Beim offiziellen Einkleidungstermin des neuen BVB-Ausstatters „Søren Fashion“ für die Reisen in der Champions League nahm auch Edin Terzic Maß. Der willkommenen Abwechslung vom Trainingsalltag am Tag nach dem 7:0 im ersten Testspiel folgte in der Geschäftsstelle Sport für den Dortmunder Trainer dann ein Termin, bei dem es weitaus ernster zuging. Meeting mit Sportdirektor Sebastian Kehl. Thema: Stand der Transferaktivitäten von Borussia Dortmund.
Die neueste Personal-Entwicklung hatte sich schon abgezeichnet, als Terzic am Donnerstag um 13.48 Uhr nach der Vormittagseinheit die BVB-Zentrale betrat. Das geplante Leihgeschäft mit dem FC Burnley für Innenverteidiger Soumaila Coulibaly platzte auf den letzten Metern, der 19-jährige Franzose kehrte sofort nach Deutschland zurück und stand am Freitag schon wieder mit seiner aktuellen Mannschaft auf dem Rasen.
Medizincheck schon bestanden
Wie der Transfer scheiterte, das kam überraschend. Coulibaly hatte bereits zu Wochenbeginn den Medizincheck absolviert und nach Informationen der Ruhr Nachrichten auch bestanden – eigentlich die letzte Hürde vor der Vertragsunterschrift. Doch die beiden Klubs, so sickerte aus England durch, hätten sich anschließend nicht über die Modalitäten der sich an die Leihe anschließenden Kaufpflicht einigen können.
Dass ein Transfergeschäft auf den letzten Metern platzt, kommt gelegentlich vor. Die Entwicklung bei Coulibaly reiht sich in diesen Sommer aber passend ein in den schwierigen Prozess der Kader-Optimierung beim BVB. Ausgemachte Transferziele wie Ivan Fresneda (18, Real Valladolid) oder Edson Alvarez (26, Ajax Amsterdam) sind vom Tisch. Ersatz ist bislang nicht in Sicht. Auch die weitere Kaderverschlankung durch die Abgabe von Spielern, mit denen der Verein nicht mehr plant (Meunier, Hazard, Schulz) stockt.
BVB: Erst zwei Neuzugänge
Die bisherige Bilanz ist ernüchternd. Zwei externe Verpflichtungen hat Borussia Dortmund bislang erst getätigt. Das ist überschaubar auch im Vergleich zu den Aktivitäten der direkten Konkurrenten – und zweifellos auch noch nicht ausreichend, um den Verlust der Stammspieler Jude Bellingham und Raphael Guerreiro aufzufangen. Die Bayern hingegen starten just ihre erwartete Transferoffensive, RB Leipzig reagiert konsequent auf den Verlust von vier Stammspielern. Und Bayer Leverkusen hat mit den Zugängen Jonas Hofmann und Granit Xhaka aufhorchen lassen. Verfolgt man die einschlägigen Fan-Foren, wächst unter den BVB-Anhängern spürbar die Unruhe.
Dem setzt der BVB gelebte Gelassenheit entgegen. Sportdirektor Kehl hat auch am Rande des Testspiels beim Oberligisten Westfalia Rhynern versucht, die Sachlage nüchtern einzuordnen. „Grundsätzlich sind wir in der Breite, und was die Anzahl der Spieler angeht, gut aufgestellt“, meinte er am Sky-Mikrofon. „Wir beobachten aber natürlich den Markt und machen uns Gedanken, wo wir den Kader noch ergänzen können.“ Auch Edin Terzic gab sich nach dem Spiel angesichts des zunehmenden Zeitdrucks gelassen: „Wichtig ist, dass wir gute Transfers machen, nicht schnelle.“
Nmecha: Teurer als erhofft
Am Beispiel Felix Nmecha hat sich gezeigt, wie volatil der Markt aktuell ist. 30 Millionen Euro hat der nominelle Bellingham-Ersatz gekostet. Um den absoluten Wunschspieler von Edin Terzic zu bekommen, musste Dortmund deutlich tiefer in die Tasche greifen als geplant. Bei den weiteren Transfers setzt Kehl nun offenkundig auf den Faktor Zeit. Man verfolge einen klaren Plan, erklärte der neue starke Mann vor einer Woche beim Trainingsstart. „Wir wissen, was wir wollen und lassen uns nicht treiben.“ Bei aufgerufenen Mondpreisen wie zum Beispiel den geforderten 20 Millionen Euro für Rechtsverteidiger Fresneda hat die Borussia daher abgewunken.
Ob der Faktor Zeit die Preise sinken lässt, steht auf einem anderen Blatt. Als Preisverderber und -treiber sind die Klubs aus der Premier League ausgemacht, die mit ihrer gewaltigen Finanzkraft selbst europäischen Top-Klubs wie dem BVB das Agieren am Transfermarkt erschweren. Ein Spieler wie Khepren Thuram (22), zentraler Mittelfeldspieler bei OGC Nizza, soll nur für 50 Millionen Euro wechseln dürfen, Paris St. Germain soll für den erst 17-jährigen Warren Zaire-Emery 20 Millionen Euro Ablöse aufrufen.
Transfers: Preise galoppieren
Nur zwei Beispiele für die galoppierenden Preise. Kehls Meeting mit Terzic, an dem auch Co-Trainer Armin Reutershahn teilnahm, war Teil des regelmäßigen Austauschs zwischen Sportlicher Leitung und Trainer. Dass Terzic erst nach über drei Stunden kurz nach 17 Uhr die Geschäftsstelle verließ, deutet darauf hin, dass es viel zu besprechen gab.
„Kreativität und Geschick“, hat Sebastian Kehl erklärt, brauche es, um am überhitzten Markt die richtige Entscheidung zu treffen. Geduld kommt als Tugend noch hinzu. Doch die Zeit drängt. Schon in vier Wochen steigt das erste Pflichtspiel der neuen Saison.
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