stadion lassen könnten“, sagt Borussia Dortmunds Geschäftsführer Carsten Cramer.
Abstandsregeln im Stadion müssen bei der Berechnung der maximalen Kapazität ebenso einfließen wie die Zahl der Parkplätze und die Zeit, die an Eingängen oder am Kiosk für jeden Stadionbesucher einzuplanen ist. Steht die Besucherzahl fest, kann der BVB die übrigen Punkte des 41 Seiten starken Leitfadens angehen. Dazu zählen Einbahnstraßensysteme in Sanitärbereichen, Schulung von Ordnungspersonal und ein an die Bedingungen angepasstes Catering für Fans. „Für uns ist die Umsetzung des Leitfadens eine Herausforderung, aber wir sehen sie als Chance, um ein Stück weit zur Normalität zurückzukehren. Einige Tausend Fans im Stadion sind besser als Geisterspiele ohne Fans“, betont Carsten Cramer.
Wer kontrolliert im Stadion des BVB die Einhaltung der Regeln?
Zunächst einmal muss der BVB sein Stadionkonzept mit den lokalen Gesundheitsbehörden durchsprechen. Erst, wenn es die amtliche Freigabe gibt, kann sich der Klub an die konkrete Umsetzung machen. Für die aufwendige Reinigung im Stadion muss der BVB Verantwortliche benennen. Zudem müssen die Ordnungskräfte geschult werden. Denn auf sie kommt eine zusätzliche Aufgabe zu: Die Fans dürfen sich nicht mehr außerhalb der ihnen zugeteilten Zonen aufhalten – und Zuschaueransammlungen auf einem Fleck oder Staus auf Wegen oder Treppen sind zu verhindern. Zudem müssen alle Fans einen Mund- und Nasenschutz tragen. Ob die Ordner in Schutzkleidung am Einlass eine Körperkontrolle im klassischen Sinn durchführen können, muss noch geklärt werden.
BVB-Fans zurück ins Stadion: Wie läuft das Verteilen der Tickets ab?
Der BVB steckt seit einigen Wochen bereits im Austausch mit Fanvertretern, um eine möglichst faire Lösung fürs Ticketing hinzubekommen. Laut DFL-Leitfaden muss es „diskriminierungsfreie, sachliche und objektiv nachvollziehbare Standards“ geben. Die Dortmunder profitieren hier von ihrer Erfahrung: Schon bei Bundesligaspielen unter normalen Umständen überstieg beim BVB oftmals die Nachfrage nach Tickets das Kontingent.
Noch kann der Verein nicht sagen, wann er seinen Ticket-Plan der Öffentlichkeit präsentiert. „Für uns geht es darum, dass alles sattelfest und durchdacht ist. Schnelligkeit hat hier keine Priorität“, sagt Carsten Cramer.
Klar ist schon jetzt: Es wird lediglich personalisierte Online-Tickets geben. Käufer werden ihre persönlichen Daten dem BVB preisgeben müssen. Noch offen ist auch, ob überhaupt Fans der Gästemannschaft ins Stadion gelassen werden. Auch BVB-Fans könnten also bei Auswärtsspielen ausgesperrt werden.
Borussia Dortmunds Gelbe Wand: Bleibt die Südtribüne eine Stehtribüne?
Auf die Schubkraft, die die Gelbe Wand den Profis mitunter verleiht, wird der BVB in der Corona-Zeit erst einmal verzichten müssen. Zum einen werden nicht wie sonst rund 25.000 Fans auf die Südtribüne dürfen, sondern weniger als 5000. Zum anderen ist es nicht ausgeschlossen, dass die Dortmunder Gesundheitsbehörden auf eine Bestuhlung der „Süd“ bestehen werden. Denn so lassen sich Infektionsketten durch eine personalisierte Sitzverteilung leichter nachvollziehen und Abstandsregeln besser einhalten.
Muss der BVB bauliche Veränderungen im Stadion vornehmen?
Der DFL-Leitfaden bildet nahezu jedes Detail ab. Dazu zählt auch, dass es an Kiosken und vor Sanitäranlagen zu keinen Warteschlangen kommen darf. Hier muss die Borussia ein schlüssiges Konzept vorlegen, womöglich sogar zusätzliche mobile WC-Anlagen aufstellen. Darüber hinaus müssen die einzelnen Zonen im Stadion voneinander getrennt werden. Auch Einlass-Spuren vor den Eingängen und Desinfektionspunkte an etlichen Stellen im Signal Iduna Park wird die Borussia installieren müssen.
Herkulesaufgabe für den BVB: Wo könnte es Knackpunkte geben?
Der DFL-Leitfaden empfiehlt einen nach Zonen gestaffelten Ein- und Auslass. Das könnte aus logistischer Sicht ein Wackelkandidat sein. Denn was passiert mit einem Fan, der erst kurz nach seinem Zeitfenster am Stadioneingang eintrifft? Muss dieser abgewiesen werden? Und darf ein Fan seinen Sitzplatz im Notfall eher verlassen als auf seiner Karte angegeben? „Es gibt noch sehr viele Details zu klären, und wir müssen uns genau solche Fragen auch beantworten“, erklärt Carsten Cramer.
Auch die An- und Abreise der Fans wird womöglich ein heikler Punkt in der Umsetzung. Die DFL-Empfehlung setzt auf möglichst viele Zuschauer, die zu Fuß oder per Pkw anreisen. Nur: Wie lässt sich verhindern, dass die Stadtbahnen zum Stadion und zurück sowie die Bahnhöfe in Dortmund voller sind als derzeit erlaubt? Ein hinter den Kulissen heiß diskutierter Punkt, um mehr Fans zur Pkw-Anreise zum Spiel zu bewegen, ist daher ein generelles Alkoholverbot in den Bundesliga-Stadien. Für den BVB wäre auch das kein Neuland: Bei Europapokalspielen war der Ausschank alkoholischer Getränke jahrelang verboten und ist erst per Uefa-Beschluss seit der Saison 2019/20 wieder erlaubt.
Sascha Klaverkamp, Jahrgang 1975, lebt im und liebt das Münsterland. Der Familienvater beschäftigt sich seit mehr als 20 Jahren mit der Sportberichterstattung. Einer seiner journalistischen Schwerpunkte ist Borussia Dortmund.
